Architekturobjekt 941 von 1.054

Architekturobjekte


Burger's Zoo, Arnheim

6816 Arnheim, Antoon van Hooffplein 1, Niederlande

Mit freundlicher Unterstützung von Carl Stahl ARC

Burger's Zoo, Arnheim - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Sitzgelegenheiten zwischen den Gehegen - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Gehege - Burger's Zoo, Arnheim

© Hans Georg Esch, Hennef/Sieg

Mit freundlicher Unterstützung von Carl Stahl ARC

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Antoon van Hooffplein 1, 6816 Arnheim, Niederlande

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Neubau

Fertigstellungstermin

01.2003

Projektbeteiligte Firmen und Personen

Architekt/Planer

Officium Design Engineering GmbH

Rotebühlplatz 15

70178 Stuttgart

Deutschland

Tel. +49 711 8706940

info@officium.de

Fachplanung: Tragwerksplanung

IPL, Radolfzell

Verwendete Produkte

Beschreibung

Objektbeschreibung

Spinnennetz auf grünem Grund

Das innovative Tiergehege in Burger's Zoo Arnheim

Faible für Entdeckungen

Fremdheit und Vertrautheit, natürliche Selbstverständlichkeit und artifizielle Faszination, geschlossenes System und Verbindung nach Außen - Architektur ist Auseinandersetzung. Zwischen dem organisch geformten Blätterdach und dem gigantischen Wolkenkratzer liegen zivilisatorische Welten ebenso wie ingenieur-technische Meisterleistungen. Technische Präzision und gestalterische Vision schließlich sind die zwei wichtigsten Treibstoffe für das Entstehen neuer Architekturen.

Seit Menschengedenken stoßen Kreative an Grenzen, öffnen damit neue Wege, stellen Fragen, suchen Lösungen. So gewann in den Siebzigern ein bis dahin wenig beachtetes Gebiet der Architektur an Dynamik: der Leichtbau. Institutionalisiert in München, gab die Stadt auch den Anstoß. Denn das für die Spiele 1972 zu errichtende Olympiastadion - heute bekanntestes Bauwerk deutscher Architekturgeschichte - sollte nach dem Willen des Architekten Günter Behnisch ein organisch geformtes Dach erhalten.

Unter Hochdruck gingen mutige Planer an die Lösung der Aufgabe, entwarfen, testeten, konstruierten und faszinierten schließlich Auftraggeber, Architekten und die Besucher aus aller Welt mit dem überdimensionierten Zeltdach. Frei Otto, Pionier in Sachen Leichtbau, bereitete den Weg. Daneben sind Ingenieure wie Werner Sobek und Jörg Schlaich immer weiter den Geheimnissen der Naturgesetze auf der Spur, um filigrane Formen für stabile Architekturen zu kreieren. Membrane und ihre Deklinationen wurden zum fünften Baustoff neben Stahl, Glas, Holz und Metall und gehören heute ganz selbstverständlich ins Repertoire der Baumeister.

Was leicht, elegant und filigran daher kommt, hat seinen schweren Gang bereits hinter sich gebracht. Denn die Leichtigkeit baulichen Seins verlangt von Ingenieuren weit mehr ab, als das gewohnte Stein auf Stein Haus. Zug, Druck, Last - kurz die wirkenden Kräfte wollen stabile Entgegensetzungen. Feste Verankerungen verlagern das Konstrukt tief in den Boden. Am Ende bleibt das Leichte schwer zu realisieren.

Doch wer der Faszination des Leichtbaus einmal erlegen ist, kommt nicht mehr von ihr los. Nichts lockt mehr, als das Bürsten wider den Stachel und nichts stachelt die Ehre von Gestaltern mehr an, als bleibende Werke von ungewöhnlicher Ausstrahlung zu schaffen.

