Heinze ArchitekturAWARD 2024: Teilnehmer
BEYOND PARKING - Transformation of ‘Bilhuset‘, Trondheim
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: RWTH Aachen, Architektur, Anna Schwaab
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Norwegen
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
03.2024
Zeichnungen und Unterlagen
Gebäudedaten
Bauweise
Holzhybridbau
Tragwerkskonstruktion
Stahlbeton
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Nutzfläche
5.130 m²
Verkehrsfläche
2.650 m²
Wohnfläche
1.825 m²
Grundstücksgröße
1.940 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die Innenstadt Trondheims, Norwegen, wird vom Trondheim Fjord und dem Fluss Nidelva umrahmt. Entlang des Flusses stehen die für Trondheim bekannten giebelständigen Holzhäuser, welche früher primär dem Handel dienten. Viele Gebäude sind aus dem 18. und 19. Jahrhundert und wurden in den letzten Jahren bereits teilweise saniert und ausgebaut. Die bunten Holzhäuser ‚Bryggen‘ sind zusammen mit dem Nidaros Dom die identitätsstiftenden Aushängeschilder der Stadt. Die Kjøpmannsgata (dt. Handelsstraße) bildet die Straßenseite der westlichen Häuserreihe.
Die Stadt Trondheim strebt das Ziel an, die Innenstadt bis 2030 vom Individualverkehr zu befreien, um sie attraktiver zu gestalten. In Bezug auf die Nachhaltigkeit und das zukunftsorientierte Stadtleben kann das Vorhaben der Stadt neue Perspektiven und bessere Lebensqualitäten schaffen.
BESTAND
Das in den 1950er Jahren erbaute Parkhaus ‚Bilhuset‘ besteht aus einer Stahl-Beton Konstruktion und wurde vor Ort gegossen. Auch das Dach besteht flächig aus Beton und steift somit das Gebäude aus. Die Fassade ist mit Trapezblechen aus Metall verkleidet, welche die Übersetzung der Holzlattenverkleidung der benachbarten Gebäude darstellen soll. Zwischen den Fassadenelementen laufen Lichtbänder vom ersten Geschoss bis unter das Dach, um die Parkflächen zu belichten. Konstruktiv ist das Gebäude in Splitleveln parallel zum Fluss aufgebaut, während das Stützraster orthogonal dazu verläuft.
Von der Erschließungsrampe aus gelangt man mit dem Auto von Splitlevel zu Splitlevel auf die jeweiligen Parkdecks. Zusätzlich zu der Rampe kann das Gebäude über ein Treppenhaus, sowie über zwei Aufzügen erschlossen werden.
Im Vergleich zu den historischen Bryggen setzt sich das Gebäude nicht nur in der Nutzung und der Konstruktionsart ab, sondern auch in Höhe und Breite.
KONZEPT
Für eine Umgestaltung der Kjøpmannsgata wurden im Zuge eines Wettbewerbsverfahrens bereits verschiedene städtebauliche Entwürfe von unterschiedlichen Architekturbüros an die Stadt Trondheim eingereicht. Dabei wurden fuß- und fahrradfreundliche Konzepte für die Nutzung der Straße entwickelt. Da sich das Parkhaus Bilhuset mitten in der Kjøpmannsgata befindet, muss es ebenfalls bei der Umgestaltung berücksichtigt werden. In Zukunft wird es durch das Vorhaben der Stadt Trondheim an Funktion verlieren, wenn der Individualverkehr umgeleitet wird und das Parkhaus mit privaten PKWs nicht mehr erreicht werden kann.
Die Entwurfsidee besteht darin die ursprüngliche Konstruktion zu erhalten, während die Nutzung neu interpretiert wird. Das Ziel ist es die Autorampe insoweit umzugestalten, dass diese den Bewohner:innen von Trondheim städtischen Raum zurückgibt. Wenn das Auto in Zukunft immer weniger Platz in den Innenstädten einnimmt, entsteht mehr Raum für Fußgänger:innen und Fahrradfahrer:innen. Somit geben die Straßen Raum für Neugestaltung und Neunutzung.
Es können Grünflächen, Sitzgelegenheiten und Veranstaltungsbereiche entstehen. Zudem können lokale Geschäfte und Gemeinschaftsaktivitäten gefördert werden. Reduzierter Autoverkehr trägt allgemein zur Luftqualität und Lärmminderung bei.
Um diese Visionen einer zukunftsorientierten Stadt auf das Parkhaus zu übertragen, müssen die Flächen neu definiert werden. Die Rampe sowie die Flächen für den bewegten Verkehr sind mit der Straße zu vergleichen, während der ruhende Verkehr, somit die Parkplätze im Bilhuset mit den Straßenparkplätzen und den Grünflächen zu vergleichen sind. Wenn die PKWs das Parkhaus nicht mehr erreichen, entfällt somit die eigentliche Nutzung. Um diese Fläche zu bedienen, muss sie umfunktioniert und in Teilen auch umgestaltet werden.
