Architekturobjekte
Bürogebäude - Budapester Straße
10787 Berlin, Budapester Straße 35
Mit freundlicher Unterstützung von GROHE
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Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Budapester Straße 35, 10787 Berlin, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
04.2020
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Anzahl der Vollgeschosse
11- bis 20-geschossig
Raummaße und Flächen
Nutzfläche
25.500 m²
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Unmittelbar neben dem Berliner Zoo entstand mit dem „Westlight“ ein Bürohochhaus für zeitgemäßes Arbeiten. Der Neubau von Grüntuch Ernst Architekten ersetzt die rötliche Rotunde des ehemaligen Hauptsitzes der Berliner Volksbank und prägt an städtebaulich exponierter Stelle ein markantes Tor zur City West. Ein Gespräch mit Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch.
"Die kristalline Struktur mit den gebrochenen Kanten schafft eine dynamische und wechselhafte Erscheinung."
Armand Grüntuch, Grüntuch Ernst Architekten
IM GESPRÄCH: ALMUT GRÜNTUCH-ERNST UND ARMAND GRÜNTUCH
Sie wurden aufgrund eines gewonnenen Wettbewerbs 2015 mit der Planung des Bürohauses an der Budapester Straße 35 beauftragt. Weshalb haben Sie sich im Wettbewerb durchgesetzt?
Armand Grüntuch: Die teilnehmenden Büros sollten Vorschläge für den Umgang mit dem Bestandsgebäude einbringen: ob eine Fassadenerneuerung, eine Dachaufstockung oder womöglich eine größere Aufstockung angebracht ist. Wir haben für einen Neubau plädiert. Ausschlaggebend dafür waren erstens bautechnische Aspekte, zweitens die veraltete und aufwendige Haustechnik des Altbaus und drittens dessen fehlendes Potenzial für zeitgemäßes Arbeiten. Schlüssel für unseren Erfolg war eine technisch intelligente Lösung für diese drei Probleme.
Welchen Ansatz haben Sie gewählt?
Armand Grüntuch: Eine neue Gründung hätte immensen Aufwand erfordert, da der Keller des Altbaus, in dem der Safe und die Haustechnik untergebracht waren, zwei Geschosse unter das Erdgeschossniveau bis ins Grundwasser hineinreichte. Wir haben die Haustechnik auf ein Drittel des Volumens reduziert und aufs Dach verlagert. Das neue Gebäude hat nur ein Untergeschoss – dort sind die Stellplätze untergebracht. So konnten wir eine neue Fundamentplatte auf die alte setzen und damit den ganzen Kern verschieben, das Haus also neu orientieren und flexible Grundrisse schaffen.
Almut Grüntuch-Ernst: Das Vorgängergebäude hatte, auch aus Brandschutzgründen, sehr rigide Vorgaben für das Raumprogramm. Ein Mittelflur mit in Schottenbauweise errichteten Kammern entspricht aber nicht mehr heutigen Ansprüchen an offene, anpassungsfähige Arbeitslandschaften. AG: Deshalb haben wir vorgeschlagen, auf dem Fundament des Altbaus ein Gebäude mit größerer Dichte zu errichten. Dabei haben wir die Arbeitsfläche von vormals 8.500 Quadratmetern verdreifacht.
Wie sind Sie dabei dem Anspruch an zeitgemäßes Arbeiten gerecht geworden?
Almut Grüntuch-Ernst: Der Neubau beruht auf einem Stützensystem in Skelettbauweise. Weil es keine tragenden Wände gibt, lassen sich auch Trennungen einrichten, die nur akustisch, nicht visuell sind. So verliert man selbst in Einzelbüros nie den Blick für das Ganze, Arbeiten wird auch zum Gruppenerlebnis. Die Idee des Panoramas ist prägend für das Gebäude insgesamt – sowohl nach innen wie auch nach außen. So tritt man aus dem Fahrstuhl zunächst in einen großzügigen Bereich mit einem wunderbaren Ausblick auf die Stadt, die einen im Raum und im Gebäude verortet. AG: Auch in den Flurbereichen lassen sich große freie Flächen schaffen, wo etwa Konferenzen oder Vorträge stattfinden können. Die Raumaufteilung lässt sich in jeder Etage unterschiedlich gestalten, je nach Wunsch der Nutzer. Eine solche Flexibilität und Reversibilität verleihen Gebäuden eine gewisse Robustheit auch im Sinne von Nachhaltigkeit: So lassen sich aus Büros Wohnungen machen oder umgekehrt. Dafür muss natürlich von vornherein die nötige Raumhöhe eingeplant werden und die Kerne müssen so gestaltet werden, dass das Gebäude wandelbar ist. AGE: Auch natürliche Belüftung ist total wichtig, das wissen wir heute alle. In jedem Raum des „Westlight“, sei er noch so klein unterteilt, gibt es deshalb die Möglichkeit direkter Frischluftzufuhr über Fassadenelemente, die sich von Hand öffnen lassen. Das wird von den Nutzern sehr geschätzt.
Das „Westlight“ hat eine städtebaulich sehr exponierte Lage, direkt neben dem Elefantentor des Zoos, am Kopf eines Häuserblocks an einer belebten Kreuzung. Wie haben Sie das Konzept für dieses Grundstück entwickelt?
