Architekturobjekte
Deutsches Auswandererhaus, Bremerhaven
27568 Bremerhaven, Columbusstraße 65
Mit freundlicher Unterstützung von GROHE
Mit freundlicher Unterstützung von GROHE
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Columbusstraße 65, 27568 Bremerhaven, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
08.2005
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Raummaße und Flächen
Bruttogrundfläche
4.200 m²
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Herr Heller, Sie haben einen außergewöhnlichen Museumsbau in Bremerhaven realisiert. Wie lautete die Bauaufgabe?
An einem historischen Ort, dem größten europäischen Auswandererhafen, ein modernes, funktionales, dem Thema angemessenes Museum zu planen.
Des Weiteren bestand der Wunsch, einen Bildungsauftrag zu erfüllen, um das Thema Migration einem breiten Publikum näher zu bringen.
Welche Bedeutung hat das Spiel der Formen und Materialien in der äußeren Gestaltung?
Die weiche, in Sichtbeton ausgeführte Form des Sockelgeschosses mit den aufragenden Schwingen steht gleichsam für die Sehnsucht der Menschen. Die Schwingen, die sich gen Himmel strecken, symbolisieren in erster Linie die Tücher, mit denen beim Abschied an der Kaje gewunken wurde. Die kantige kastenförmige Kubatur der Obergeschosse steht für die harten, oft schicksalhaften Einschnitte innerhalb eines Lebensweges. Die Holzlamellen erinnern zudem auch an Schiffsbau und Decksplanken.
Wie haben Sie das Thema Migration, damals und heute, im Museumskonzept behandelt?
Die Ausstellung gliedert sich in drei Bereiche:
1. Die sehr stark inszenierten Stationen der historischen Auswanderung;
2. Das Forum Migration, in dem aktuelle Fragen der Migration thematisiert werden und Besucher nach ausgewanderten Vorfahren recherchieren können;
3. Der Sonderausstellungsbereich, in dem regelmäßige Ausstellungen vorrangig zu Themen der Migration heute gezeigt werden können.
Wir haben versucht, den Besuchern einen Brückenschlag zwischen historischer und aktueller Migration zu ermöglichen: Sie begleiten einen historischen Auswanderer auf seinem Lebensweg in die Neue Welt. Die Anteilnahme an einem persönlichen Schicksal bewegt unsere Museumsbesucher sehr. Vom historischen Einzelschicksal kann auf allgemeine, aktuelle Aspekte von Migration geschlossen werden.
Wie haben Sie es geschafft, Momente des Abschieds und des Neuanfangs im Ausstellungskonzept festzuhalten?
Bei der Inszenierung des Schlüsselraumes „Abschied an der Kaje“ haben wir uns von der ästhetischen Welt der Fellini-Filme inspirieren lassen. Unterstrichen werden besonders die emotionalen Stationen der Auswanderung durch ein aufwendiges Sound-Design.
Ein besonderes Medium sind die von uns selber produzierten Filmdokumentationen über Auswanderer und ihre Nachfahren. Bisher haben wir zwei Kurzfilme produziert, die in unserem Museumskino „Ocean Cinema” im Wechsel laufen.
Das Kino ist in Anlehnung an die Bordkinos der großen Passagierdampfschiffe der 1920er Jahre gebaut. Während der eine Film in den USA gedreht wurde, spielt der andere in Argentinien. Für die Protagonisten spielt ihr eigener Neuanfang oder derjenige ihrer Vorfahren in ihren Wertevorstellungen eine zentrale Rolle. Und alle spüren Sehnsucht nach Deutschland, die alte Heimat, und wissen um die Schwere des Abschieds.
Das Museum wurde am authentischen Standort Alter/Neuer Hafen erbaut. Durch welche (gestalterischen) Maßnahmen soll der Besucher das Gefühl bekommen, selbst auszuwandern?
Ein Art überhöhter Realismus bildet die Grundlage für die Gestaltung, wobei die Betonung auf „überhöht“ liegt. Fast unmerkliche, das Gleichgewicht irritierende Elemente unterstreichen die Wirkung auf die Besucher. Der Wechsel zwischen großen und sehr engen Räumen schafft ein authentisches Erlebnis: Die Besucher werden so Teil der Inszenierung. Inhaltlich wird der Besucher durch die Begleitung des historischen Auswanderers miteinbezogen. Und er muss selbst agieren: Am Ende der Reise gibt es beispielsweise den Raum „Ellis Island”, in dem der Besucher dieselben Fragen beantwortet, die auch dem historischen Auswanderer gestellt wurden. So bekommt der Besucher durch das Zusammenspiel von Inhalt und Form das Gefühl von Authentizität. Das als Solitär – bewusst in moderner Sprache – gebaute Gebäude unterstreicht die Einzigartigkeit des Orte.
Das Deutsche Auswandererhaus erhielt den European Museum of the Year Award 2007. Was haben Sie empfunden als Sie von dieser Auszeichnung erfuhren?
Riesige Freude und im Nachhinein für alle am Projekt Beteiligten eine wunderbare Belohnung für die ungeheuere Kraftanstrengung, das Deutsche Auswandererhaus nach einer drei-jährigen Planung von der Grundsteinlegung bis zur Eröffnung in zehn Monaten realisiert zu haben. Besonders geehrt waren wir, dass dieser Preis nach elf Jahren zum ersten Mal wieder nach Deutschland kam.
Öffentliche Sanitärbereiche werden in vielen Bauvorhaben dieser Art sehr pragmatisch ausgestattet. Die Gestaltung spielt oft eine untergeordnete Rolle. Wie sind Sie im Auswandererhaus mit diesem Thema umgegangen?
Wir haben versucht, innerhalb des Budgets trotzdem alle Innentrenntüren hochwertig auszuführen. Unterstützt wird die Atmosphäre des gesamten Hauses auch auf den WC-Anlagen durch eine speziell für diese Örtlichkeiten produzierte Soundcollage.
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