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Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2024: Teilnehmer


Gemeinsam. Gut. Wohnen.

51065 Köln Mülheim, Clevischer Ring 51

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Hochschule Biberach, Architektur, Philip Maier

Visualisierung "Dienstag Abend" - Gemeinsam. Gut. Wohnen.

© Philip Maier

Visualisierung "Abendessen" - Gemeinsam. Gut. Wohnen.

© Philip Maier

Modellfoto 01 - Gemeinsam. Gut. Wohnen.

© Philip Maier

Modellfoto 02 - Gemeinsam. Gut. Wohnen.

© Philip Maier

Modellfoto 03 - Gemeinsam. Gut. Wohnen.

© Philip Maier

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Hochschule Biberach, Architektur, Philip Maier

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Clevischer Ring 51, 51065 Köln Mülheim, Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

10.2023

Gebäudedaten

Bauweise

Holzskelettbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Nutzfläche

4.848 m²

 

Verkehrsfläche

741 m²

 

Wohnfläche

3.876 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Das Masterstudio beschäftigte sich mit obsoleten Strukturen und Flächen in Köln Mülheim. Aufgabe war die Entwicklung städtebaulicher Strategien und konkreter architektonischer Entwürfe um urbane Unorte als Lebensräume zurück zu gewinnen.

Deutsche Großsstädte sind derzeit einem großen Wandel unterlegen: Megatrends wie die Digitalisierung, Mobilitätswende, etc. steigern das Risiko für einige Gebäude und innerstädtische Flächen aus ihrer derzeitigen Nutzung zu fallen und damit künftig obsolet zu werden. Leerstand sowie hohe Kosten für Eigentümer und Kommunen können die Folge sein. Dennoch bieten diese obsoleten Räume große Potentiale für eine nachhaltige und ressourcenschonende Stadtentwicklung (vgl. Basis - Obsolete Stadt (obsolete-stadt.net), Stand: 06.02.2024).

STÄDTEBAU

Die städtebauliche Analyse zeigt; Mülheim soll bis 2035 um 2.3% wachsen. Bei 43.296 Einwohnern (Stand 2022) bedeutet dies einen Zuwachs von knapp 1000 Personen. Wohnraum ist also gefragt. Doch Bauland ist knapp und teuer. Es lohnt sich daher aus finanzieller und ökologischer Sicht, Brachen und urbane Unorte neu zu denken und wiederzubeleben. Das aus der städtebaulichen Analyse hervorgehende Gebiet ist ein solcher urbaner Unort, birgt jedoch unter anderem aufgrund seiner Lage und Anbindung enormes Potential zur kulturellen Aktivierung und städtebaulichen Nachverdichtung. Doch wie schafft man neuen und bezahlbaren Wohnraum an einem solchen Ort? Allem voran geht die Anpassung des Clevischen Rings, der Hauptverkehrsachse nach Köln. Die Schaffung des neuen Boulevards und die damit einhergehende Reduktion der Fahrspuren, sowie die Entschleunigung des Verkehrs von 50 auf 30 Stundenkilometer, setzen den Grundstein für alle folgenden Schritte. Daraufhin folgt die Umnutzung der Tankstelle zur Bar, die zunächst zusammen mit dem ebenfalls umgenutzten bestehenden Autohaus im Süden des Gebiets, später auch mit den neu entsehenden öffentlichen Nutzungen der Neubauten, zur Belebung und Durchmischung des Quartiers beiträgt. Der nächste Schritt besteht im Rückbau des zweiten Autohauses im Norden des Quartiers. Die Glas-Stahl-Bauweise der zwei kleinen Gebäude dieses Autohauses, sowie die Stahlkonstruktion der Überdachung erlauben eine weitestgehend sortenreine Trennung und damit das Recycling der einzelnen Bauteile. Die Tonnenüberdachung beispielsweise wird im gesamten neu entstehenden Quartier an verschiedenen Stellen wiederverwendet. Der finale Schritt besteht in den Neubauten, die das Quartier komplettieren. Diese schaffen neuen, bezahlbaren Wohnraum und beleben das Quartier mit ihren öffentlichen Nutzungen.

