Architekturobjekte
Nominiert für die Shortlist der Jury 2015 - Nachwuchsarbeiten
Bad Marie Luise
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität der Künste Berlin, Architektur, Ruth Hörter
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität der Künste Berlin, Architektur, Ruth Hörter
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Sonstige
Anzahl der Vollgeschosse
1-geschossig
Beschreibung
Objektbeschreibung
Nach dem Besuch der Königin Luise um 1800 bekam der Gesundbrunnen einen neuen Namen: Luisenbad. Die Quelle des Luisenbades, sowie deren heilende Wirkung wurde ein Anzugspunkt für viele Berliner, die Badstraße wurde allein wegen dieser Quelle ausgebaut. Mit der Industrialisierung wurde die Quelle jedoch versiegt. Daraufhin entstand 1874 das von Oscholinski errichtete Marienbad, welches ein Spaßbad im hinteren Bereich des eigentlichen Grundstückes des Gesundbrunnens war und eine Mineralwasserfabrik beherbergte. Desweiteren entstand ein Restaurantbetrieb mit Biergarten, Festsaal und Café. In den folgenden Jahren wurde das Gebiet immer weiter zum Vergnügungsviertel ausgebaut, auf der gegenüberliegenden Seite entstand eine Tresorfabrik, die lange Zeit für Kundschaft des Vergnügungsviertels sorgte. Für mehrere Jahre wurde die Badstraße für viele Berliner zum Hauptausgehpunkt.
1919 wurde die Badeanlage abgerissen und mit dem Mauerbau kam keine Kundschaft mehr aus Ostberlin, die Anlage des Gesundbrunnens zerfiel nach und nach.
In der Geschichte war das Wasser an diesem Ort stets präsent, es wurde zum Arbeiten (Papiermühle, Mineralwasserfabrik), als Heilmittel (Gesundbrunnen, Luisenbad) und zum Vergnügen (Marienbad) genutzt. Heutzutage bemerkt man von dieser ganzen Geschichte fast gar nichts mehr, nahezu alle Gebäude wurden abgerissen oder im Ktieg zerstört. Lediglich ein paar Namen sind geblieben, die an die damalige Blüte erinnern, allerdings ist vielen der Ursprung gar nicht bekannt – Badstraße, Gesundbrunnen, Hotel Luisenbad.
Auch der einst für den Wedding sehr wichtige Fluss, die Panke, ist durch die Verwilderung nur an sehr wenigen Stellen überhaupt wahrnehmbar und vielerorts verschmutzt.
Die Panke selber entspringt in Bernau und fließt in der Nähe der Bayer-Werke in den Nordhafen. Sie floss lange Zeit unter der Erde und war komplett eingefasst. In den den 50er Jahren begann man mit den Freilegungen, dem Ausbau des Grünzuges und der Walter-Niklitz-Promenade entlang der Panke, um diese wieder erleben zu können. Seit 2007 gibt es den Verein Panke 2015, der sich als Pilotprojekt für Berlin / Brandenburg nach den neuen Wasserrichtlinien mit der weiteren Revitalisierung der Panke befasst. Die Panke soll durch pflanzliche Filter, Aufweitungen des Flussbettes, sowie Sandaufschüttungen sauberer werden und neue Lebensräume für Tier und Mensch auch in der Stadt schaffen.
Wir wollen den Ort wieder zu einem Treffpunk machen, dem Thema Wasser wieder eine Präsenz geben. Einen Platz bilden, der unterschiedliche Möglichkeiten im Umgang mit dem Wasser und einen Treffpunkt für die Bewohner der Bezirkes bietet. Aufbauend auf die Geschichte (Luisenbad, Marienbad) und die Gegebenheiten (Panke) des Ortes, haben wir beschlossen das Motiv des Badens wieder aufzugreifen. Die Vorstellung vom Baden ist eng mit dem Körper, der körperlichen Pflege, sowie der seelischen Reinigung verbunden, aber auch das sozialen Vergnügen ist ein sehr wichtiger Aspekt. Das Bad Marie-Luise geht auf diese Faktoren ein und gibt ihnen Orte zur Verwirklichung.
Beschreibung der Besonderheiten
Es baut auf die Wasserreinigung des Projektes Panke 2015 auf, das Wasser der Panke wird durch weitere pflanzliche Filter (z.B. Schilfrohr, Sumpfpflanzen wie Binsen, Seggen) auch als Schwimmwasser nutzbar. Ab dem Franzosenbecken werden Rohr-, Blatt- und Unterwasserpflanzen angeplanzt die den Fluss bis zu dem Grundstück des Bades Marie-Luise reinigen.
Das Bad Marie-Luise quetscht sich direkt an der Panke in den dort bestehenden Baumbestand hinein. Der dort vorhandene Baumbestand bildet offenere und geschlossener Bereiche, das Bad nutzt diese Bereich, passt sich ihnen an und bildet an dem Wasser eine neue Welt, fern von dem Städtischen Chaos.
Zu erreichen ist es sowohl von der Osloer Str, als auch von der Badstraße aus. Es ist ein geheimer Ort im Inneren des Blockes, nichts weist auf diesen hin. Man muss ihn kennen, um ihn zu finden. Es ist ein Ort des Wassers für die Anwohner Weddings. Befindet man sich im Inneren des Blockes taucht man an den Zugängen des Bades in eine neue Welt.
Das Bad Marie-Luise besteht aus dem Flussbad, einem offenen Badebereich in der Panke, sowie dem Badehaus, einem sehr intimen Ort der Reinigung. Die Verbindung der Beiden entsteht durch den Steg, sowie die Trinkhalle, welche schon traditionell in direkter Verbindung mit Badeanstalten stand.
