Architekturobjekt 9 von 208
Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten

Architekturobjekte

Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten


Forest & Phoenix

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TU Berlin, Institut für Architektur, Vera Kellmann

Innenraumperspektive Mittelpunkt Waldbrandkompetenzzentrum - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Außenraumperspektive Kompetenzbereich Forst - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Innenraumperspektive Kompetenzbereich Feuerwehr - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Außenraumperspektive Kompetenzbereich Wissenschaft - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Wimmelbild zur visuellen Vermittlung der Recherche - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Booklet Recherche - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Waldbrandstatistik - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Fahrradtour Stadtwald Beelitz - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Wund- und Schutzstreifensystem zur Waldbrandprävention - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Riegelsystem zur Waldbrandprävention - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Besuch Feuerwehrtechnisches Zentrum Beelitz-Heilstätten - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Löschwasserentnahmestellen Brandenburg - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Waldbrandfläche 2018 - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Waldbrandfläche 2022 - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Auszug Booklet Recherche, Waldbrandfläche 2022 - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Materialproben Yakisugi (links) und Baumrinde von der Waldbrandfläche 2022 (rechts) - Forest & Phoenix

© Carolina von Hammerstein, Vera Kellmann

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TU Berlin, Institut für Architektur, Vera Kellmann

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

06.2024

Gebäudedaten

Bauweise

Holzbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Beschreibung

Objektbeschreibung

Die zunehmende Präsenz von Waldbränden sowohl weltweit als auch speziell in Brandenburg lenkt den Fokus auf die anhaltenden Herausforderungen bezüglich des Phänomens. Brandenburg wird als das waldbrandgefährdetste Bundesland Deutschlands identifiziert, was die Notwendigkeit verstärkt, sich intensiv mit den Auswirkungen und präventiven Maßnahmen vor Ort auseinanderzusetzen. Die demographischen, sozio-ökonomischen und damit einhergehenden ökologischen und klimatischen Veränderungen haben neue Umweltbedingungen geschaffen und darüber hinaus die Beziehung zwischen Mensch und Natur beeinflusst. Das Verständnis dieser Veränderungen, zur Entwicklung dringlich erforderlicher Maßnahmen, erfordert in diesem Kontext eine multidisziplinäre Betrachtung.

Waldbrände wirken nicht nur als destruktive Kräfte, sondern verändern die Natur und gestalten sie auf unvorhersehbare Weise. Landschaften im Zeitalter des Anthropozäns werden von Menschen, ökologischen Prozessen, Wirtschaft und Politik geformt. Waldbrände sind nicht allein das Ergebnis von nicht angepassten Prozessen an aktuelle klimatische Veränderungen. Vielmehr bedarf es einer Betrachtung von Abhängigkeiten zwischen territorialen und sozialen Veränderungen im Laufe der Zeit, die dieses Phänomen begünstigen.
Die Bewältigung der Krise dieses dynamischen Prozesses setzt daher eine Betrachtung der Wahrnehmung voraus, was Feuer ist und wie es zu ökologischen, produktiven und kulturellen Bereichen beitragen kann. Anstatt das Feuer zu dämonisieren findet in dieser Arbeit eine kritische Auseinandersetzung über die Beziehung zwischen Mensch und Feuer in ihrer symbolischen, mythischen, destruktiven und revitalisierenden Bedeutung statt. Gleichzeitig wird auch die Bedeutung des Waldes in diesem Zusammenhang analysiert. Die Vorstellung und Assoziationen mit dem Wald stehen im Gegensatz zur eigentlich Realität, in der der Wald zur einer berechenbaren, nutzbaren und produktiven Ressource für den Menschen verformt wurde.

