Architekturobjekt 8 von 141
Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten

Architekturobjekte

Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten


Carboneum - Die Nadel

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, David Schwarz

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, David Schwarz

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

02.2024

Gebäudedaten

Bauweise

Holzskelettbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttogrundfläche

9.250 m²

 

Grundstücksgröße

5.750 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Angrenzend an einen Ort des monumentalen Erdabbaus und der Ausbeutung der Landschaft zielt „Die Nadel“ darauf ab, mithilfe von Architektur und landschaftlichen Eingriffen einen Ort des Erinnerns, der Repräsentation und der Reflektion zu schaffen. Die Landschaft, die durch die künstliche Wasserlinie der Ostsee neu definiert wird, erinnert daran, dass der Seegrund einst das Territorium der Menschen war - ein chronischer, schmerzhafter Schorf auf der Haut unserer Erde, der einfach nicht verschwinden will

Diese Akzeptanz der Realität wirft die Frage auf: Wie kann man überhaupt helfen, den Schaden zu beheben?

Angelehnt an die „Touch the Earth lightly” Philosophie des australischen Architekten Glenn Murcutt integriert sich die Nadel in die Umgebung, ohne diese zu irritieren. Mit ihrer schlanken Form, die aus einer Lücke alter Bäume hinaus sticht, verweist sie auf die Geste des Strickens, eine mögliche Form der Reparatur. In der Lausitz waren die Sorben und Wenden für ihr Textilhandwerk bekannt, was die Ansiedlung der Textilindustrie in dieser Region positiv beeinflusste.

In seiner einfachsten Form benötigt man zum Stricken nur drei Elemente: eine Nadel als Werkzeug, Garn als Material und die Bewegung der Hände im dreidimensionalen Raum als Prozess.

Im Kontext der Reparatur wird das Garn (oder das Material) durch die Museumsbesucher repräsentiert, die sich dem nadelartigen Gebäude (dem Werkzeug) senkrecht nähern und damit die X- und Y-Achse festlegen. Anstatt das Wasser in der Ostsee als Gegenmittel für die Vergangenheit zu sehen, trägt „Die Nadel“ mit ihren Ausstellungsräumen, die über eine lange Treppe verbunden sind, dazu bei, eine Wissensreise zu ermöglichen, welche wiederum die Z-Achse definiert.

Letztlich ist „Die Nadel“ mehr als nur ein Museum. Sie ist sanft in die Landschaft eingebettet und braucht die Aktivierung seiner Nutzer, um ihr volles Potenzial zu entfalten.

Beschreibung der Besonderheiten

STÄDTEBAU UND LANDSCHAFT
Das Museum spannt sich mit seiner länglichen Bauform in die Achse zwischen dem Aussichtsturm und dem angrenzenden Hotel. Durch die entstehende Drehung des Baukörpers zur Uferkante öffnet sich das Ende der Promenade, wodurch zwei Plätze an den Längsseiten des Museums entstehen.
Zudem ermöglicht die städtebauliche Setzung des Gebäudes, das ein großer Bestandteil der alten Bäume auf dem Grundstück erhalten bleiben können. Sie befinden sich hauptsächlich auf der zum Wasser gewandten Gebäudeseite und prägen die Naturterrassen, die den Höhenunterschied zur Uferpromenade sanft ausgleichen. Durch Ihre Naturbelassenheit laden Sie Menschen zum Verweilen ein und beugen einen erneuten massiven landschaftlichen Eingriff vor. Das Museum wird sanft in die Landschaft eingebettet und bildet ein Ensemble mit der bestehenden Natur.
Auf der gegenüberliegenden Seite nimmt die Außenausstellung Ihren Platz ein. Fernab der lebhaften Hafenpromenade lädt diese ankommende Besucher ein und bietet einen ersten Einblick in die Ausstellung des Carboneums. Durch die Ausrichtung entlang des Museums nimmt sie Bezug auf den Baukörper und bietet ausreichend Platz für Großexponate. Aufgrund Ihrer Form und Gestaltung schützt Sie die Bestandsbäume und den Boden vor weiterer Versiegelung.
Die Achse der historischen Bahntrasse wird ebenfalls von zentraler Bedeutung. Durch eine leichte Krümmung wird der ankommende Besucher in Richtung des Museums gelenkt. Diese zweite Achse bildet eine wichtige Erschließung des Hafenquartiers, die alle Bereiche miteinander verknüpft und wird durch Ihre Verlängerung über die Uferpromenade hinaus akzentuiert. Mit der symbolischen Länge von 136 Metern repräsentiert der Steg mit jedem Meter ein Dorf, welches von der Umsiedlung in Folge des Braunkohleabbaus betroffen war. Eine abstrahierte Skulptur am Ende des Steges bietet dem Besucher eine letzte Möglichkeit, die ökologischen und sozialen Eingriffe in der Umgebung zu reflektieren.