REALISIERUNGSKONZEPT

„Die dringende Frage, welche Stadt wir wollen, entscheidet sich in der Bodenpolitik." (Matthew Griffin: Stadt verhandeln in Neue Standards - 10 Thesen zum Wohnen, S. 44, Berlin, 2016). Vergabeverfahren spielen eine maßgebliche Rolle darin, wie sozial, vielfältig und offen sich eine Stadt entwickelt. Sie müssen öffentlich und transparent verhandeln, welches Grundstück von wem zu welchem Zweck erworben wird. Auf diese Weise geben sie ihren Bewohnern die Entscheidungsgewalt über ihre Stadt zurück. Die Vergabe sollte sich nicht am ökonomischen Erlös, sondern am gesellschaftlichen Wert der künftigen Nutzung und den ökonomischen Gegebenheiten der Nutzer orientieren. Eine Strategie, dem gerecht zu werden ist, öffentliche Liegenschaften nicht zu verkaufen, sondern zu verpachten. Dies entzieht sie den Spekulationen des freien Marktes und gewährleistet die Entscheidungsgewalt der öffentlichen Hand über ihre Stadt (vgl. ebd.). Doch was bedeutet das für dieses Projekt? Es muss eine Vorgehensweise gewählt werden, die die Interessen der Stadt, sowie derer Bewohner sicherstellt. Eine Strategie ist die Vergabe des Grundstücks über das Erbbaurecht. Hierbei wird die Liegenschaft nicht verkauft, sondern für beispielsweise 99 Jahre verpachtet. Nach Ablauf dieser Zeit fällt das Verfügungsrecht zurück an die Stadt. So wird Spekulationen entgegengewirkt und bezahlbarer Wohnraum gesichert. Um die Umsetzung des städtebaulichen Konzepts weiter zu gewährleisten, kann das Grundstück zusätzlich im Konzeptvergabeverfahren vergeben werden. Somit ist die Vergabe an Bedingungen gebunden und es wird sichergestellt, dass, in diesem Fall, bezahlbarer Wohnraum entsteht. All dies liegt nicht nur aus sozialen Gründen im Interesse der Stadt. Einerseits bleibt das Grundstück im Besitz der öffentlichen Hand. Hinzu kommt, dass die regelmäßigen Einnahmen des Pachtvertrags den einmaligen Gewinn eines Verkaufs über die Dauer übersteigen (vgl. ebd.).

GEBÄUDE

Die Tankstelle wird noch bevor der Neubau entsteht zur Bar umgenutzt. Dies geschieht durch einfachste Maßnahmen; um Zeit und Kosten zu sparen wird die bestehende Fassade erhalten. Lediglich im Inneren der beiden Gebäude werden Veränderungen vorgenommen. Der südliche Baukörper wird zu Sanitäranlagen und Lagerraum umgenutzt, der westliche wird mit einer Theke, Spülküche und Sitzmöglichkeiten ausgestattet. Im Außenraum unter der Überdachung werden Sitzmöglichkeiten angeboten. Der Neubau besteht aus zwei individuellen Baukörpern, die jeweils vier-, beziehungsweise fünfgeschossig sind. In ihrer Setzung zueinander bilden sie einen geschlossenen Blockrand. Der dadurch entstehende Innenhof wird durch großzügige Grünflächen und Aufenthaltsangebote zum Bindeglied zwischen den beiden Häusern. Die grüne Farbgebung der Fassade prägt das Erscheinungsbild des Hauses entscheidend, da Farbe auch immer ein Ausdruck von Individualität ist und Identität stiftet. Die Erschließung erfolgt über Laubengänge. Diese werden als Erweiterung des privaten Wohnbereichs betrachtet. Sie stellen die Verbindung zwischen Öffentlichem und Privatem her, dadurch wird ihnen eine besondere Rolle zuteil. Die Laubengänge sind nicht lediglich reine Erschließung, sie sind Treffpunkte und Orte der Kommunikation. Natürliches Licht, Breite, Höhe und Materialität sichern diese Qualitäten. Die viergeschossigen Teile der beiden Häuser werden jeweils zu großzügigen Dachterrassen, die von der Bewohnerschaft kollektiv genutzt werden. Auf den Terrassen befinden sich Wintergärten, die aus den recycelten Tonnendächern des ehemaligen Autohauses konstruiert sind. Diese verfügen über Außenküchen. Hochbeete geben den  Hausbewohnern die Möglichkeit eigene Pflanzen anzubauen.

Beschreibung der Besonderheiten

BEZAHLBAR WOHNEN - ABER WIE?

Nach der anfänglichen Betrachtung des Entwurfskonzeptes werden nun Strategien diskutiert, die die Schaffung bezahlbaren Wohnraums begünstigen können. Diese sind komplementär zu verstehen und können sich aus diesem Grund in Teilen überlagern. Alle vier Strategien finden Anwendung in diesem Entwurf.

