Heinze ArchitekturAWARD 2021: Teilnehmer
Alnatura Arbeitswelt
64295 Darmstadt, Mahatma-Gandhi-Straße 7
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: haascookzemmrich Studio2050
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Mahatma-Gandhi-Straße 7, 64295 Darmstadt, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
01.2019
Nachhaltigkeit
DGNB - Platin
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Holz
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttogrundfläche
13.500 m²
Nutzfläche
10.000 m²
Verkehrsfläche
546 m²
Grundstücksgröße
65.000 m²
Kosten
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
24.300.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Das Gebäude auf dem Grundstück der ehemaligen Kelley-Barracks, bei dem kaum etwas an ein herkömmliches Bürohaus erinnert, bietet auf drei Etagen mit einer Fläche von ca. 10.000 Quadratmetern Platz für bis zu 500 Mitarbeiter. Architektonisch soll das Haus nicht beeindrucken, sondern einladen. Es ist offen für die Umgebung, für neue Einfälle, für Menschen. Eine Werkstatt für Ideen, die durch ihre Einfachheit besticht.
Offenheit als Maxime
Wer in das Atrium der neuen Alnatura Arbeitswelt tritt, fühlt sich beinahe wie unter freiem Himmel. Das lichtdurchflutete Holzdach und die transparenten Stirnfassaden lassen so viel Sonnenlicht hereinströmen, dass der gesamte Innenraum taghell erleuchtet wird. Ganz gleich, auf welcher Ebene man sich befindet, der Blick ist von allen Standpunkten spannend und abwechslungsreich. Treppen, Brücken und Stege schaffen Verbindungen und bereichern das räumliche Erleben. Die Dachschrägen umschließen das Atrium, ohne den Raum zu begrenzen.
Die Arbeitswelt verliert sich nicht in einzelnen Abteilungen, abgeschlossenen Räumen und unübersichtlichen Gängen: Es ist ein großer Raum, der sich vom Erdgeschoss bis unter das Dach, zwischen den Fassaden ohne störende Trennwände aufspannt, der den Mitarbeitern und dem Unternehmen eine unbegrenzte Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten bietet und mit dem Dogma starrer Bürostrukturen bricht. Es existiert eine Vielfalt an Räumen, die eine lebendige und flexible Arbeitsatmosphäre ermöglichen. Mit akustisch wirksamen Vorhängen können Besprechungsbereiche bei Bedarf abgetrennt werden. Zudem befinden sich auf allen Ebenen offene Teeküchen, die von den interfunktionalen Teams als Besprechungsorte genutzt werden können. Der Übergang zwischen öffentlichem und internem Bereich ist fließend. So funktioniert das Erdgeschoss als Treffpunkt, der die unkomplizierte Begegnung von Besuchern und Mitarbeitern ermöglicht.
Ganzheitlich nachhaltiger Anspruch
Die Alnatura Arbeitswelt folgt den Grundsätzen einer ganzheitlichen, nachhaltigen Architektur, was sich unter anderem in der DGNB Zertifizierung in Platin ausdrückt. Es ist ein hochleistungsfähiges Haus mit einem geringen Energieverbrauch und optimiertem Innenkomfort, das ressourcenschonend unter dem Einsatz natürlicher und wiederverwendeter Materialien entstanden ist. Der Einsatz ökologisch unbedenklicher Baustoffe führt zu einer Reduktion der mit dem Bau verbundenen Umwelteinwirkungen und verbessert wesentlich die Ökobilanz eines Gebäudes. Mit der Vermeidung von umweltschädlichen Anteilen in Baustoffen können auch hohe Kosten bei der Entsorgung präventiv vermieden werden. Ebenso kann mit dem Einsatz von emissionsarmen Baustoffen das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Nutzer verringert werden.
