Architekturobjekte
Haupttribüne An der Alten Försterei, Berlin
12555 Berlin, An der Wuhlheide 263
Mit freundlicher Unterstützung von Odenwald Faserplattenwerk (OWA)
Mit freundlicher Unterstützung von Odenwald Faserplattenwerk (OWA)
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
An der Wuhlheide 263, 12555 Berlin, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
06.2013
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Neue Baulichkeiten können offenbar auch sportlich beflügeln, wie derzeit der 1. FC Union beweist. Mitten im Stadionumbau war der Verein 2009 in die 2. Bundesliga aufgestiegen und zeigte 2012/13 – nach dem Abschluss aller Bauarbeiten – einen fulminanten Saisonauftakt. Letzter Bauabschnitt des de facto Komplettneubaus des Stadions war die im Sommer 2013 eingeweihte Haupttribüne, die auf spannende Weise modernes Fußballmarketing mit dem traditionell bodenständigen Image des Vereins verbindet.
Denn „Eisern Union“, wie der Verein nach dem Schlachtruf seiner Fans auch genannt wird, war schon immer ein etwas anderer Fußballklub: 1906 als Olympia Oberschöneweide in einem damaligen Industrievorort Berlins gegründet hat der Verein über alle politischen Umbrüche hinweg seine Wurzeln bei einfachen Arbeitern und kleinen Leuten nie verloren und verleugnet. Der Preis dafür war ein Dasein als Underdog – wirtschaftlich, sportlich und manchmal sogar politisch stand Union oft im Schatten der großen Hauptstadtklubs, wie des BFC Dynamo zu DDR-Zeiten oder von Hertha BSC seit der Wiedervereinigung.
Union-Fan zu sein war also nicht immer ganz einfach, wodurch aber auch eine ganz spezielle Verbundenheit der Anhänger zum Verein entstanden ist. Diese bewies sich beim Stadionumbau 2008/09, an dem sich über 2.300 Fans mit Eigenleistungen beteiligten. In über 140.000 freiwilligen Arbeitsstunden unterstützten sie den Neubau der Tribünen und Treppen auf drei Stadionseiten sowie den Einbau der Überdachung der Stehplätze und der Rasenheizung. Mit ihrem im heutigen Profifußball einzigartigen Engagement haben die Fans ihr Stadion damit praktisch selbst gebaut und ihrem Verein einige Millionen Euro eingespart.
Zitierte Industriearchitektur und -geschichte
Offen blieb nach dem ersten Bauabschnitt zunächst die vierte, für die Haupttribüne vorgesehene Seite des reinen Fußballstadions An der Alten Försterei. Sie wurde 2012/13 als klassisches baugewerbliches Projekt verwirklicht und bietet neben den Umkleiden sowie den Kraft- und Regenerationsbereichen für die Mannschaften eine moderne Infrastruktur für den Verein sowie verschiedene VIP-Bereiche, Logen und Veranstaltungsräume.
Auf diese Elemente des modernen Fußballmarketings kann auch ein Verein - wie der 1. FC Union - aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichten. Den anderswo schon beobachteten kulturellen Konflikten zwischen den VIPs und den einfachen Fans auf den Stehplätzen ist der Verein jedoch bewusst aus dem Weg gegangen. Statt „Schickimicki“ und glattem Perfektionismus wurde für die Haupttribüne eine bodenständige und funktionale Architektur mit vielen Anklängen an den industriellen Hintergrund des Vereins und seiner Anhänger gewählt. Schon von außen erinnert die Fassade mit Klinkern und Stahlfenstern an die traditionellen Fabriken der Stadtteile Oberschöneweide und Köpenick. Im Innern setzt sich dieser Gedanke mit rustikalem Sichtbeton und offenen Stahlkonstruktionen bis in die Namensgebung der Räume fort: Für Veranstaltungen kann man hier etwa die „Schlosserei“ oder die „Eisern Lounge“ mieten.
