Architekturobjekt 65 von 464

Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2023: Teilnehmer


Forte das Velas - Revitalisierung einer Ruine des 17. Jahrhunderts

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TH OWL, Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur, Leon Konschake

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: TH OWL, Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur, Leon Konschake

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

03.2023

Gebäudedaten

Bauweise

Lehmbau

Tragwerkskonstruktion

Stahlbeton

Anzahl der Vollgeschosse

1-geschossig

Beschreibung

Objektbeschreibung

Am Ende des unbefestigten Weges steht einem plötzlich die kolossale, fensterlose und umdekorierte Natursteinfassade der Festung gegenüber. Lediglich eine besprayte Holztür über dessen Sturz das Portugiesische Wappen thront verrät dem Besucher seine Eingangsposition. Rund um die Ruine herum verläuft ein Weg, zum Meer hin eine niedrige steinerne Brüstung welche vor dem Sturz in den 20 Meter tiefen, felsigen Abgrund ins Meer schützt. Die Architektur der Ruine setzt sich aus drei Baukörpern zusammen. Zwei Kuben, jeweils ca. 6 Meter hoch und ein dritter, niedrigerer, massiver Block formen das Konstrukt und schaffen einen Patio im Eingangsbereich. Diese simple Typologie und deren Proportionen ergeben eine ästhetisch ansehnliche Komposition und erfüllen ohne jegliche Komplexität ihre Funktionen. Die beiden Hohlräume dienten den Militärs, die die Festung bewohnten, als Rückzugsort, Schlafplatz, vermutlich Munitions - & Nahrungslager inklusive Feuerstelle und Kaminschacht. Der Patio bietet windgeschützte Aufenthaltsfläche im Außenbereich und beherbergt eine unterirdische Zisterne, welches das Regenwasser auffängt und speichert. Vom Patio gelangt man über eine kleine Treppe auf die sogenannte Batterie, die Plattform auf der die sieben Kanonen standen - ausgerichtet auf die feindlichen Schiffe auf dem Atlantik. Für diesen Zweck sind in die Brüstungsmauer sieben große Schießscharten eingelassen, welche dem simplen Baukörper einen optischen Kontrast, eine Lebendigkeit verleihen. Der rein statische Zustand der Festung ist solide, die Gewölbe der Innenräume wurden nachträglich mit Beton verstärkt. Salzhaltige Luft, starke Winde und gleißende Sonne setzen der Ruine von außen allerdings fortgehend zu. Der Mörtel, der die Steine verbindet wird porös und auch einzelne Steine haben der Witterung nicht stand gehalten und zerfallen. Die sinnliche Form und die außergewöhnliche Lage bleiben jedoch unantastbar, darin liegt ihr Potenzial. Die Ruine wurde durch das Dekret Nr. 129 vom 29. September 1977 als Eigentum von öffentlichem Interesse eingestuft und seit 2016 beabsichtigt die zuständige Behörde, das Gebäude über eine Erbpacht an private Investoren zu vergeben, die sich zur Sanierung, Erhaltung und Konservierung verpflichten.




Die Idee dieser Thesis entspringt der Idee, dass Architekten als Autoren der gebauten Umwelt agieren sollten, statt auf Aufträge zu warten die sie in die Position des ewigen Beraters begeben. Genau wie Orte oder Gebäude lassen sich auch Klienten und Bauaufgaben entwerfen, welche im besten Fall aus urbanen Problemsituationen oder gesellschaftlichen Misszuständen entstehen. Geht man als Person mit gesunden Menschenverstand durch unsere gebaute Umwelt, erkennt man oft eine Realität, die der Natur an sich und die der Menschen widerspricht. Diese Realität und damit Menschenleben zu verbessern, steht in der Macht von Gestaltern und Planern die mutig und ambitioniert genug sind diese Probleme zu Bauaufgaben zu formen und schließlich in Form von Architekturen zu lösen. Anstatt jedoch unmittelbar mit einer architektonischen Typologie an die Problematik heranzutreten empfiehlt es sich, sofern wie möglich von der Architektur zu beginnen. Die Lösung soll immerhin der gesamten Gesellschaft dienen, daher muss mit der lokalen Gemeinschaft gedacht und gearbeitet werden. Mit welchen Themen kann sich jeder Mensch identifizieren und nicht nur eine Handvoll Architekten in schwarzer Tracht und Hornbrille ? Diese Herangehensweise langt nicht nach Antworten, sondern nach den richtigen Fragen an die Betroffenen. Was sind die Probleme, wonach sehnt man sich und was wird gebraucht ? Daraus ergibt sich eine breite Anhäufung von Sorgen, Problemen, Wünschen und Hoffnungen - eine Kombination verschiedenster soziokultureller Themen - ein komplexes Konstrukt. Um dieses komplexe Konstrukt zu lösen und zu vereinfachen bedarf es der Synthese all dieser verschiedener Aspekte.