Innovative Stampflehmfassade
Zu den Besonderheiten des Gebäudes zählt eine Stampflehmwand, die in Zusammenarbeit mit Martin Rauch und Transsolar entstanden ist. Die einzelnen Stampflehmblöcke wurden an der Nord- und Südfassade zu 16 je 12 Meter hohen, selbsttragenden Wandscheiben geschichtet. Die Stampflehmfertigteile, die direkt neben der Baustelle vorgefertigt wurden, verfügen über eine 17 Zentimeter starke Kerndämmung aus recyceltem Schaumglasschotter. Zudem wurde in den Wänden Material aus dem Tunnelaushub des Bahnprojekts Stuttgart 21 wiederverwendet. Um der Oberflächenerosion von Stampflehm entgegenzuwirken, sind horizontale Erosionsbremsen aus Ton und Trasskalk in der Wand eingebracht.
Die graue Energie bei der Herstellung, Verarbeitung und einem möglichen Rückbau von Lehm ist praktisch null. Durch die Langlebigkeit des Materials, wie auch durch die hervorragende Luftfeuchteregulation und Wärmespeicherfähigkeit des Lehms, entsteht ein Bau von hoher Wertstabilität. Die Oberfläche bleibt frei von Algen- oder Moosbildung, der Reinigungs- oder Pflegeaufwand der Fassade entfällt.
Hoher Tageslichtanteil
Die Lage und die Ausrichtung des Gebäudes wurden behutsam nach mikroklimatischen Gesichtspunkten festgelegt. Um bestmögliche Tageslichtbedingungen im Inneren der Arbeitswelt zu bieten ist es mit seinen Längsseiten Nord/Süd orientiert. Damit wird sichergestellt, dass durch das Oberlichtband des Atriums reines Nordlicht ins Gebäude geleitet wird. Ungewollte solare Wärmegewinne werden so vermieden.
Auf der sonnenbeschienenen Südseite des Gebäudes befindet sich mit dem Teich ein natürlicher Klimapuffer, der das Mikroklima des Standorts im Sommer positiv beeinflusst. Die hohen Bestandskiefern auf der Südseite des Gebäudes liefern im Sommer die gewünschte Verschattung. Außerdem wird das Sonnenlicht über eine 480 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zur Energiegewinnung genutzt.
LowTech: Natürliche Belüftung und Kühlung
Das Gebäude wird ganzjährig natürlich belüftet und verzichtet vollständig auf ressourcenverbrauchende und wartungsintensive Klima- und Lüftungsgeräte. Hierfür nutzt die Arbeitswelt den westlich gelegenen Kiefernwald als Quelle für Frischluft, die über zwei Ansaugtürme am Waldrand in einen Erdkanal geleitet und von dort ins Gebäude geführt wird. Für den Antrieb des Luftstroms sorgt der Kamineffekt des Atriums, eine Thermik die sich unter dem Oberlichtband einstellt.
Da die Zuluft des Erdkanals auf natürliche Weise vorkonditioniert ist, ist der zusätzliche Heiz- und Kühlbedarf des Gebäudes sehr gering. Die Speichermasse der 69 cm dicken Lehmwände und der Betondecke sorgen für ein stabiles, ausgeglichenes Temperaturniveau. An heißen Sommertagen helfen die hohen Räume und die Verdunstungskühlung des Lehms, Wärmeinseln im Arbeitsbereich zu vermeiden.
Für die im Winter benötigte zusätzliche Wärme wurden in die Lehmwände des Gebäudes Heizschlangen eingestampft, die mit Warmwasser aus regenerativen Quellen wie den Geothermiesonden und aus der Abwärmerückgewinnung der Küchentechnik gespeist werden. Dieses Verfahren wurde bei der Alnatura Arbeitswelt weltweit zum ersten Mal bei einer Stampflehmwand angewandt.
Besondere Anforderungen an die Akustik
Für die besonderen akustischen Herausforderungen des offenen Gebäudes wurden unter anderem Absorberstreifen in die Betondecke einglegt. Die geschäumte Betonstruktur der in den Rohbau eingelegten Fertigteile sorgt für eine wirksame Brechung der Schallwellen und trägt wesentlich zur Bedämpfung der Arbeitswelt bei. Das Holzdach mit der schallwirksamen Holzlammellendecke ist ein weiterer wichtiger Baustein. Zusätzlich wirken die hölzerne Fensterrahmung und die Mikroperforierung der Kernwandverkleidung dämpfend auf den Raum. Auch die offenporige Struktur der Stampflehmwand trägt zu der guten Geräuschkulisse des Hauses bei.