Die räumliche Dimension des Phänomens und die daraus resultierenden Konsequenzen spielen in dieser Arbeit eine zentrale Rolle, da alles, von der Natur bis zur Infrastruktur, aktiv gestaltet wird. Die Frage nach dem ganzheitlichen Denken von Prozessen und Zusammenhängen steht dabei im Raum, insbesondere im Hinblick auf die Sichtbarkeit von Arbeit, Interventionen, Weiterbildung und Aufklärung.
Die Komplexität des Waldes und des Feuers, die Verfügbarkeit und Verteilung von Wasser sowie die Einbeziehung der Gesellschaft erfordern eine ganzheitlichere Herangehensweise, die verschiedene Disziplinen und ExpertInnen mit einbezieht.

Im ersten Teil der Arbeit wird das gesammelte Wissen in einem Buch zusammengefasst und durch analytische Zeichnungen und Diagramme ergänzt. Um parallele Prozesse und verschiedene Zeitlichkeiten sichtbar zu machen, kann das Buch zusammen mit einer Karte gelesen werden, in der das Beschriebene illustriert und im Zusammenhang zueinander gestellt wird.

Das Konzept dieser Arbeit treibt die Idee voran, dass Architektur im 21. Jahrhundert, in Zeiten von gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen, über ihren gestaltenden Charakter hinaus eine inklusive Praxis sein sollte, die verschiedene Formen des Wissens einbezieht.
Durch eine interdisziplinäre Betrachtung können präventive Maßnahmen entwickelt werden, die nicht nur technische Antworten auf die Symptome, sondern auch die zugrunde liegenden Ursachen von Waldbränden adressieren und somit langfristig zu einer nachhaltigen Lösung beitragen. In diesem Zusammenhang erfordern innovative Lösungsansätze verschiedene Infrastrukturen, die gemeinsam wirken. Architektur kann dabei als Vermittler betrachtet werden, um die komplexen Zusammenhänge und Lösungsansätze sichtbar und erfahrbar zu machen. Der architektonische Entwurf widmet sich daher der Entwicklung hybrider Strukturen, die Synergien von scheinbar unabhängigen Prozessen schaffen.

Angesichts der ernsthaften Herausforderung durch die vermehrten Waldbrände im Land Brandenburg plant das Innen- und Forstministerium die Errichtung eines Waldbrandkompetenzzentrums, das als zentraler Knotenpunkt für die koordinierte Zusammenarbeit in der Bewältigung von Waldbränden dienen soll. Dieses Zentrum soll ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen zusammenbringen, um einen regelmäßigen Austausch zu ermöglichen und ganzheitliche Lösungen zu finden. Die aktuelle Planung sieht vor, Büros und Besprechungsräume als Anbau an eine Feuerwehrschule zu integrieren, um eine effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Im Mittelpunkt des Konzeptes für den Entwurf steht die Frage, wie individuelles Wissen in kollektives Wissen transformiert werden kann, da der Umgang mit Waldbränden eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt. Der Entwurf erweitert die Planung des Kompetenzzentrum um eine öffentlichkeitswirksame Ebene, durch die Sichtbarkeit und die Erfahrbarkeit der Arbeit im Zusammenhang mit Waldbränden.

Als Standort für den Entwurf wurde die Stadt Beelitz gewählt, da die Region in den Jahren 2018 und 2022 von verheerenden Waldbränden betroffen war. Diese Ereignisse haben das Bewusstsein für die Dringlichkeit des Themas vor Ort geschärft und die Notwendigkeit innovativer Lösungsansätze unterstrichen. Durch die Einrichtung von Demonstrationsflächen werden in Beelitz bereits innovative und integrative Ansätze zur Prävention und Bekämpfung von Waldbränden erprobt und weiterentwickelt.