1. PARTIZIPATION
Partizipation setzt die entschlossene Beteiligung der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer voraus. Eine Phase Null vor dem Beginn der eigentlichen Planungen dient der Klärung des Raumprogramms, des Bauplatzes, des Budgets, aber auch der Ausrichtung und Zielsetzung des Projekts. „Vor dem Entwurf der Architektur steht die Konzeption der Wohngemeinschaft.“ (Dömer, Drexler, Schultz-Granberg: Bezahlbar. Gut. Wohnen., S.271, Berlin, 2016). Partizipation beschränkt sich jedoch nicht rein auf planerisch-konzeptionelle Aspekte eines Wohnprojekts, sondern meint auch eine gemeinschaftliche, partizipatorische Art des Zusammenlebens. Ein gängiges Modell partizipatorischen Wohnens ist die Wohngemeinschaft. Vergleicht man diese mit einer Reihe von Einzelwohnungen mit ebenso vielen Bewohnern, so stellt man fest, dass das Teilen von Bädern, Küche und Wohnraum zu signifikanten Einsparungen an Infrastruktur und Wohnfläche führt. Dies schlägt sich in niedrigeren Mieten nieder. Oft werden Wohngemeinschaften aus finanziellen Gründen bevorzugt, beispielsweise von Studenten. Immer häufiger jedoch finden sich auch Beispiele von Wohngemeinschaften aller Altersgruppen, die nicht aus finanziellen Gründen, sondern aus dem Wunsch nach gemeinschaftlichem Zusammenleben entsehen (vgl. ebd.).

2. STANDARDS
„Die Reduktion technischer Standards und die Abkehr von Stereotypen sind der Ausgangspunkt für eine neue Kultur des Wohnens, in der das alltägliche Leben der Menschen in den Mittelpunkt rückt.“ (Antje Osterwold, Matthias Schmidt: Respekt vor dem Unspektakulären in Neue Standards - Zehn Thesen zum Wohnen, S.96, Berlin, 2016). Winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz, Wärmebrücken, Dampfdiffusion, Schallschutz, Brandschutz, Standsicherheit, allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen; die Anforderungen an Bauten und Bauteile sind deutlich gestiegen. In Gebäuden wird immer mehr Technik verbaut, die den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung verkomplizieren. Gesetzliche Anforderungen, aber auch die Ansprüche der Nutzer haben daran Anteil. Um das Wohnen erschwinglicher zu machen, müssten einfachere Baukonstruktionen entwickelt werden, die dennoch den Anforderungen an Energie, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Komfort gerecht werden. Auch die Sinnhaftigkeit derzeitiger Standards in Bezug auf Ausbau, Materialien und Oberflächen ist infrage zu stellen. „Die Infragestellung von üblichen hohen Ausbaustandards berührt das Thema der Suffizienz. Gezielte Zugeständnisse mindern kaum die Lebensqualität und senken gleichzeitig erheblich die Kosten.“ (Klaus Dömer, Hans Drexler, Joachim Schultz-Granberg: Bezahlbar. Gut. Wohnen., S. 271, Berlin, 2016).

3. MINIMALISIERUNG
Das Wohnen wird erschwinglicher, wenn Wohnungen verkleinert werden. Doch wie kann die gleiche, oder sogar eine höhere Qualität auf reduzierter Fläche erreicht werden? In diesem Sinne meint Minimalisierung nicht die Verkleinerung der Wohnung, sondern die Verdichtung ihrer Funktionen. Die stetig steigende Wohnfläche pro Kopf lässt darauf schließen, dass die Nutzungsintensität der einzelnen Räume einer Wohnung zurückgeht. Hier gibt es somit große Einsparpotentiale. Eine Strategie dem entgegenzuwirken ist die Externalisierung: Verschiedene Funktionen des Wohnens werden in Gemeinschaftszonen der Wohnung oder des Gebäudes verlegt und geteilt. Ein Vorteil der Externalisierung besteht darin, dass durch das Auslagern verschiedener Funktionen Räume der Interaktion und Gemeinschaft entstehen. Gemeinschaftlich können sogar Räume wie Werkstätten oder Dachgärten getragen werden, die für die einzelne Wohnung nicht sinnvoll oder erschwinglich wären (vgl. Klaus Dömer, Hans Drexler, Joachim Schultz-Granberg: Bezahlbar. Gut. Wohnen., Berlin, 2016). So profitiert der Einzelne von der Großzügigkeit des Ganzen (vgl. Anne Kaestle: Wer teilt, hat mehr in Neue Standards - Zehn Thesen zum Wohnen, S.123-134, Berlin, 2016).