Um der Situation die Komplexität zu nehmen und Besucher möglichst sinnvoll durch die kulturelle Landschaft zu führen wird intensiv mit dem Element des Wassers gearbeitet. Vom Empfangsgebäude aus, wo das Regenwasser in einer Zisterne gespreichert wird, fließen Wasserkanäle entlang der Skulpturen durch die Landschaft und verbinden die einzelnen architektonischen Elemente miteinander.

Am höchsten Punkt, östlich der Ruine füllt sich bei Regen eine unterirdische Zisterne des neuen Empfangsgebäudes. Dieses liegt ankommend kaum sichtbar in die Topographie eingebettet und dient als Orientierungspunkt und infrastrukturelle Instanz für Besucher. Neben Informationen und den nötigsten Annehmlichkeiten findet der Besucher in einem Wasserspiegel im Innenhof die erste Skulptur vor, welche den Regen förmlich empfängt und durch einen Kanal entlang der Topographie zu den nächsten Attraktionen leitet.

Den Stufen hinunter wie eine Kaskade geleitet das Wasser den Besucher entlang mehrerer Skulpturen zum zentralen Punkt in der Landschaft wo es sich vorerst in einem großen Becken sammelt. Dieser Zentrale Punkt ist die Wegachse zwischen mehreren verlockenden Optionen. Folgt man den ‚Wegen des Wassers‘ nach Norden taucht man über eine Rampe ab in die Poolanlage, welche sich zwischen zwei Klippen befindet. Versöhnt durch kurze Blicke aufs weite Meer unterbrechen einzelne Blöcke mit Duschen oder Umkleiden die Sicht bevor man in einer dunklen Kammer die nächste Skulptur entdeckt. Durch Einschnitte in der Decke wird die Skulptur beleuchtet und das Wasser fließt unter ihr hindurch in Richtung Meer. Sich windend durch die Räume und Treppen, über Becken und Badeplattformen gelangt das Wasser schließlich zum ersten Mal zurück ins Meer. Besser gesagt in den Natur-Pool, welcher dank massiver Wände einen sicheren Ort zum baden mitten zwischen den steilen Klippen ermöglicht.


Entscheidet man sich den ‚Wegen des Wassers’ nach Westen, also richtung Meer zu folgen, findet man sich kurze Zeit später in einem halb-unterirdischen Gang wieder, welcher am Ende der Klippe kolossal aus dem Felsen hervorragt. Diese Architektur dient als Observatorium aufs Meer, ein Ort der Reflexion und Meditation, ein Ort für die Seele.


Vom zentralen Platz führen zwei mögliche Wege nördlich entlang. Der überirdische Weg führt den Besucher zur Ruine. Diese wird sorgfältig instand gesetzt und dient einer Gemeinschaft aus lokalen Natur -und Ozean-Begeisterten als Rückzugsort dienen. Sie ist öffentlich begehbar, informiert Besucher über die Historie und dient mit Outdoor-Küche, Sonnendeck und den nötigsten Mobiliar aus Naturstein als Austragungsstätte für soziale Events oder sinnliche Abende. Fischer und Surfer finden in den Gewölben Platz für Equipment, eine Notunterkunft und medizinische Versorgung.


Der letzte Wasserweg führt den Besucher unterhalb der Ruine. Der Unterirdische Gang präsentiert eine Skulptur und endet in einer sakralen Höhle. Diese Höhle ist sicherer Ausgangspunkt für die Fischer und leitet die Wege des Wassers schließlich zurück ins Meer und schließt den natürlichen Kreislauf. Außerdem wird hier ein Boot beherbergt mit dem die letzte Skulptur erreichbar gemacht wird.