MUSEUM UND ABLÄUFE
An der Schnittstelle der beiden Achsen befindet sich nicht nur der Eingang des Museums, sondern auch die Zugänge zum Verein und dem Café. Über das zentrale Foyer erreicht der Besucher alle Bereiche des Gebäudes. Den Beginn der gesamten Ausstellung erreicht der Besucher über einen Aufzug, der ihn in das dritte Obergeschoss befördert. Dort befindet sich die Ausstellung der Sorbisch-Wendischen Kultur und Tradition. Das Satteldach bildet das charakteristische Raumelement, der an die Bautraditionen der Sorben & Wenden erinnert.
Über einen Break-out Room gelangt man zum ersten Ausstellungsbereich der Geologischen Ausstellung und der Geschichte des Bergbaus. Durch die Ausbildung einer Galerie wird die Zweigeschossigkeit und die Dimension des Raumes betont. Über das zentrale Verbindungselement der Treppe, die der Achse des Gebäudes folgt, gelangt man zum zweiten Ausstellungsbereich. Aufgrund der großzügigen Deckenhöhe können dort auch große Exponate ausgestellt werden.
Nach einem weiteren Break-out Room schließt die Ausstellung des Strukturwandels an. Diese wird durch ein großzügiges Panoramafenster akzentuiert, welches einen Ausblick auf den Strukturwandel vor Ort bieten soll. Der großzügige Flur auf den Etagen der Ausstellungen bietet einen Blick auf die Außenausstellung und verbindet den Außenraum mit dem Innenraum. Trotz der fließenden Raumabfolge bleibt es dem Besucher selbst überlassen, wie viele Ausstellungen er besuchen möchte und in welcher Reihenfolge. Die Besucher, die auf eine Barrierefreiheit angewiesen sind, erhalten eine nahezu identische Besuchswahrnehmung.
Die Wechselausstellung kann entweder im Anschluss an den gesamten Rundgang besichtigt werden oder in einem separaten Besuch. Ihre Formgebung ermöglicht eine Zweiteilung der Ausstellungsfläche. Nach dem Besuch des Museums kann der Besucher selbst wählen, ob er einen Blick in das offene Archiv wirft oder die Außenausstellung über die Arkade im Erdgeschoss begeht. Als Abschluss bietet das Café oder der Steg eine Gelegenheit zum Ausklingen des Besuchs.
Durch eine Abtrennung des Foyers kann dieses auch nach den Öffnungszeiten für den Zugang zum Lernbereich genutzt werden. Im Lernbereich können sowohl die Seminarräume als auch der Vortragsraum und das Kino jeweils miteinander verbunden werden, um eine flexiblere Raumnutzung zu ermöglichen.


KONSTRUKTION
Das Stehfalzdach des Gebäudes integriert die Solarpaneele, die notwendig sind, um die benötigte elektrische Energie des Museums zu produzieren. Die Solarpaneele folgen der Farbgebung der Fassade und schließen somit nahezu nahtlos an.
Die Gebäudehülle des Carboneums besteht aus einer karbonisierten Holzfassade. Die Karbonisierung schützt das Holz vor Insekten- und Pilzbefall und bewirkt, dass das Holz wasserabweisender und haltbarer ist. Durch manuell verstellbare Lamellen wird der Sonneneintrag im Gebäude je nach Bedarf reguliert und die Ausstellungsräume an individuelle Lichtbedürfnisse angepasst. Die Rahmenstruktur des Gebäudes wird durch die Pfostenkonstruktion der Lamellen nach außen hin ablesbar.
Das Tragwerk aus Holz wird gelenkig ausgebildet und dient als Hauptragwerk des Gebäudes zur vertikalen und horizontalen Lastabtragung. Außerdem übernehmen die eingespannten Holzstützen zusammen mit den Deckenplatten aus Brettsperrholz die Aussteifung in Querrichtung.
Die Deckenträger aus Holz übernehmen gemeinsam mit den Brettsperrholzplatten die horizontale Lastabtragung der einzelnen Geschosse.
Der Stampflehmboden verleiht mit seiner Farbgebung ein lebendiges und zugleich dezentes Erscheinungsbild. Die darin eingelassenen Heizleitungen sorgen für ein angenehmes Raumklima und aktivieren die thermische Speichermasse des Baustoffes.
Der zentrale Treppenkern aus recyceltem Mauerwerk dient nicht nur als zentrales Verbindungselement im Gebäude, sondern unterstützt die Stützen bei der Lastabtragung. Durch die Platzierung im Gebäude verringert sich die Spannweite, wodurch kleinere Trägerquerschnitte möglich sind. Außerdem trägt er zur Ausbildung von nahezu stützenfreien Ausstellungsflächen bei und dient der Aussteifung in Längsrichtung.
Die aufgeständerte Bauweise des Gebäudes verringert nicht nur den Anteil der Bodenversiegelung, sondern auch den Einsatz von Beton. Für die Streifenfundamente wird auf Beton mit Recyclinganteil zurückgegriffen, welches nicht unweit vom Planungsgebiet bezogen werden kann.
Bei der Planung des Tragwerks wurde ein großer Wert auf die Klimaneutralität des Gebäudes gelegt sowie auf die Kreislauffähigkeit der Materialien und Bauteile. Durch das Verwenden von nachhaltigen Rohstoffen aus der Region wie Holz, Lehm und recyceltes Mauerwerk der umliegenden Werkssiedlungen werden auf weite Transportwege verzichtet und zudem eine große Summe an CO2 eingespart.

