Architekturobjekte
Nominiert für die Shortlist der Jury 2019 - Nachwuchsarbeiten
Centro Cultural
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TU Berlin, Planen und Bauen, Miriam Rieke
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TU Berlin, Planen und Bauen, Miriam Rieke
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Ecuador
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Sonstige
Anzahl der Vollgeschosse
2-geschossig
Raummaße und Flächen
Nutzfläche
320 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Der Entwurf für das Centro Cultural war Kernaufgabe unserer Masterthesis in Kooperation mit dem gemeinnützigen Verein PASoS e.V. und befindet sich in Südamerika, in der Republik Ecuador. Direkt an der pazifischen Küste liegt die Gemeinde Las Gilces mit knapp 3000 Einwohnern in der Provinz Manabi, die im Jahr 2016 durch ein Erdbeben stark getroffen wurde. Während eines zweimonatigen Aufenthalts in Las Gilces wurden durch partizipative Verfahren die Wünsche und Vorstellungen der Dorfbewohner aufgenommen und analysiert. Ergebnis war der Bedarf nach einem Ort, insbesondere für Frauen und Kinder, der als Treffpunkt und sozialer Mittelpunkt des Dorfes fungieren soll. An zentraler Stelle befindet sich das angedachte Grundstück, sowohl die täglichen Wege der Bewohner, der Salzproduzenten zum neuen Produktionszentrum, als auch die der Wochenendtouristen führen unweigerlich daran vorbei.
Entwurfsfaktoren:
- Erdbebensicheres Bauen mit nachhaltigen und lokalen Materialien
- Klimagerechtes Bauen - Sonnenschutz und Ventilation
- Architektur - Auffällige, identitätsbildende Erscheinung
- Begegnungsort - vielseitige Aufenthaltsmöglichkeiten für sozialen Austausch
Erscheinungsbild und Nutzungen
Der Entwurf gliedert sich in zwei Baukörper, die durch ihre Verschiebung zwei qualitativ unterschiedliche Plätze aufspannen. Zur Straße hin gestaltet sich das Centro Cultural sehr einladend. Ein Erschließungssteg holt die Besucher direkt vom Straßenniveau aus ab und eine große Sitztreppe läd ein zum Verweilen und zum Austausch. Die Brücke ist verbindendes Element zwischen den beiden Baukörpern.
Der nach hinten versetzte Baukörper bespielt mit seinem großen Gemeinschaftsraum einen privaten, von der Straße abgewandten Platz. Hier sind Nutzungen vorgesehen, die in geschützterem Rahmen stattfinden, wie z.B. die in Ecuador sehr beliebte Tanztherapie und weitere Kursangebote.
Insgesamt zeichnet sich das Centro Cultural durch seine Multifunktionalität aus. Es soll Raum bieten für diverse Nutzungssituationen im Alltag: Kindern einen Aufenthaltsort nach der Schule geben, Frauen die Möglichkeit Zusammenzukommen zum Austausch und zur Weiterbildung, Aufnahme von Freiwilligen, Informationen für Touristen, sowie Veranstaltungsort für größere Feste und einen Markt am Wochenende.
Die regionalen Produkte (Reis, Fisch, Obst- und Gemüseanbau), die von vielen Familien produziert werden, werden auf Märkten in den nächstgrößeren Städten angeboten. Die Bewohner kaufen sich ihre Produkte auf diesen Märkten, ohne dass ein direkter Austausch im Dorf stattfindet. Dieser Kreislauf soll durch den Markt am Wochenende im neuen Centro Cultural vereinfacht werden.
Die Tradition der Aufnahme von Freiwilligen in der Dorfgemeinschaft wird fortgesetzt und ebenfalls in das Gebäude integriert. Zwei Schlafräume bieten ausreichend Platz für die Unterbringung der Freiwilligen und können im Centro Cultural direkt in die sozialen Aktivitäten mit einbezogen werden.
Besonders für Frauen ist es wichtig, einen Ort zum Austausch zu bekommen. Die einzigen sozialen Schnittpunkte in Las Gilces sind der Sportplatz und die Bar, welche stark von den männlichen Dorfbewohnern dominiert werden.
Für die Kinder des Dorfes gibt es zur Zeit außerhalb des Schulbetriebs keine weiteren Angebote. Mit dem Centro Cultural entsteht durch seinen verspielten Charakter und seine frei bespielbaren Räume ein für Kinder und Jugendliche attraktiver Treffpunkt.
Touristen bietet es zusätzlich einen Informationspunkt für Veranstaltungen und Angebote in der Region. Besonders die Lage direkt am Meer und die Artenvielfalt in den Mangrovenwäldern sind Anziehungspunkte für den Tourismus.
Beschreibung der Besonderheiten
Das Projekt basiert auf der Zusammenarbeit von PASoS e.V., der vor Ort ansässigen NGO Fides und der Gemeinde Las Gilces.
Im Rahmen unserer Masterthesis haben wir zwei Monate in Ecuador verbracht, um uns mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen. Unser partizipativer Ansatz beinhaltete das Kennenlernen und Miterleben des Nutzeralltags, Umfragen zu den Bedürfnissen, Mängeln und Wünschen, eine genaue Kartierung und Bestandsaufnahme der Gegebenheiten im Dorf sowie der Umgebung. Durch die Unterbringung in der Familie des Präsidenten hatten wir die Gelegenheit, den Alltag und viele aktuelle Themen im Dorf aus nächster Nähe mitzuerleben.
Zurück in Deutschland begann die Auswertung der gesammelten Informationen und das Erarbeiten eines Konzeptes für ein architektonisches Projekt. Um die Wünsche der zukünftigen Nutzer auch im Entwurfsprozess zu berücksichtigen, wurde in regelmäßigen Abständen über Skype und über Facebook die Meinung der Bewohner von Las Gilces eingeholt und diskutiert.
Materialität und Erdbebensicherheit
Die Bewohner der Küste Ecuadors leben in ständiger Gefahr durch Erdbeben. Westlich der Küste verläuft der sogenannte Pazifische Feuerring, an dessen Stelle sich die Nazca-Platte unter die Südamerikanische Platte schiebt und immer wieder starke Erdbeben verursacht. Zuletzt gab es im Jahr 2016 ein schwerwiegendes Erdbeben, das eine der Mitbegründerinnen von PASoS e.V. miterlebte und das Dorf Las Gilces schwer traf.
Laut offiziellen Angaben wurden durch die Auswirkungen des Erdbebens 663 Personen getötet und über 6000 verletzt. Nahezu 7000 Gebäude wurden vollständig zerstört und weitere 2700 stark beeinträchtigt.
Aus diesem Grund ist das erdbebensichere Bauen ein zentrales Thema in unserem Entwurf und beeinflusste Entscheidungen zur Konstruktionsweise und Materialität.
Bei einem einwöchigen Bambusworkshop vor Ort hatten wir bereits die Möglichkeit praktische Erfahrungen mit diesem besonderen lokalen Baustoff zu sammeln und die materialgerechte Anwendungsweise zu erlernen.
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