Nominiert für die Shortlist der Jury 2023 - Nachwuchsarbeiten
Dokumentationszentrum Welzow-Süd _ Giganten im Wandel der Zeit
03119 Welzow, Tagebau Welzow-Süd
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Braunschweig, Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften, Gesa Teichert
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Tagebau Welzow-Süd, 03119 Welzow, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
03.2023
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Gebäudedaten
Bauweise
Mauerwerksbau
Tragwerkskonstruktion
Ziegelmauerwerk
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttogrundfläche
3.495 m²
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Es entsteht ein Dokumentationszentrum, welches den Wandel der Landschaft festhält und Besuchern einen Einblick in die Auswirkungen des Tagebaus gibt. Das Zentrum wird in zwei Entwicklungsphasen geplant, welche sich an der Verfügbarkeit der vorhandenen Materialien orientieren. Dabei steht zunächst der seit 2006 bergbaubedingt umgesiedelte und verlassene Ort Alt-Haidemühl im Vordergrund. Die noch verbleibenden, überwiegend aus Ziegelsteinen gebauten Gebäude werden im Laufe der nächsten Jahre dem Tagebau zum Opfer fallen. Damit die Ressource Ziegelstein noch eine lokale Wiederverwendung findet, wird der erste Baukörper des Zentrums in recyceltem Vollmauerwerk errichtet. Sobald der Kohleabbau spätestens im Jahr 2038 eingestellt wird, stellt sich die Frage nach dem Verbleib der gigantischen Tagebaubagger. Aufgrund deren Abmessungen können selbst die Einzelteile nur über kurze Distanzen transportiert werden. Deshalb werden in der zweiten Entwicklungsphase einzelne Stahlelemente der Bagger an den Mauerwerkskörper angegliedert und ermöglichen eine Nutzungserweiterung des Zentrums.
Funktional zeichnet das Dokumentationszentrum zunächst durch großzügige Ausstellungsflächen und Räume zur Fort- und Weiterbildung in Form von Seminar-, Archiv – und Vorlesungsräumen aus. Dabei dient das Foyer zur Adressierung der Besucher, welche den öffentlichen Teil besichtigen und den Mitarbeitenden, welche im Verwaltungstrakt ihren Arbeitsplatz finden.
Anschließend werden drei Baggerteile ergänzt. Dabei entsteht zum einen eine Aussichtsplattform, welche neben den gezielten Ausblicken aus dem Mauerwerkskörper die Möglichkeit bietet, den Blick in der neu entstehenden Landschaft schweifen zu lassen. Die Erschließung erfolgt über eine Treppenskulptur mit Plateaus zum Verweilen, welche am Ende des Weges mit einer Sitztreppe mit Blick zur Tagebaufläche endet.
Da die Region seit Generationen von der Energieerzeugung geprägt ist, sollen auch in Zukunft Themen wie Energieerzeugung und -speicherung relevant bleiben. Deshalb bildet ein weiteres Stahlelement die Grundlage für ein angegliedertes Forschungszentrum. In diesem haben Forscherteams die Möglichkeit, im unterirdischen Teil mithilfe von Windkanälen an der Energieerzeugung durch Windkraft-Module zu arbeiten, welche analog zu PV-Modulen auch im kleinen Maßstab an Privathäusern Energie erzeugen könnten. Die Forschungsergebnisse werden im öffentlichen Teil in einem Forschungspfad ausgestellt. Dazu werden sowohl künstlerische Installationen gezeigt, welche die mit dem Wind verbundene Energie visualisieren als auch die Prototypen der Forschungsgruppen.
Das letzte Baggerteil in einen Energieturm transformiert. Der Turm soll als kinetischer Energiespeicher, in der Funktionsweise ähnlich wie ein Wasserkraftwerk, überschüssige selbst erzeugte Energie sowie Energie der umliegenden Windräder speichern. Dazu wird ein Betonblock bei Überschuss mit einem Elektromotor nach oben gezogen, sodass bei Mangel durch einen Generator wieder Energie erzeugt werden kann, sobald der Block nach unten gefahren wird.