Der Wald selbst wird nicht nur als Ort des Geschehens betrachtet, sondern auch als Ausgangspunkt für die architektonischen Interventionen. Bei Spaziergängen durch den Wald wurde eine detaillierte Analyse der Strukturen im Wald erstellt. Die fotografische Gegenüberstellung zeigt auf, wie der Mensch den Wald nicht nur als Ökosystem, sondern auch als kulturellen Raum prägt.
Einerseits gibt es Erholungsarchitekturen, die das poetisches Bild des Waldes widerspiegeln.
Diese Holzkonstruktionen wie Hochsitze, Bänke und kleine Hütten werden durch die Öffentlichkeit genutzt und prägen durch die damit verbundene Erfahrung die Assoziationen vom romantisierten Bild des Waldes.
Andererseits gibt es Infrastrukturen, wie Gastrassen, Fahrradwege oder Hinweisschilder, die sich durch den Wald ziehen. Der Wald wird dadurch als menschengemachter und genutzter Raum erkennbar. Die Materialität unterscheidet sich von den poetischen Waldarchitekturen, da es notwendige Verweise auf Infrastrukturen sind.
Die Interventionen werden als hybride Strukturen entworfen, die sowohl in ihrer Nutzung als auch Konstruktion, Materialität und Gestaltung beide Ebenen vereinen.

Der architektonische Entwurf sieht vor, dass das Waldbrandkompetenzzentrum in mehrere Strukturen aufgeteilt wird. Der Mittelpunkt des Kompetenzzentrums wird in der Stadt Beelitz-Heilstätten geplant. Es soll als zentraler Ort dienen, an dem ein kollektiver Austausch sowohl zwischen den verschiedenen beteiligten Institutionen als auch mit der Öffentlichkeit stattfinden kann. Ziel ist es, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern und das Bewusstsein der Bevölkerung für Waldbrände zu stärken.
Um das Thema Waldbrand in der Stadt sichtbar zu machen, wird die Masse der ungenutzten angeflammten Stämme, von der Waldbrandfläche aus dem Jahr 2022, für die Konstruktion genutzt. Die massiven Holzträger stützen sich auf eine raumhaltige Wand aus vertikalen Stabwänden mit dienenden Funktionen.
Der atmosphärische Raum im Zentrum des Gebäudes verbindet die Verwaltungsräume des Waldbrandkompetenzzenztrums sowie die öffentliche Nutzung des Gebäudes, als multifunktionaler, kultureller Ort für Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und Gemeindeveranstaltungen.

Zusätzlich zu diesem Hauptstandort sind drei weitere Interventionen als Satelliten in den jeweiligen Wirkungszonen im Wald geplant. Jede dieser Interventionen wird von einer spezifischen Institution betreut und ist somit für einen bestimmten Kompetenzbereich im Umgang mit Waldbränden verantwortlich. Dabei werden die unterschiedlichen Architekturen an bestehende oder vorgesehene Infrastrukturen geknüpft.
Der Bereich Forst befasst sich mit präventiven Maßnahmen durch die Implementierung eines Waldbrandriegelsystems. Die Intervention macht durch ihre Dimensionierung nicht nur den Streifen sichtbar, sondern begleitet durch ihr Raumangebot die Arbeit der Pflege des Schutzstreifen, den Waldumbau sowie die spätere Nussproduktion. Die Transformation des Gebäudes wird durch die Nutzung und das damit zusammenhängende Aufklappen der Fassaden sichtbar. Um die Arbeit des Försters erfahrbar zu machen, können beispielsweise Schulklassen oder andere Gruppen an Workshops teilnehmen und auf dem Schlafboden übernachten.

