Nominiert für die Shortlist der Jury 2023
Denkmalpflegerische Sanierung und Umbau zum Amts-, Nachlass- und Betreuungsgericht
72072 Tübingen, Schellingstraße 9
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Dannien Roller Architekten + Partner PArtG mbB
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Schellingstraße 9, 72072 Tübingen, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Umbau
Fertigstellungstermin
06.2021
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Bauweise
Stahlbetonbau
Tragwerkskonstruktion
Stahlbeton
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
8.261 m³
Bruttogrundfläche
2.211 m²
Nutzfläche
1.279 m²
Kosten
Veranschlagte Rohbaukosten des Bauwerks
5.100.000 Euro
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
6.275.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Der Umbau eines denkmalgeschützten Militärbau zum Amtsgericht Tübingen
Der 2018 bis 2021 stattfindende Umbau des 1907 errichteten Kammergebäudes der Thiepvalkaserne in der Schellingstrasse 9-11 ist Beispiel für einen zeitgemäß respektvollen Umgang mit historischer Bausubstanz. Ein wahrer Balanceakt wurde von den Architekten erbracht zwischen Militärhistorie mit seinem Machtanspruch, den funktionalen und symbolischen Anforderungen an einen Ort der unabhängigen Rechtsprechung und dem Wunsch der Denkmalpflege, auf starke Inszenierung des Neuen zu verzichten.
Im Zuge der Notariatsreform entsteht 2017 der Entschluss, für das Amtsgericht in dem landeseigenen Gebäude das Nachlass-, Betreuungs- und Insolvenzgericht unterzubringen.
Das dreigeschossige Kammergebäude, ein schlichter Stahlbetonskelettbau mit gemauerten, hell verputzten Außenwänden und Klinkergliederung, ist ungeachtet der politischen Bestrebungen seiner Erbauer von gestalterischer Qualität. Unterschiedlichste Nutzungen im Laufe der Zeit, u.a. als Fahrzeughalle und Wäscherei, führten zur Schädigung der Bausubstanz und erforderten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen. Aus statischen Gründen wurden die Fundamente ausgetauscht, die neue Bodenplatte tiefer gelegt, sowie die Decke über dem Erdgeschoss entfernt. Umfangreiche Abfangmaßnahmen waren nötig. Die Nutzung als öffentliches Verwaltungsgebäude erforderte die Ertüchtigung des Brandschutzes.
Barrierefrei erschlossen wird das Amtsgericht von der Schellingstraße über zwei historische Torbögen. Die Garagentore auf der Rückseite des Gebäudes wurden geöffnet und versorgen die Gerichtssäle und Besprechungsräume mit Licht und Transparenz. Als Reminiszenz an die Holztore sind die Glasscheiben in der Tiefe versetzt angeordnet. Der lebhafte Spiegeleffekt des ein- und ausfallenden Lichtes verleiht dem Erdgeschoß bewegte Bildhaftigkeit. Die Kubatur des Baus respektierend, wird der Windfang als Holz-Glas-Konstruktion ins Innere gezogen. Das großzügige Foyer ist von unprätentiöser und doch würdiger Gestaltung, das Selbstverständnis der Institution Amtsgericht zum Ausdruck bringend, weg von einer bedrückenden Atmosphäre des Verurteilens, hin zu einer unabhängigen Rechtsprechung.
Die neu eingebrachte Stahlbetondecke, dem Ausdruck der abgebrochenen Plattenbalkendecke der Fahrzeughalle verhaftet, ist im Eingang und in den Gerichtssälen als Konstruktion sichtbar. Rau verputzte Wände in warmem Hellgrau sowie der helle, geschliffene Sichtestrich erzeugen räumliche Tiefe und stehen in harmonischem Kontrast zum hellen Eichenholz der Raummöblierung. Dynamik erzeugen neun Stahlbetonstützen vor den Gerichtsräumen. Die sechseckig asymmetrischen Pfeiler, der Beton gestockt auf einer Seitenfläche, erwecken Assoziationen an die Rauheit des früheren Zweckbaus. Das subtile Spielen mit Materialien und Oberflächen erzeugt Ordnung, Klarheit und Transparenz und verleiht den Räumlichkeiten Würde.
Die internen Arbeitsräume für Richter und Mitarbeiter sowie die Registraturen sind in den zwei Obergeschossen und dem Dachgeschoss untergebracht. Der Umbau der oberen Etagen bewahrt und aktiviert das Bestehende. Neues in Material, Formensprache und Konstruktion wird hinzugefügt, die vorgegebene räumliche Qualität aufgreifend. Die Arbeitsatmosphäre wird begleitet von klaren Formen und ästhetischer Reduktion. Das warme Hellgrau der Wände korrespondiert mit dem Grün-Grau der Holzfenster. In freigelegten, gerundeten Laibungen ruhend, gewähren sie inszeniert wirkenden, großzügigen Lichteinfall. Hervorzuheben sind die als „Raum im Raum“ zentral angesiedelten Begegnungsinseln mit Küchenzeile für die Mitarbeiter.
Als Zeichen der neuen Identität des Gebäudes ruhen wie selbstverständlich über dem Eingang die Mahlau Buchstaben „Amtsgericht“. Schlank und von zeitloser Eleganz geht der metallene Schriftzug mit der Architektur eine kongeniale Synthese ein, ist Informationsträger und skulpturales Fassadenornament zugleich.
Beschreibung der Besonderheiten
Um eine Fülle von Licht ins Innere zu holen und es einladend und offen zu gestalten, ersetzten die Architekten die ehemaligen hölzernen Garagentore auf der Gebäuderückseite durch Verglasungen. So versorgen die fast raumhohen Glasflächen nicht nur die Gerichtssäle und Besprechungsräume mit Tageslicht, sondern auch das Foyer – über die transluzenten Trennwände, die es als weiches Streulicht weiterleiten. Sie sind ausreichend blickdicht, um die Privatsphäre während der Verhandlungen zu wahren, und schotten doch die Räume nicht ab. Die offene, helle Atmosphäre und der unprätentiöse und zugleich selbstbewusste Charakter des Hauses stehen für das Selbstverständnis der Institution.
Nachhaltigkeit
Auszeichnungen
Best Workspaces Award 2023, Auszeichnung
BLT Build Design Award 2022, Winner
Architecture MasterPrize 2022, Winner
Iconic Awards 2022- Winner
C-IDEA DESIGN AWARD 2022, Bronze Award
German Design Award 2023, Nominierung
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Fernwärme
Sekundärenergie
Fernwärme
Objektdetails
Gebäudespezifische Merkmale
Anzahl Arbeitsplätze
66
Anzahl Sitzplätze
68
Das Objekt im Internet
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