4. VORFERTIGUNG
Die Steigerung der Effizienz durch Vorfertigung bedeutet einen höheren Ertrag bei gleichem Material-, Energie- und Arbeitsaufwand. Somit kann ein hoher Vorfertigungsgrad, also die Verlagerung von Arbeitsprozessen von der Baustelle in die Werkhalle, die Kosten eines Baus reduzieren und die Qualität steigern, da unter den optimalen Bedingungen der Werkstatt weniger Zeit für den Fertigungsprozess der einzelnen Elemente verloren geht. Vorfertigung und serielle Produktion erweisen sich besonders dann als sinnvoll, wenn der Bau eines Gebäudes eine hohe Anzahl an Wiederholungen einzelner Elemente erfordert. Im Bauwesen ist die häufigste Art der Vorfertigung die Elementbauweise. Wandtafeln, Decken- und Fassadenelemente werden im Werk weitestgehend vorgefertigt und auf der Baustelle zusammengesetzt. Gebäudetechnik, sowie Innenausbau erfolgen dann auf der Baustelle. Einen Wohnungsbau nach den Prinzipien der industriellen Vorfertigung zu realisieren birgt enorme Kostensenkungspotentiale. In Kombination mit niedrigen Ausbaustandards und durch Wiederholung in vielen Wohneinheiten lassen sich sehr niedrige Mieten und Kaufpreise für diese Wohnungen erzielen (vgl. Klaus Dömer, Hans Drexler, Joachim Schultz-Granberg: Bezahlbar. Gut. Wohnen., Berlin, 2016).

Nachhaltigkeit

MATERIAL, KONSTRUKTION UND NACHHALTIGKEIT

Der Neubau ist als Holz-Skelettbau konzipiert. Kurzfristig erlaubt dies den Bewohnern, ihre Wohnungen auf vergleichsweise einfache Art und Wiese räumlich anzupassen. Künftige Umnutzungen des gesamten Hauses werden dadurch erleichtert, da keine tragenden Wände notwendig sind und somit der gesamte Innenausbau, die Einfüllung des Hauses, künftig entfernt und ersetzt werden kann. Dies verlängert die Lebenszeit des Gebäudes ungemein. Das Gebäude wird als Prozess mit offenem Ausgang betrachtet und ist interpretierbar und anpassungsfähig. Bei der gesamten Baukonstruktion wird auf die Verwendung natürlicher und wiederverwertbarer Materialien geachtet. Diese sind, wo möglich, lediglich mechanisch befestigt, um künftige Demontagen zu erleichtern. Die vorgesetzte Holzfassade wird elementiert und in der Werkhalle gefertigt. Somit wird ein hoher Vorfertigungsgrad erreicht, wodurch die Bauzeit verkürzt und die Kosten gesenkt werden. Die Fassadenelemente sind mit Schafwolle gedämmt. Diese ist gut wiederzuverwenden und erfüllt einen hohen Dämmstandard. Die Decken werden als Holz-Beton-Verbunddecken gefertigt. Die leimfreien verdübelten Brettsperrholzelemente dieses Bauteils prägen mit ihren naturbelassenen Sichtoberflächen das Deckenbild der Innenräume und dienen zusätzlich als Speichermassen. Um einen einfachen Ausbaustandard beizubehalten wird der Fußbodenaufbau in geschliffenem Estrich ausgeführt, welcher ebenfalls als zusätzliche Speichermasse dient und eine lange Lebenszeit hat. Dieser kann von den Bewohnern im späteren Verlauf durch einen eigenen Fußboden ergänzt werden und übersteht ohne Probleme viele Veränderungen in der Lebenszeit des Hauses.

Schlagworte

Wohnungsbau, Genossenschaft, bezahlbarer Wohnungsbau, sozialer Wohnungsbau, Holzbau, obsolete Stadt, urbane Obsoleszenzen, genossenschaftlicher Wohnungsbau, Köln, Mülheim, Stadtentwicklung, Holz-Skelettbau

Energetische Kennwerte

Energetische Kennwerte

Primärenergie

Fernwärme

Objektdetails

Gebäudespezifische Merkmale

Anzahl Wohneinheiten

35

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