Nachhaltigkeit

ENERGIENUTZUNG
Die in den Dachflächen integrierten Photovoltaikmodulen decken von März bis September sowohl den Strombedarf für Beleuchtung und Belüftung als auch den Energiebedarf der Seewasserwärmepumpe zum Heizen im Winter. Die überschüssige Solarenergie wird in den Sommermonaten für das Aufladen von Elektroautos zur Verfügung gestellt. Um das Defizit in den Wintermonaten auszugleichen, kann auf die erzeugte Energie der schwimmenden Solarzelle des Ostsees sowie auf die umliegenden Windparks in Cottbus Halde und Nord zurückgegriffen werden.

REGENWASSER
Über eine im Boden eingelassene Zisterne kann das Regenwasser gesammelt werden und für verschiedene Bereiche wie die Grünflächenbewässerung oder für Toilettenspülungen eingesetzt werden. Durch die Verwendung von wasserdurchlässigen Pflastern sowie eine Aufständerung des Gebäudes verringern wir die Bodenversiegelung und vermeiden einen intensiven Eingriff in die Landschaft. Außerdem nutzen wir das Potenzial der Topografie des Geländes, in dem wir das leichte Gefälle unter unserem Gebäude als natürliche Wasserableitung verwenden.

LÜFTUNG
Ein hybrides Lüftungssystem versorgt das Museum mit einem geeigneten Raumklima. In den Ausstellungsräumen wird eine maschinelle Lüftung angeboten. Die Zuluftleitungen werden unter der Bodenplatte entlanggeführt und versorgen die Ausstellungen mit Frischluft. Die Abluft wird zentral abgesaugt und über die beiden Technikschächte vertikal abgeführt. Kleinere Räume werden durch eine manuelle Lüftung versorgt. Durch die vorherrschenden Südwestwinde strömt frische Luft hinein und die warme Luft steigt über den Sog des Kamineffekts im Treppenkern wieder hinaus.

GEBÄUDETEMPERIERUNG
Über in Stampflehm eingelassene Heizleitungen kann das Gebäude mittels der Seewasserwärmepumpe im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden. Dabei nutzt man das Potenzial des Wassers des Cottbuser Ostsees. Zusätzlich kann das Regenwasser der unterirdischen Zisterne im Sommer für eine adiabate Gebäudekühlung verwendet werden. Durch die Befeuchtung der warmen Abluft kühlt diese ab. Diese Temperatursenkung wird mittels eines Wärmetauschers aufgenommen und auf die warme Zuluft übertragen, welche dann zur Kühlung der Ausstellungsräume verwendet werden kann.

Schlagworte

Carboneum, Museum, VDI, klimaneutral, klimapositiv, LCA

Energetische Kennwerte

Energetische Kennwerte

Primärenergie

Umweltthermie (Luft / Wasser)

Solarthermie

 

Sekundärenergie

Windkraft

Energetische Kennwerte

Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")

366,00 kWh/(m²a)

 

Heizenergieverbrauchswert

28,20 kWh/(m²a)

 

Stromverbrauchswert

164,00 kWh/(m²a)

Energiebedarf (Prozentuale Verteilung)

Heizung

27 %

 

Beleuchtung

57 %

 

Lüftung

16 %

Objektdetails

Das Objekt im Internet

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