Die Hauptmaterialien sind Stampfbeton als schweres tragendes Element, ergänzt mit der Leichtigkeit des Bangkari Holz als Steg, Terrassen, sowie nichttragenden Wände. Die Horizontalität des Stampfbetons spielt mit der vorhandenen Natur, und wird mit der Erde des ausgehobenen Schwimmbeckens angemischt.
Für das Flussbad wird ein Teil des Ufers ausgegraben um eine genormte Schwimmbeckentiefe und –länge (25m) zu erhalten. Man schwimmt mit, oder gegen die Strömung. Umfasst wird dieser Bereich von einer großzügigen Holzterrasse, welche von der Süd- und Westsonne beleuchtet wird. Dazu gehörend ist das Umkleidehaus, sowie der Bademeisterturm.
Das Umkleidehaus befindet sich im Eingangsbereich des Bades, nimmt man den Zugang von der Osloer Str. Es beinhaltet Toiletten, sowie Umkleidekabinen. Ein Patio wird gebildet durch die tragenden Stampfbetonwände, die Wasserhähne, sowie Spiegel befinden sich in diesem. Das Wasser läuft direkt auf den Boden.
Der Bademeister hat auf seinem Turm als einziger das komplette Becken, sowie die Panke im Blick. In dem tragenden Kern befinden sich im Kellergeschoss die Toilette, sowie im Erdgeschoss ein kleines Lager. Zu erschließen ist die Terrasse über eine im Innenraum befindliche Leiter. Sollte es einen Notfall geben ist es dem Bademeister jederzeit möglich über die an dem Turm befestigte Stange hinunterzurutschen.
Trinkhallen standen, wie eben schon erwähnt, bereits traditionell in direkter Verbindung mit Badeanstalten, meist kostenlos wurde das Quellwasser ausgeschenkt, welches unterschiedliche Wirkungen auf den Körper hatte. In einem abgetrennten Bereich gab es des öfteren Liegehallen, um den Körper zur Ruhe zu bringen. Wir interpreteren die Idee Trinkhalle neu. Die Trinkhalle, als Verbindungsglied zwischen Flussbad und Badehaus schaut auf den Badebereich des Flussbades. An dem langen Tresen mit den hohen Zapfhähnen kann man sich hier das Quellwasser zapfen, oder am Tresen ein anderes erfrischendes Getränk bestellen, während man die Abendsonne genießt und die letzten Schwimmer im Bad beobachtet. Im anderen Teil der Halle befindet sich der Liegebereich, mit Liegen ausgestattet und stets offen, für alle Badegäste nutzbar.
Das Badehaus befindet sich an dem Zugang von der Badstraße aus. Typologisch dreht es sich mit seinen Stampfbetonwänden wie ein Brunnnen in die Erde.
Der Eingang liegt von der Straße aus gesehen versteckt unten am Steg. Eine kleine Tür in einer sonst komplett verschlossenen Fassade wird nach dem Klingeln geöffnet. Man wird zwischen zwei Wänden hindurch in den mit Tageslicht durchfluteten Ruhe- und Teebereich geleitet. Dort bekommt man sein Handtuch, sowie Badeschuhe und wird in das Badehaus eingewiesen. Der erste Wasserkontakt entsteht bereits hier durch den Einblick in die Zisterne, in der das Regenwasser gesammelt wird.
Aufgeteilt ist das Badehaus durch die vier über Eck stehenden Wände, die den Ruhebereich bilden, sowie die unterschiedlichen Nutzungen des Bades gliedern (Büroecke, Umkleideecke, Waschecke, Badeecke). Geleitet wird man immer von der runden Wand, die direkte Verbindung zum Ruheraum erfolgt jeweils zwischen den Wänden, in den mit Tageslicht durchfluteten Gängen.
Von dem Ruheraum aus gelangt man zwischen zwei Wänden in Richtung Umkleidekabinen. Von hieran beginnt der Rundgang, die Rundung der Wand leitet einen von Raum zu Raum. Immer wieder mit der Möglichkeit die Choreografie des Bades zu verlassen oder zu unterbrechen und eine kleine Auszeit im Ruheraum zu nehmen, indem man zwischen zwei Wänden zurückgeht. Von den Umkleidekabinen wird man geleitet in den Waschraum. Das Wasser ist hier zunächst passiv, von oben als Regen erlebbar. Der Alltagsstaub wird abgespühlt. In diesem Raum befindet sich außerdem die Waschbank mit Wasserhähnen und der Möglichkeit sich in Ruhe gründlich zu waschen, die aktive Beschäftigung mit dem Wasser. Die wärmende Bank lädt ein sich hinzulegen und eine Seifenmassage zu bekommen. Der Regen ist während dieser Waschzermonie ein ständiger Begleiter.
Weiter geht es in den Badebereich. Hier befindet sich das Warmwasserbecken zum entspannen, der Dampfraum als wärmster, dunkelster und niedrigster Raum, sowie ein kleiner Außenbereich zum Tauchen in dem kalten Pankewasser. Es ist die Ecke des Aufhaltens, Ruhens und Entspannens in der Stille nach der Waschzeremonie.
Von dort führt einen der Weg wieder zurück in den Ruheraum, um seinen Tee einzunehmen, sich über die neusten Nachbarsgeschichten auszutauschen, um dann einen weiteren Durchgang der Reinigung und des Entspannens durchzugehen.
Ausblicke nach Außen gibt es keine, nur der Himmel und die Bäume sind durch das den Ruheraum bedeckende Glasdach sichtbar. Man befindet sich hier in einer abgetrennten Welt, in der es vor allem auf die Konzentration mit dem eigenen Körper, sowohl äußerlich, als auch innerlich ankommt.
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