Architekturobjekt 11 von 37

Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2021: Teilnehmer


Frisch Theater Zürich

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, Max Donauer, Niklas Vuk

Frisch Theater Ecke Beatenplatz - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Blick vom HB - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Saal, zwei Ränge zueinander - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Foyer, Arkadenraum - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Querbespielung einer Saalhälfte - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Modellfoto - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Fassadenmodell - Frisch Theater Zürich

© Max Donauer, Niklas Vuk

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, Max Donauer, Niklas Vuk

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Schweiz

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

02.2021

Zeichnungen und Unterlagen

Gebäudedaten

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt

96.000 m³

 

Bruttogrundfläche

24.000 m²

 

Grundstücksgröße

30.000 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Das Frisch-Theater

«Als rastloser Reisender nimmt er die Perspektive des Heimkehrenden an: der Heimkehrende, wenn er auf der Globus- Brücke in Zürich steht, die in einem Jahr um zwei und einen halben Pfeiler gewachsen ist (...) und eigentlich müßte es ihn, der Zürcher ist, auf’s allerbrennendste interessieren, was an dieser Stelle dereinst gebaut wird.»

Als den Namensgeber unseres Schauspielhauses für Zürich wählten wir Max Frisch. Dieser ist einer der bedeutendsten Schweizer Autoren. Der Zürcher studierte erst Germanistik, später schloss er ein Architekturstudium an der ETH Zürich ab. Mit seinem Engagement am Theater Zürich als Regisseur und Berater fühlte er sich bei dem 1963 ausgelobten Wettbewerb für den Neubau des Schauspielhauses Zürich, für den Frisch wiederum ins Expertengremium berufen wurde, verpflichtet, gewissenhaft seine Meinung zu äußern. Diese Texte wie die Expertise und Bauausschreibung haben wir aus seinem Nachlass, dem Max-Frisch-Archiv geholt und uns bei der Planung unseres Schauspielhauses kritisch mit der Haltung Frischs auseinandergesetzt.

Die Geschichte des Papierwerd-Areals, der Stelle, an welcher der Entwurf des Neuen Schauspielhauses verortet ist, prägen Unbeständigkeit und Umgestaltung: Einst eine Insel in der Limmat, auf der Papiermühlen standen, später die bauliche Anbindung an die Stadt sowie Untertunnelung samt provisorischer Absichten, steht heutzutage das in die Jahre gekommene Globus-Provisorium, besser bekannt als COOP am HB, des Architekten Karl Egender an dieser historisch umstrittenen und politisch aufgeladenen Stelle - eine alles andere als angemessene Nutzung für diesen zentralen Ort in Zürich, für Auftakt und Eintritt eines jeden Reisenden, der mit dem Zug ankommt, schlicht und kurz für den Nabel der Stadt. So galt es zunächst die Umgebung und das städtische Gefüge Zürichs genauer zu analysieren. Wir beschäftigten uns mit Schanzengraben und Altstadt entlang der Limmat, den Blöcken nahe der Bahnhofstraße und mit den solitären Gebäuden im Fluss wie Rathaus, Wasserkirche und Helmhaus - Bauten, die scheinen, als seien sie in den Fluss geworfene Steine. Auch historische Bauwerke, die heute nicht mehr stehen, wie das Gedeckte Brüggli, das früher Papierwerd und Stadt verbandt, die Alte Fleischhalle, wo heute das Rathauscafé steht, oder das Waschschiff von Gottfried Semper, bezogen wir in unsere Recherche mit ein. Jedoch sind die Analogien und Zitate zu fragmentarisch, als dass sie alle hier einzeln aufgeführt werden könnten. Viel wichtiger ist das Gesamtbild, der Charakter, den wir aus der Analyse ableiteten.