Der Kompetenzbereich der Feuerwehr ist an der Grenze zwischen einem aufgelichtetem Wald und einer Lichtung lokalisiert. Diese funktionale Biodiversität wird genutzt, um Brandversuche und spezifische Ausbildungstage im Umgang mit dem Löschen von Waldbränden zu ermöglichen. Durch das Sammeln von Regenwasser wird ein Wasserspeicher gefüllt, der zur Sicherung der Übungen genutzt werden kann. Das Dach stützt sich auf ein schwimmendes Floß auf, welches als Workshopraum dient. Die Menge des verfügbaren Wassers und des Verbrauches wird so durch das Dach sichtbar gemacht und ermöglicht einen bewussten Umgang mit der Ressource Wasser. Darüber hinaus zeigt das Dach, durch seine Transformation bei Trockenheit, die Waldbrandgefahr analog an. Durch die Veränderung des Wasserpegels verändert sich nicht nur das Dach, sondern auch der Raum im Inneren, wodurch die Veränderung auch räumlich spürbar wird.
Der Bereich der Wissenschaft konzentriert sich auf Nachsorge, Beobachtungen und Forschung auf der Waldbrandfläche aus dem Jahr 2022. Der Turm markiert die Waldbrandfläche und wird in seiner Wahrnehmung über die Zeit, durch die sich ändernde Vegetation, transformiert. Für die Öffentlichkeit windet sich eine Treppe bis zu einer Aussichtsplattform hoch. Der Kern des Turmes durchdringt diese Treppe, um Messgeräte und Kameras an der Fassade zu positionieren. Diese treten durch eine überspitze Form an der Fassade heraus, wodurch die Funktionen sichtbar gemacht werden.

Ein entscheidender Aspekt des architektonischen Entwurfs ist die Sichtbarkeit und Transformation der Gebäude durch verschiedene Parameter wie Nutzung, Zeit und Volumen. Diese Parameter bestimmen maßgeblich das Erscheinungsbild und die Funktionalität der Architektur. Die Hybridität in den Entwürfen und den konstruktiven Details selbst versucht die beiden Ebenen der Poesie und Realität des Lebensraum Wald zu vereinen.
Durch die bewusste Gestaltung der Gebäude wird eine Präsenz im Wald geschaffen, die es Besuchern ermöglicht, die Aktivitäten im Waldbrandkompetenzzentrum zu beobachten und zu erleben. Dies trägt dazu bei, den Entfremdungsprozess zwischen Mensch und Natur entgegenzuwirken und die Besucher zur aktiven Beteiligung und zum Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt zu bewegen.

Beschreibung der Besonderheiten

Ein zentrales Element des Entwurfskonzepts ist die Materialität und Fügung. Insbesondere das Holz, das nach Waldbränden übrig bleibt, wird als wertvolle Ressource betrachtet und soll in den hybriden Strukturen verwendet werden.
Nach Waldbränden werden die verbleibenden Bäume zu großen Teilen gefällt, und das Potenzial der Wertschöpfungskette bleibt weitestgehend ungenutzt. Die angeflammten Stämme werden direkt zur Energiegewinnung verbrannt, ohne dass andere Möglichkeiten der Verwendungen in Betracht gezogen werden.
In den hybriden Strukturen soll getestet werden, inwiefern dieses Holz Verwendung finden kann. Bei der japanischen Technik Yakisugi, die in den Entwürfen Anwendung findet, wird das Holz durch das Feuer selber veredelt, wodurch es widerstandsfähiger gegen Schädlinge, Wasser und Feuer wird. Diese Herangehensweise spiegelt den ganzheitlichen Ansatz des Kompetenzzentrums wider, der darauf abzielt, negative Phänomene in positive Erfahrungen umzuwandeln und nachhaltige Lösungen zu fördern.
Darüber hinaus wird versucht, das angeflammte Holz entweder in seiner aktuellen Form zu verwenden oder durch einfache Schnitte zu zerlegen und den Verschnitt vollständig in den Strukturen zu verarbeiten.
Das Aufzeigen neuer Wertschöpfungsketten und umweltfreundlichen Techniken kann über den Entwurf hinaus als Methode für den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Holz wirksam sein.

Schlagworte

Waldbrand, Waldbrandprävention, Waldbrandbekämpfung, Waldbrandkompetenzzentrum, Multidisziplinäre Ansätze, Interdisziplinäre Arbeit, Architektur als inklusive Praxis, Hybride Infrastrukturen, Holzbau, Yakisugi, Neue Wertschöpfungsketten, Integration der Öffentlichkeit

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