Die ‚Wege des Wassers’ führen den Besucher nun raus aufs offene Meer. Durch die Subtraktion des Natursteins aus der Klippe kann die Ressource an anderer Stelle wiederverwendet werden. Sie wird 100 Meter raus in den Atlantik gezogen und dient der Beherbergung der Energieversorgung und der letzten Skulptur auf dem Pfad. Der steinerne Monolith scheint wie ein intergalaktischer Körper über dem Wasser zu schweben. Getragen wird er von einem betonierten Kern, welcher am Meeresgrund das Fundament darstellt und mehrere Turbinen in sich trägt. Diese nehmen die Bewegungen des Meeres auf und senden diese in Form von Energie an Land. Der Monolith wird per Boot erreicht und bietet Zugang zum Technik-kern. Unerwartet zeigt er sich jedoch auf der gegenüber liegenden Seite als großzügige Aussichtsplattform aufs offene Meer und weiter oben als sakraler Raum für die letzte Skulptur, welche das Meerwasser wieder symbolisch gen Himmel gibt.
Im Fall meiner Thesis erkennt man die Problematik, die verkehrte Realität beim Besuch der Ruine in mehreren Sichtweisen. Zum einen droht einem historischen, wunderschönem Erbe aus dem 17. Jahrhundert der Zerfall durch fehlende Infrastruktur sowie finanzielles Interesse. Zum anderen fanden wir Frauen vor, die stundenlang auf ihre Männer warteten die immer wieder ihr Leben aufs Spiel setzen in dem Versuch, kostbare Meeresfrüchte wie Muscheln oder Perceves zwischen den spitzen Felsen und den brechenden Wellen hervorzuholen. Fehlende Sicherheit, Infrastruktur, finanzielle Mittel und Kultur oder Freizeitangebote wie Schwimmen führen zur Vergessenheit und dem damit verbundenen Zerfall der Ruine. Gleichzeitig ist eine Revitalisierung und Instandsetzung mehrfach von der Gemeinschaft in Medien geäußert worden. Die extravagante Lage und das historische Erbe, sowie dessen Verschwendung ist den Menschen aus Sintra-Cascais bewusst.

 

Beschreibung der Besonderheiten

Um der komplexen Fragestellung Antwort zu geben ist eine Synthese verschiedener Architektonischer Eingriffe nötig. Für eine gelungene Revitalisierung braucht es neben Sicherheit, Komfort und finanziellen Mitteln vor allem eine breite Aufmerksamkeit. So wie Peter Zumthor durch eine kleine Kapelle Besucher aus aller Welt in die Eifel zieht wird in dieser Arbeit ebenfalls versucht eine spektakuläre Architektur zu entwerfen, welche den Besucher einnimmt und in eine andere, surreale Welt zieht - eine einzigartige Erfahrung. Ein Ort an dem Raum und Zeit endlos wirken und der menschliche Verstand abseits der modernen Gesellschaft zurück zu seiner Essenz kehren kann.

Es entsteht eine art kulturelle Landschaft durch die der Besucher entlang von Skulpturen und Wasserkanälen begleitet wird. Diese Wasserwege werden durch den natürlichen Kreislauf des Wassers auf unserem Planeten inspiriert und bewerkstelligt und unterstreichen die historische Wichtigkeit des Meeres für die portugiesische Bevölkerung. Der mächtige Atlantik schwitzt unter den Strahlen der Sonne, verdunstet und steigt gasförmig auf. Aus Wasserstoff entstehen Wolken und ziehen mit auflandigen Wind auf Sintra zu. Dessen berge lassen die Wolken in Regentropfen zerfallen und bildet damit den Ausgangspunkt für die kulturelle Landschaft ‚Wege des Wassers‘ am Forte das Velas.

Um den fortlaufenden Erfolg des Projekts zu gewährleisten soll von Anfang an ein Verein zur Entstehung und Instandhaltung dieser kulturellen Landschaft geformt werden welche von der Architektur profitiert. Diese Verinigung besteht im besten Fall aus Menschen aus allen sozialen und demographischen Klassen Direkt profitieren können die Fischer, Surfer, Familien und Unternehmen indem Sie Anrecht auf die. temporäree Nutzung der Ruine haben. Diese Nutzungen können Workshops, Lagerung von Equipment, Familien/-Firmenfeiern oder ähnliches sein. Die vorgesehene Stampf-Lehmbauweise bietet sich als inklusives Bauprojekt zur Teambildung an und schafft Synergien zwischen den verschiedenen Gruppierungen.

Sich wiederholende Muster der Gestaltung entnimmt der riesigen Bauaufgabe die Komplexität und schafft eine einheitliche Landschaft. Dank eines Handbuches können viele verschiedene Menschen in der Landschaft gleichzeitig arbeiten. Außerdem wirkt diese gemeinsame Arbeitsweise identifitätsstiftend und setzt sich zusammen aus Mustern, Texturen, Verbindungen, Materialien etc.

Auszeichnungen

BDA OWL Auszeichnung

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