Aufgrund des Standortes des Theaterhauses war es erforderlich, dass es sowohl in Richtung Stadt und Hauptbahnhof als auch gen Limmat und Zürichsee eine Reaktion zeigt. Diese Allseitigkeit forderte so einen starken, aktiven Baukörper, der diese Kraft aus seiner inneren Logik heraus sowie durch Selbstverständlichkeit schöpft.
Da die Langseiten des Riegels die äußere Ästhetik dominieren, entsteht schnell eine interessante Ambivalenz zu Stadt und Fluss, welche zusätzlich die Relevanz des Kulturortes Theater in der Stadt und für die Bevölkerung betont. Dieser Januskopf einer zugänglichen und öffentlichen Fassade sowie einer unzugänglichen aber einsichtigen wird verstärkt durch die Symmetrie des Gebäudes und der mittigen Setzung des Theatersaales als Herzstück des Hauses, des Papierwerdes, der Stadt. Ob der Fluss des Wassers oder das Dahintreiben der Menschenmassen, zugleich verbindet das Element der Strömung beide Seiten.
Um Öffentlichkeit zu erzeugen, fungiert die erwähnte Stadtfassade, hinter der das Theater Frisch mit seinem hohen, hellen Arkadenraum, dem Foyer aufwartet, als Schwelle zwischen Stadtalltag und Theatererlebnis. Dieser blickdurchlässige Filter aus Lärchenraster und Glas erlaubt Querbeziehungen von Stadt und Foyer, Foyer und Saal sowie von Saal und Stadt. Auf diese Weise lädt unser Theaterhaus jeden dazu ein, von der Promenade her einzutreten und den Weg zum Schauspiel zu finden.

Mit der Schaubühne als Referenz im Hinterkopf sowie den Vorstellungen und Meinungen von Max Frisch reflektierten wir das Recherchierte, setzten uns kritisch mit den Aussagen auseinander. So gefiel uns die Idee eines flexibel gestaltbaren Theaterbodens, doch galt es weniger die Schaubühne zu kopieren oder zu zitieren, sondern eher diese zu idealisieren und vielmehr die Essenz des Raumes in unser Gebäude zu übersetzen. Mehrere Typologien in einem Raum, die eine bestmögliche Interaktion mit dem Publikum, eine größtmögliche Nähe ermöglichen soll - mit Aus- und Einblicken, eine neue Sichtbarkeit nach Außen. Diese szenische Flexibilität des Ortes sollte nicht nur des Hauses wegen das Interesse der Menschen wecken, sondern auch der Atmosphäre und des Schauspieles wegen. Zudem stellten wir uns ein demokratisches Theater vor, das fortwährend mit der Stadt kommuniziert, zu allen Seiten, und ein Gemeinschaftsgefühl herbeiführt. Wie Max Frisch sagt, ist „entscheidend dafür, ob das Haus auch im geistigen Sinne funktionieren kann, die Gestaltung des Zuschauerraumes.“ Diesen funktional und atmosphärisch auszuarbeiten hatte so stets Priorität bei der Planung.
Das Foyer muss als weitere Anforderung eine reibungslose Erschließung des Theaters sicher stellen „als berühmter und unerlässlicher Ort, wo das Publikum sich selbst sieht und wo die Meinung gemacht wird“, als geräumiger, offener Raum des Wandelns, wo man sich ausruht, sinnt und erfrischt.