„Die Alnatura Arbeitswelt gibt Antworten, wie man Gebäude heute planen und bauen kann: einfach und ressourcenneutral“, sagt Martin Haas, Gründer und Partner von haascookzemmrich STUDIO2050. „Es gibt den Werten und den offenen Strukturen des Unternehmens Alnatura eine architektonische Entsprechung, die Identität stiftet und Menschen verbindet.“
Beschreibung der Besonderheiten
Bei der Umgestaltung des ehemaligen Kasernenareals wurden versiegelte Flächen, wo immer möglich, rückgebaut und renaturiert. Die alten Fahrbahnplatten wurden vor Ort gebrochen und als Sitzstufen und Bachlaufkanten oder als Füllkies direkt wiederverwertet. Lediglich für die baurechtlich notwendigen Stellplätze blieben die alten Betonplatten wie vorgefunden liegen.
Der Alnatura Campus bietet nicht nur eine attraktive Arbeitsumgebung, sondern dient gleichzeitig als Lern- und Begegnungsort für die Menschen der Region. Eingebettet in die Dünenlandschaft, mit dem für die Region typischen Magerrasen, befinden sich ein Fahrradhaus aus Holz, ein KinderNaturGarten, eine Streuobstwiese, öffentliche Bio-Pachtgärten auf 5.000 Quadratmetern, ein Schulgarten der Montessori-Schule Darmstadt, Hochbeete, ein Naturteich, Kräutersinnesgärten sowie ein kleines Amphitheater aus Betonbruchstücken des ehemaligen Panzerübungsplatzes.
Geöffnet ist dieser Alnatura Erlebnisgarten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
Die Stampflehmfassade
In Zusammenarbeit mit Martin Rauch und Transsolar ist eine innovative Stampflehmwand entstanden. Die einzelnen Stampflehmblöcke (3,5m x 1,0m) wurden an der Nord- und Südfassade zu 16 je 12m hohen Wandscheiben geschichtet. Weltweit zum ersten Mal wurde die Stampflehmwand dabei mit einer geothermischen Wandheizung belegt.
Eine weitere Besonderheit ist die Kerndämmung der direkt neben der Baustelle vorgefertigten Stampflehm-Fertigteile: Die 17cm starke Dämmung besteht aus Schaumglasschotter, einem Recyclingmaterial. Die äußere Stampflehmschicht ist 38cm, die innere 14cm dick. Gesamthaft hat der Aufbau eine Dicke von 69cm und erreicht einen guten U-Wert von 0,35W/(m2·K). Die 12m hohen Stampflehmscheiben sind selbsttragend und lediglich mit Ankern an den Geschossdecken fixiert.
Die Wände enthalten nicht nur Lehm aus dem Westerwald und Lavaschotter aus der Eifel, sondern auch recyceltes Material aus dem Tunnelaushub von Stuttgart 21.
Die Herstellung von Stampflehm ist einfach, verlangt aber Gespür für das Material sowie Knowhow in der Schalungs- und Verdichtungstechnologie. Gestampfter Lehm ist sehr massiv, seine Dichte ist mit Beton vergleichbar. Stampflehm wirkt somit hervorragend als Speichermasse und reguliert auf natürliche Art und Weise die Raumluftfeuchte.
Um der Oberflächenerosion von Stampflehm entgegenzuwirken sind horizontale Erosionsbremsen aus Ton und Trasskalk in einem Abstand von 30 bis 60cm eingebracht. Wie eine Flussverbauung bremsen sie die Kraft des Wassers und minimieren so die Erosion.
Die graue Energie bei der Herstellung, Verarbeitung und einem möglichen Rückbau von Lehm ist praktisch null. Es zeigt sich, dass Lehm hier noch weit vor bekannten Naturprodukten wie Holz oder Tonziegeln liegt.