Ein Teil der ursprünglichen Parkebenen wird zu Wohneinheiten umfunktioniert. Die Rampe dient als Fortsetzung der Straße und wird für die Öffentlichkeit jederzeit zugänglich. Gleichzeitig dient sie der Erschließung öffentlicher und privater Nutzungen im Gebäude. Dies bedeutet, dass sich Personen zu Fuß oder mit dem Fahrrad über die Rampe in das Gebäude begeben können. Für Bewohner:innen ist es zum Beispiel möglich das Fahrrad direkt vor der Haustür abzustellen.
Auch andere Attraktivitäten und Begegnungsorte können, wie auch auf den neugestalteten Straßen, auf der Rampe entstehen. Es können Sitzflächen geschaffen und Pflanzen aufgestellt werden, Kinder können spielen und ein Flohmarkt kann stattfinden. Öffentliche, gemeinnützige Einrichtungen, wie Sport- und Kreativangebote, sowie Cafés und Gastronomie können sich um die Rampe herum ansiedeln und die öffentlichen Nutzungen vervollständigen. Die Rampe wird somit zu einem architektonischen Element und kann durch einen Spaziergang erlebt werden.
Beschreibung der Besonderheiten
Von der Rampe aus sind auf den jeweiligen Ebenen die Wohneinheiten zu erreichen. Die einzelnen Wohnmodule lassen sich flexibel zusammensetzen. Es ist möglich, dass mehrere Module zu größeren Wohnungen verbunden werden können. Außerdem gibt es eine Vorzone, bei der individuell entschieden werden kann, ob dieser Bereich Teil der Wohnung werden soll oder gemeinschaftlich genutzt werden kann.
Innerhalb der Wohneinheiten wird der Aufbau geprägt von drei verschiedenen Grundrisstypen, die von den historischen Grundrisstypen der drei wesentlichen Bryggen abgeleitet wurden. Somit spiegelt sich die Historie der Handelshäuser im umgebauten Gebäude, das sich von den anderen absetzt, wider.
Außerdem sind auf unterster und oberster Ebene Duplexwohnungen vorhanden, welche die abweichenden Geschosshöhen ausgleichen.
Ein großer Luftraum in der Mitte des Gebäudes trägt zur besseren Belichtung bei. In diesem Luftraum befindet sich eine weitere interne Erschließung mit Treppenhaus und Aufzug, um den Alltag der Bewohner:innen zu erleichtern.
Um nicht das gesamte Gebäude eindämmen zu müssen und eine klare Abgrenzung von beheizten und nicht beheizten Räumen zu erreichen werden lediglich die Wohnmodule gedämmt. Die Vorzone kann im Winter durch Vorhänge in bestimmten Teilen thermisch reguliert werden.
FASSADE
An den vier giebelständigen Fassaden ist jetzt abzulesen, in welchem Teil gewohnt wird, und wo die öffentlichen Angebote stattfinden. Im Part der Wohneinheiten sind Teile der Trapezbleche herausgeschnitten, damit die Wohnungen genug Licht bekommen. Auch im öffentlichen Teil des Gebäudes sind die Trapezbleche bearbeitet. Hier sind sie jedoch für mehr Lichteinstrahlung perforiert.
EINGÄNGE
Zur Erschließung des Gebäudes sind mehrere Eingänge vorhanden. Der Haupteingang öffnet den Zugang zur Rampe. Außerdem gibt es einen Zugang über eine angebrachte Brücke, die von der höheren Ebene der Kjøpmannsgata zu erreichen ist und den Zugang in das dritte Level ermöglicht. Diese Brücke erinnert an früher vorhandene Ladebrücken von der Handelsstraße zu den einzelnen Bryggen. Diese beiden Eingänge sind mit leichten PVC-Streifen versehen, die einfach zu durchdringen sind. Die Funktion der Streifen besteht darin im Winter die Kälte aufzuhalten und im Sommer geöffnet einen fließenden Übergang zwischen der Straße und dem Gebäude zu schaffen. Ein weiterer Eingang bzw. Ausgang befindet sich auf dem obersten Level, der die externe Wendeltreppe mit dem Gebäude verbindet.
PLATZGESTALTUNG
Die Dachkonstruktion der ehemaligen Tankstelle besteht aus Stahl. Sie diente früher lediglich als Überdachung der Tankstelle. Heute ist sie der Mittelpunkt des Platzes. Durch die verstellbaren Vorhänge sind unterschiedliche Nutzungen möglich. Sie kann unter anderem als Musik-, Tanz- oder Theaterbühne genutzt werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit mit dem Vorhang als Projektionsfläche ein Outdoor-Kino zu veranstalten.
MÖBELENTWURF
Aus den teilweise abmontierten Trapezblechen werden Möbel für den Platz und für die Rampe gebaut. Zusammen mit einer Holzplatte ergibt sich ein Hocker oder eine kleine Plattform. Für die Rampe wird das Blech schräg angeschnitten. Durch die Trapezform ist der Hocker somit ausgesteift.
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