Die Setzung unseres riegelförmigen Baukörpers ist entscheidend für dessen Wirkung im Stadtraum, seine Präsenz und Akzeptanz. Analog zum Rathaus wirkt das Theaterhaus losgelöst von der städtebaulichen Struktur als sei es in den Fluss geworfen.
Die Kante der Ufermauer, die die Promenade stützt, wird derart zurück gezogen, dass die Limmat mehr Freiheit und Gewicht bekommt und zur gleichen Zeit das Schauspielhaus frei stehen kann. Das Gebäude generiert auf diese Weise sowohl städtische Bedeutung und Sichtbarkeit als auch Integration und Einsicht.Das Frisch Theater wird zum Bindeglied von Stadt und Fluss sowie beider Uferseiten und reiht sich in die Riege der prominenten öffentlichen Bauten in Zürich, die entlang der Limmat zu finden sind, ein.
Zudem leiten wir den Sockelgedanken von diesen Gebäuden ab, wodurch sich unser Gebäude zum einen von der Quaimauer abhebt und zum anderen steinern und schwer im Fluss verankert wird.
Nebstdem nutzen wir die Bedeutung des Daches für die Ausstrahlung des neuen Theaters. So wie ein prachtvolles Münster oder eine Kirche ein unverkennbares Dach haben, so verwenden wir den vom Haus abgesetzten Bühnenhut als funktionales und ästhetisches Mittel, welcher das Theater Passanten und Besuchern klar, deutbar und erkennbar macht und von weither auf das Schauspielhaus verweist.

Holz schafft als historisch gewachsener und traditioneller Baustoff, vom durch Sempers Urhütte beschriebenen Heustadel auf der Alm zum Gedeckten Brüggli, das einst am Bahnhofquai ruhte, bis zum modernen Holzbau in Zürich, eine Art emotionale Verankerung des Bauwerks an seinem Ort, das spezifische Gewicht des Lokalen im Bewusstsein des Betrachters.
Wir fanden es interessant und angebracht, die erhabene Typologie des Theaters in einer dem Zeitgeist entsprechenden Konstruktion zu errichten. Dazu wählten wir eine Holz-Beton-Hybirdbauweise. Während wir den im Fluss stehenden Sockel sowie die den Saal flankierenden Wände und Erschließungskerne voll in Beton ausführen, wechselt das Material in den oberen Stockwerken zu leichteren Brettschichtholzstützen, welche zu- sammen mit Trägern die Lasten in das massive Untergeschoss leiten. Die Geschosse sind als Holz-Beton-Verbunddecken angedacht. Darüber hinaus unterstützen Wände aus Brettsperrholz die Lastabtragung.
Die Fassade aus lasiertem Lärchenholz ist losgelöst vom Tragwerk und trägt sich somit selbst. Ihre filigrane Erscheinung erzeugt eine neue sinnliche und befreiende Atmosphäre, wodurch beispielsweise die Stadtansicht von Offenheit und Blickaustausch geprägt wird. Auf diese Weise haben wir versucht eine adäquate Sprache für Holzbau und Fassade zu finden.

Die Setzung sowohl in der Limmat als auch in Bezug zur Stadt, der klare Aufbau des Gebäudes sowie seine Konstruktion und Sprache lassen uns nun am Ende dieses langen Entwurfsprozesses glauben, eine gute Lösung für diesen Ort gefunden zu haben, der in Zukunft Leute tags zum Kaffee oder Verweilen sowie abends zu Aufführung und Diskussion anlockt und dem Schauspiel die entsprechende Relevanz in der Stadt, in der Gesellschaft einräumt.
Das Theater als Kulturgut ist eine Jahrtausende alte Institution einer jeden Zivilisation, einer jeden humanistischen Gemeinschaft. Es verbindet über Alter, Geschlecht, Herkunft und Religion hinweg die Menschen, lässt ihren Horizont, die Phantasie verschmelzen.
Treffend formuliert Frisch dazu, auch mit Blick in die Zukunft:

«Theater beruht auf der erotischen Magie leiblicher Anwesenheit.»


Entwurfsverfasser: Max Donauer (maxdonauer@gmx.de) und Niklas Vuk (nivu@web.de)

Schlagworte

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Energetische Kennwerte

Energiestandard

Sonstiges

Energetische Kennwerte

Primärenergie

Sonstige Heizenergie

 

Sekundärenergie

Sonstige Heizenergie

Objektdetails

Gebäudespezifische Merkmale

Anzahl Sitzplätze

900

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