Faszination Leichtbau

Seit seinem Studium hat Thomas Ferwagner diese Leidenschaft kultiviert. Ein simples Netz fädelte er aus Edelstahlseilen und Presshülsen. Gedacht und eingesetzt in ein Stahlrohrgestell ward ein Stuhl entworfen - Ergebnis der erfolgreichen Synergie aus den Visionen des Designers und dem Know-how des Seilspezialisten Carl Stahl. Mit dem weltweit tätigen Hersteller für Seil- und Hebetechnik Carl Stahl fand Ferwagner einen erfinderischen Gefährten, der das Netz zum Industrieprodukt adelte: X-TEND war geboren.

Heute leitet Ferwagner sein Ingenieurbüro Officium in Stuttgart, das sich der Kreation und Umsetzung frei tragender Architektur aus Edelstahlseil-Netzen verschrieben hat. Hier entstehen im Team aus Designern, Architekten und Tragwerksplanern einmalige Lösungen. Denn Neues zu kreieren ist immer ein interdisziplinärer Prozess. So nehmen etwa die "Netzpläne" für die Projekte Gestalt an aus der Synergie von Kreativen und Statikern, von visionären Bildern und mathematisch fassbaren Berechnungen. Mittlerweile wuchsen die Erfahrungen des Officium Teams zu einem weltweit einmaligen Fundus. Die umgesetzten Projekte reichen von schützenden Geländern über Sicherheits-Systeme bis hin zu eigenständigen Bauten aus Seilen und Netzen.

Dabei ist das Netz den Kreativen von Officium ein immer währendes Wunder. Nie hat es aufgehört, Überraschungen zu bereiten, denn je leichter der Bau, je größer die Überwindung der Schwere, desto stärker haben die heimlichen Kräfte der Natur ihre Hand im Spiel. Und immer wieder neu ist jede Aufgabe einmalig. Nicht nur die jeweilige Nutzung, auch die natürliche Umgebung, die Topografie, das Klima und die Ansprüche der Bauherren definieren das Ergebnis. Dabei sind Seile und Netze ganz besondere Baumaterialien mit sehr speziellen Anforderungen.

Gebändigte Freiheit

Unikate Bauten, wie geschaffen für Leichtbaujongleure, sind Tiergehege. Eine wahre Oase für architektonische Spezialitäten tut sich auf, fließen doch die Anforderungen von Sicherheit und Schönheit, von Stabilität und Durchlässigkeit hier in reinster Weise zusammen. So geriet die Zoowelt zum exemplarischen Trainingsfeld der Stuttgarter Ingenieure und immer mehr wuchs die Welt des Bau-Know-hows. Waren zu Beginn der filigranen Formen noch Mauern und geringe Spannweiten das Tribut an die Neuheit des Materials, so sind mittlerweile große Spannweiten berechenbar geworden und sehr individuelle Formen aus Seilen und Stahlstützen umsetzbar.

Weltweite Meisterwerke an Zoogehegen künden von der statischen und ästhetischen Präzision der Gestalter. Zudem schreiben die Stuttgarter mittlerweile ein kundiges Kompendium tierhalterischer Ansprüche. Und sie gehen souverän mit dem zivilisatorischen Paradoxon der Zoo-Tierhaltung um: Fühlt sich ein im Zoo geborenes Tier in kleinem Raum wohl - verglichen mit seinen wild lebenden Verwandten, so ist dies dem betrachtenden Menschen keineswegs gleich. Wir Zoobesucher empfinden große Gehege als angenehm für die Tiere, sie geben den Anschein der Freiheit. Schließlich sind es diese menschlichen Empfindungen, die zum Bau großer Freigelände und Gehege für die gehaltenen Tiere führen.

Genau darin sieht Officium seine Herausforderung: große Räume via Leichtbauwerk als Lebensraum für Tiere zu formen und zugleich den menschlichen Beobachtungen frei zu öffnen. Aus den Erfahrungen in der Konstruktion und den Visionen für freie, natürlich fließende Formen entwerfen die Spezialisten die Gehege. Die Kenntnis des Verhaltens der Netze ist ihr Kapital.