Durch die Langlebigkeit des Materials, wie auch durch die hervorragende Luftfeuchteregulation und Wärmespeicherfähigkeit des Lehms, entsteht ein Bau von hoher Wertstabilität. Die Oberfläche bleibt frei von Algen- oder Moosbildung, der Reinigungs- oder Pflegeaufwand der Fassade entfällt. Im Inneren verbessert die poröse Oberfläche neben dem Raumklima auch wesentlich die Akustik der angrenzenden Bürofläche.
Die Anmutung von Einfachheit und Ehrlichkeit bleibt jahrzehntelang erhalten.
Klimaneutrales Gebäude
Neben den genannten Maßnahmen, beispielweise der Verwendung nachwachsender und natürlicher Baustoffe wie Holz und Lehm sowie dem Einsatz wiederverwerteter und wiederverwendbarer Materialien, sind es auch die vielen kleinen, kaum sichtbaren Entscheidungen, die dazu beigetragen haben, aus der Alnatura Arbeitswelt ein klimaneutrales Gebäude zu machen.
(so wurde z.B. die Dämmung des Kellers aus recyceltem Schaumglas hergestellt)
Mit der Alnatura Arbeitswelt ist unter dem Einsatz natürlicher und ressourcenschonender Materialien ein hochleistungsfähiges Haus mit maximierter natürlicher Belüftung und Belichtung, einem geringen Energieverbrauch und optimiertem Innenkomfort entstanden.
Der Einsatz ökologisch unbedenklicher Baustoffe führt zu einer Reduktion der mit dem Bau verbundenen Umwelteinwirkungen und verbessert damit wesentlich die Ökobilanz eines Gebäudes. Mit der Vermeidung von umweltschädlichen Anteilen in Baustoffen können auch hohe Kosten bei der Entsorgung vermieden werden. Ebenso kann mit dem Einsatz von emissionsarmen Baustoffen das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Nutzer verringert werden.
Dieser in der Summe aller Maßnahmen einmalige Ansatz bei der Ausführung der Alnatura Arbeitswelt wird aller Voraussicht nach durch die DGNB mit einem Platinzertifikat gewürdigt.
Alnatura: Ein ressourcenneutraler Neubau als Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung im Bausektor den Schwerpunkt auf die Senkung des Energiebedarfs im Gebäudebetrieb gesetzt. Dadurch sind Gebäude entstanden, die zwar einen sehr geringen Energiebedarf im Betrieb haben (z.B. Passivhäuser), deren zur Errichtung notwendige energetische Aufwand allerdings nicht thematisiert und berechnet wurde.
Diese Herangehensweise hat zunehmend zu mehr Anlagentechnik und damit mehr Material
im Gebäude geführt.
Bei der Planung der Alnatura Arbeitswelt wurden neue Wege beschritten.
Hier wurde nicht nur der Energieverbrauch im Gebäudebetrieb planerisch bewertet, sondern alle Ressourcen, die für die Errichtung, den Unterhalt und den Rückbau notwendig sind, wurden in der Entwurfsplanung berücksichtigt.
Auszeichnungen
DGNB Platin
Best workspace of the year 2020
Deutscher Nachhaltigkeitspreis 2020
best architects 20
German Design Award Winner 2020
(zur Zeit laufend) Shortlist Beispielhaftes Bauen
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Geothermie
Sekundärenergie
Strom
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
94,00 kWh/(m²a)
Heizenergieverbrauchswert
49,00 kWh/(m²a)
Stromverbrauchswert
14,00 kWh/(m²a)
Energiebedarf (Prozentuale Verteilung)
Heizung
61 %
Warmwasser
9 %
Beleuchtung
16 %
Lüftung
13 %
Weitere Dokumente zum Objekt
Objektdetails
Gebäudespezifische Merkmale
Anzahl Arbeitsplätze
500
Das Objekt im Internet
Objekte in der Umgebung
Ähnliche Objekte