Almut Grüntuch-Ernst: Der Altbau hielt sich noch an die Traufhöhe des Berliner Blocks. Mittlerweile darf man dort sinnvollerweise auch höher bauen. Es stellte sich also die Frage: Wie kann man diesen Kopf ausbilden, wie viel Masse verträgt er? Unser Neubau setzt mit 16 Geschossen einen ersten Hochpunkt für die City-West an der Kurfürstenstraße. Durch einen Feinschliff in der Kubatur wird die städtebauliche Volumensetzung an diesem exponierten Punkt noch optimiert. AG: Um eine dynamische Stadterfahrung zu ermöglichen, ist das Gebäude je nach Perspektive unterschiedlich erlebbar. Von der Nürnberger Straße aus wirkt es wie ein schmales Hochhaus, von der Gedächtniskirche aus wie eine trotzende Burg in einer verkehrsumtobten Kreuzung. Vertikale Kanten machen das Gebäude „lesbar“. Wie ein Brillantschliff, der einem unförmigen Stein erst die Form gibt. AGE: Genau wie bei einem Edelstein ermöglicht der „Schliff“ des Gebäudes auch das Spiel mit der Reflexion. Die Fassadenteile sind leicht gegeneinander verkippt, sodass immer unterschiedliche Ausschnitte von Stadt und Himmel sichtbar werden. AG: Die Spiegelungen sind kein Abbild, sondern eine verpixelte Auflösung der Wirklichkeit, deren Fernwirkung eine neue Stadtsilhouette erzeugt. Je nach Licht und Tageszeit ist die Wirkung ganz unterschiedlich.
Was ist die städtebauliche Funktion des Gebäudes?
Armand Grüntuch:: Zum einen übernimmt das „Westlight“ eine Tor-Funktion. Aufragend an dem Ort, wo Budapester Straße, Kurfürstenstraße und Nürnberger Straße aufeinandertreffen, bildet es in gewisser Weise eine Begrenzung des Breitscheidplatzes: Zwischen dem Kranzler Eck und dem „Westlight“ wird das Zentrum West-Berlins aufgespannt. Almut Grüntuch-Ernst: Zum anderen wollten wir ein attraktives Umfeld für Fußgänger schaffen. Die Ebene, in der Passanten flanieren, soll sich auf den Bereich des „Westlight“ erweitern, der früher wie eine isolierte Verkehrsinsel war. Das Gebäude mit dem gläsernen Sockel spricht diese Einladung aus. Nun liegt es an den Mietern, diese Kontaktflächen zu gestalten
Welche Rolle spielen Aspekte der Nachhaltigkeit beim „Westlight“ und bei Büroimmobilien allgemein?
Armand Grüntuch:: Der Neubau an der Budapester Straße ist in mehr- facher Hinsicht Ausdruck von Nachhaltigkeit. Erstens, weil er dreimal so viel Arbeitsfläche bereitstellt wie der Vorgängerbau, und zwar in zentraler Lage, ohne grünes Umland zu versiegeln. Ein zweiter Aspekt ist die Schaf- fung wandlungsfähiger, ergo zukunftsfähiger Arbeitskonzepte. Drittens kann das Gebäude mit der Zeit umgenutzt werden. Almut Grüntuch-Ernst:: Und das alles, ohne auf eine „smart technology“ angewiesen zu sein, die in zehn Jahren schon wieder veraltet ist. Mit analogen Elementen wie echten Fenstern ist man auf der sicheren Seite. Armand Grüntuch: Um nachhaltig zu sein, muss ein Gebäude nicht nur über 35, sondern über 100 Jahre oder länger Bestand haben können, indem es wechselnden Anforderungen gerecht wird. Dafür muss es sowohl kleinteilig als auch großräumig vermietet werden können, es braucht ein Lärmschutzkonzept und Haustechnik für unterschiedliche Nutzungen … Almut Grüntuch-Ernst: … und ausreichende Raumhöhe. Armand Grüntuch:: Genau! Man muss in die Hardware investieren, anstatt in die Wärmedämmverbundsysteme, mit denen die Gebäude eingepackt werden.
Welche Anforderungen sollte zeitgemäße Büroarchitektur darüber hinaus erfüllen?
Almut Grüntuch-Ernst: Die Balance zwischen konzentriertem Einzelarbeiten und kommunikativen Zonen ist ja schon lange ein Thema. Mittlerweile haben wir dank Digitalisierung gemerkt, dass konzentriertes Einzelarbeiten fast überall möglich ist. Umso wichtiger wird die Förderung des Teamspirits mittels Stimulierung kreativer Aspekte: etwa durch Kaffee-Ecken, Außenräume und die Möglichkeit für Arbeitsgruppen, sich den Raum anzueignen. Die Co-Working-Szene hat bereits eingefordert, dass der Arbeitsort aussehen soll wie ein Zuhause. Auch wir wollten einen Ort schaffen, der gleichermaßen für Arbeit und Wohnen denkbar ist. Armand Grüntuch: Auf dem Dach und an den Schnittstellen zu den Nachbargebäuden haben wir deshalb Terrassen, an den Seitenflächen und der Rückseite Austritte eingeplant. Almut Grüntuch-Ernst: Arbeit muss immer die Idee von Freiwilligkeit und gutem Lebensgefühl vermitteln. Diese Entwicklung wurde durch Corona nochmals beschleunigt. Die Möglichkeit, den Arbeitsradius dem Außenklima anzupassen und die eigene Arbeitsbühne individuell zu gestalten, ist eine unschätzbare Bereicherung.
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