Pylone zum Wohnen

Ein einmalig gewachsener Wald aus amerikanischen Eichen, dazu Leoparden und Schakale - das war die Aufgabe im Burger's Zoo Arnheim. Die Lösung von Officium: ein Haus aus Edelstahlseilnetzen mit 700 Quadratmetern Nutzfläche für die Leopardenfamilie und 230 Quadratmeter für die Schabrakenschakale, beides bei einer Höhe von bis zu 7 Metern. Denn Kletterbäume für die Kraxler sollten ins Haus passen. Das bestehende Raubtierhaus genügte den Anforderungen nicht mehr, kleine und mit Gitterstäben gesicherte Gehege machten Mensch und Tier das gegenseitig beschauende Leben schwer.

Die neue, großzügige Anlage sollte sich ohne Aufsehen ins Gelände einfügen, Nachbargehege optisch nicht stören und vor allem die dicht gewachsenen Bäume respektieren. Die Idee der Officium Planerin Marlene Thimet bestand darin, die natürlichen Bäume um artifizielle zu ergänzen. Sie warf einem Spinnennetz gleich in großem Bogen das Edelstahlseilnetz über die Wipfel und befestigte die Enden an stählernen Masten.

Die Statik wurde in präziser Kleinarbeit durch IPL berechnet. Stabilität entsteht durch gegensinnige Krümmung. Diese Art dreidimensionaler Verformung ist in der Lage, starke Kräfte aufzunehmen. Schließlich treten Wind, Schnee- und Eislasten auf, fallen Äste herunter und müssen Menschen zu Wartungszwecken auf dem filigranen Dach laufen können. Ein stählerner Ring hüllt die Wipfel und fasst das Netz. Fest montiert an 4 x 4 Stützen, die gleichförmig über das Gelände verteilt wurden, tragen die Enden die Hauptlast des Daches. Zugleich halten sie die Wände, ebenfalls geformt aus dem Carl Stahl Netz X-TEND.

Statische Anforderungen und natürliche Gegebenheiten führten zur Platzierung der alles tragenden Pylone. Denn keine Wurzel der wertvollen Bäume durfte beschädigt und kein Baum gar gefällt werden. Bis das Puzzle vollendet war, rechneten die Statiker Variante um Variante, bekamen schließlich das Optimum und setzten die künstlichen Bäume ins Gelände. Leicht und erhaben ragen sie aus dem Boden und haben unter der Erde ein gerüttelt Maß an Stahlbeton um stabil im Fundament zu stehen.

Eine zusätzliche Herausforderung bestand darin, dass die Pylone senkrecht stehen sollten, so wie die Natur ihre Bäume formt. Abgespannt und schräg hätten sie ein leichteres Werk, doch gerade hingestellt musste ihre Dicke optimiert werden. Anzahl und Position der Pylone, ihre Fundamente und ihre Dicke bilden den stabilen, präzise aufeinander abgestimmten Knochenbau. Darauf schwebt leicht und behände das Netz mit einer Maschenweite von 70 Millimetern im Dachbereich und 50 Millimetern in der Wand. Der Durchmesser der Seile beträgt 2 Millimeter. Auch die Maschenweiten sind Sache der Erfahrung, hier darf kein Leoparden-Unterkiefer Platz zum Durchschlüpfen bekommen.

Das riesige Gehege präsentiert sich dem Besucher in tanzender Leichtigkeit - so er die Augen dafür hat. Denn der Clou der Masche besteht darin, sich selbst ganz verborgen zu halten. In seiner ganzen Schönheit zeigen sich dafür Flora und Fauna. Doch wenn die Tiere versteckt im Geheimen verschwinden, tritt die Konstruktion in ihrer Schönheit hervor. Mal höher, mal tiefer umkränzen die Ringe die Bäume und tragen durch ihre Schwere dazu bei, die genau berechnete Verkrümmung des Netzes zu formen. Ein Gebilde, das so natürlich erscheint wie die Lebenswelt der darin wohnenden Tiere.

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