Beschreibung der Besonderheiten
Um zum Dokumentationszentrum zu gelangen, muss ein 300 m langer Waldweg passiert werden. Danach öffnet sich der Blick auf eine etwa 30 Hektar große Wiesenfläche. Durch den zurückgesetzten Versprung an der Überschneidung der beiden Mauerwerksvolumen wird eine Eingangsgeste zum Dokumentationszentrum geschaffen. Von dort aus gelangen die Besucher*innen zu dem zentral gelegenen Foyer. Die Mitarbeitenden und Gäste der Verwaltung werden über eine Treppe in die erste Etage des Verwaltungstraktes geleitet. Dort befinden sich Co-Working-Zonen mit einer gemeinsamen Sitzecke sowie eine Galerieebene, von der aus das Geschehen im Zentrum beobachtet werden kann.
Zur Besichtigung stehen großzügige Ausstellungsflächen zur Verfügung, welche über die Erdgeschossebene sowie in den oberen Etagen der linken Hälfte des Gebäudes verteilt sind. Die Ebenen in den oberen Etagen sind mit Spanplatten konstruiert, sodass je nach Kurator auch wechselnde Anordnungen der Räume denkbar sind. Zum Umbau der Ausstellung und zur Zwischenlagerung von wiederverwendeten Bauteilen ist im Erdgeschoss ein Materiallager sowie eine Werkstatt angeordnet. Als ergänzender Teil der Ausstellung stehen Bereiche für die Fortbildung zum Thema Bergbaufolgelandschaften und nachhaltige Energien in Form von Seminar-, Vorlesungs- und Archivräumen bereit. Neben dem Vorlesungssaal ist der Zugang zum Energiespeicher angeordnet, um die vermittelten Informationen auch in der Umsetzung veranschaulichen zu können. Als gastronomisches Angebot befindet sich in der zweiten Etage ein kleines Café, welches mit Sitzbereichen im Außen- und auf zwei Etagen im Innenraum ausgestattet ist.
Bei der konstruktiven Ausarbeitung des Projektes steht materialgerechtes Bauen im Vordergrund. Dazu wird aufgrund der Menge der vorhandenen Ziegelsteine durch eine Wandstärke von 1,00 m auf die Dämmung verzichtet. Die Öffnungen werden mit den vorfindbaren Stahlträgern als Sturz realisiert. Auch im Innenraum dienen Stahlträger als Unterkonstruktion für die Decken. Diese werden mit Schafwolle gefüllt, um den Schallschutzanforderungen gerecht zu werden. Das Dach ist in Form eines Tonnengewölbes vorgesehen, welches wiederum auf Stahlträgern lagert, um die weit spannenden Lufträume zu realisieren.
Das äußere Erscheinungsbild ist von der Verwendung der recycelten Ziegelsteine geprägt. Da nur begrenzte Mengen des selben Steines vorhanden sind, bilden sich verschiedenfarbige Schichten, welche jeder Fassade eine eigene Identität verleihen. Dabei können die zurückspringenden Flächen in den Reliefs durch künstlerische Aufarbeitungen der mit Graffiti besprühten Steine sowie durch gezielte Fügung von unterschiedlichen Steinen gestaltet werden.
Nachhaltigkeit
Für die Aufstellung der Bilanz der eingesparten Grauen Energie im Entwurf wurde zunächst auf Basis einer Analyse der Rohstoffe aus Alt-Haidemühl eine Massenschätzung vorgenommen. Dabei liegt der Fokus auf den tragenden Baustoffen, den Ziegelsteinen und den Stahlträgern. Die Schätzung der vorhandenen Ziegelsteine beruht auf einer Vermessung der entsprechenden Gebäude bei Google Earth und der Berechnung des Wandvolumens mit 24 cm Stärke. Die Anzahl der 12,50 m langen Stahlträger konnte anhand des Rahmentragwerks in den zwei Hallen genau abgezählt werden. Durch die Berechnungen soll eine Gegenüberstellung der CO2-Emissionen von Szenario 1, der Nutzung von neu hergestellten Materialien, und Szenario 2, der Wiederverwendung der vorhandenen Baustoffe und der ergänzenden Verwendung von neuen Teilen, gezeigt werden. Dazu werden die Parameter des Globalen Erwärmungspotenzials (GWP) in kg CO2-Äquivalent, welche aus den ÖKOBAUDAT-Datensätzen des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hervorgehen, verwendet. Vereinfachter Weise werden nur die Emissionen im Herstellungsverfahren betrachtet, da der Energieaufwand zum Transport und Einbau im Gebäude sowohl bei der Verwendung von neuen Bauteilen als auch dem Recyclingverfahren anfallen würde. (Die Berechnungen im Detail finden sich in der PDF „CO2-Bilanz“)
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Geothermie
Sekundärenergie
Windkraft
Weitere Dokumente zum Objekt
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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