Mehrfach funktionales Deckensystem
Die von Materialien wie Beton, Glas und „Eisen“ (sprich: Stahl) geprägten Wände bilden sehr schallharte Oberflächen, die beim Aufenthalt vieler Personen eine unangenehme, von zu großem Nachhall geprägte Akustik hervorrufen. Die Räume erhielten deshalb abgehängte Akustikdecken, die durch ihre Schallabsorption die Hörsamkeit, also eine gute, verzerrungsfreie akustische Qualität, sicherstellen.
Passend zur architektonischen Gesamtidee wurde das Deckensystem OWAcoustic S 3 verwendet, weil es sich durch einen sehr wirtschaftlichen und funktionalen Aufbau mit sichtbaren Tragprofilen und herausnehmbaren Platten auszeichnet, der perfekt zum angestrebten technischen Charakter des Gebäudes passt.
Ein zusätzlicher Vorteil waren die Variationsmöglichkeiten der Konstruktion: Neben dem Standardsystem S 3 für Büros, Flure oder die Foyer- und Veranstaltungsbereiche konnten mit S 3 bws und S 3 kb auch spezielle Funktionen verwirklicht werden. So steht „bws“ für eine ballwurfsichere Ausführung in den Gymnastik- und Reha-Räumen, deren Decken gegen den harten Aufprall von Bällen geschützt sind. Die besonders korrosionsbeständige Ausführung „kb“ zeichnet sich durch eine verstärkte Verzinkung aller Metallteile aus und wurde in Dusch-, Wasch- und Saunaräumen eingesetzt.
Akustikplatten regulieren Nachhall
Das Spiel mit der immer wieder ähnlichen Optik, die aber in ihrer Funktion genau auf den jeweiligen Raum abgestimmt ist, konnte auch bei den Akustikplatten fortgesetzt werden. In allen Bereichen mit akustischen Anforderungen wurden vlieskaschierte Mineralwolleplatten OWAcoustic premium Sinfonia B verwendet. Die vom Hersteller OWA als Service angebotene Berechnung der Nachhallzeit hatte ergeben, dass sie mit ihrer Schallabsorption αW = 85 % für eine gute Hörsamkeit und eine ausreichend gedämpfte Geräuschkulisse sorgen.
In den Dusch- und Waschräumen stand weniger die Akustik als vielmehr die große zu erwartende Feuchtigkeit im Mittelpunkt, weshalb hier das Dessin AquaCosmos zum Einsatz kam, eine Mineralwolleplatte mit einer Feuchtigkeitsbeständigkeit bis 100 % relativer Luftfeuchte. In Nebenräumen ohne besondere Anforderungen konnte die einheitliche Gestaltung mit dem Dessin Schlicht, das allein optische Funktionen erfüllt, sehr wirtschaftlich ausgebildet werden.
Harmonie ohne angeschnittene Quadrate
Bei aller Vielfalt der Funktionen des Deckensystems bilden die helle Farbe und die durchgängige quadratische Form der Akustikplatten die gemeinsame gestalterische Klammer. Die Quadratgrößen von 625 x 625 mm ließen sich gut in die sehr unterschiedliche Raumgeometrie der Flure, Büros oder Säle integrieren.
Zumal die Deckenmonteure der Firma K. Rogge Spezialbau GmbH aus Berlin eine spezielle gestalterische Variante verwirklicht haben: Alle sichtbaren Deckeneinbauten, die es als offen liegende Lüftungskanäle und als Einbauleuchten an vielen Stellen gibt, wurden mit passgenauen Friesen aus Gipskarton eingefasst. Erst daran schließen sich die Akustikdecken an, bei denen auf diese Weise immer gleiche Plattenmaße in stets quadratischer Form zu sehen sind. Das Fehlen unregelmäßiger, vom Quadrat abweichender Plattenzuschnitte beruhigt die Deckenansicht und gibt ihr eine eigenständige Harmonie.
Trotzdem konnte genau das verwirklicht werden, was sich der Verein für seine neue Haupttribüne gewünscht hatte: Ein wirtschaftlicher Ausbau mit einem bodenständigen, auch im VIP-Bereich nicht abgehobenen Ambiente, wie es zu diesem kulturell etwas anderen Fußballverein passt – der aber längerfristig mit seinem jetzt komplett fertigen Stadion durchaus zu sportlichen Höhenflügen ansetzen will.
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