Heinze ArchitekturAWARD 2020: Teilnehmer
Haus Scholl
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Meier Unger Architekten
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Schweiz
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
08.2019
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Holz
Anzahl der Vollgeschosse
1-geschossig
Raummaße und Flächen
Nutzfläche
130 m²
Wohnfläche
105 m²
Kosten
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
730.000 Euro
Beschreibung
Objektbeschreibung
Das Stöckli, wie es in manchen Schweizer Regionen genannt wird, entspricht einer alten Tradition des Auszughauses. Dieses steht den Altbauern als Alterssitz zu, wenn der Hof mit all seinem Schaffen an die nächste Generation übergeben wird. Wir trafen auf eine Familie, die mit großer Sorgfalt, mit viel Liebe zur Arbeit und dem Bewusstsein für gute Produkte ihren Hof bewirtschaften. Das Gehöft des Ettershofes ist in der Landschaft etwas Besonderes. Ausgestattet mit einem prächtigen Bauernhaus, welches sich selbstbewusst und markant in der Landschaft der Aareebene absetzt, ist der Hof mit seinen Wirtschaftsgebäuden ansonsten umgeben von den zu bestellenden Feldern, die diesem Ort zu einer Ruhe und einem Frieden verhelfen, wie man ihn in der Schweiz mit Ihrer agglomerativen Ausbreitung im Mittelland nur noch selten antrifft.
Während das alte Bauernhaus mit seiner Größe und seiner prachtvoll Dachform ikonographisch in der Landschaft zum Stehen kommt, versucht der Neubau subtiler auf die ausgebreitete Landschaft zu reagieren. Zwar entwickelt das alte Bauernhaus eine Prägnanz über Größe und Form, innenräumlich hingegen nimmt es, außer zur Belichtung, keinen differenzierten Bezug zu seiner Umgebung auf. Waren diese Bedürfnisse zur Bauzeit 1808 auch nicht relevant.
Der Neubau macht die Präsenz der Natur, des Landschaftsraumes zum Thema. Alle Räume im Haus sind entlang einer Enfilade nach Süden orientiert oder haben über die strukturellen Öffnungen diesen Bezug. Alle Fenster sind raumhoch und lassen den Boden der Umgebung fast spürbar bis in den Innenraum gelangen. Die Blumen der Wiese werden nur durch die mit Mustern gepflasterten Lauben auf eine angenehme Distanz gehalten. Diese überdachten Lauben bilden zum einen den wichtigen Zwischenraum zwischen Landschaft und Innenraum ab und zum anderen schaffen Sie mit den kräftigen Schildern Richtung Süden und Norden einen kraftvollen Ausdruck und eine unaufgeregte Präsenz. Das Haus wird dadurch auch für einen fernen Beobachter und Wanderer sichtbar, hält sich aber würdevoll gegenüber dem Bauernhaus zurück.
Konstruktion und Materialität – Ein Auszug
Die Qualität, die die Baufamilie umgab, bei allem was Sie taten, begeisterte uns und motivierte uns im langen Entwurfsprozess, der in seinem Ablauf heute nur noch selten möglich erscheint. Wir kultivierten die Dauer der Planung. Da von Anfang an klar war, die finanziellen Mittel sind knapp, das Bewusstsein etwas Gutes zu erschaffen aber enorm und die Zeit relativ, konnten wir immer wieder Experimente erproben, alte Techniken untersuchen und neue Wege gehen.
Verbunden mit dem frühen Wunsch nach Holz, begann die Suche nach einer außergewöhnlichen Konstruktion. Alle Wände des Hauses sind Vollholzwände mit 42cm Dicke, ohne Dämmungen, Folien oder Klebstoffe. Versetzte Brettschichten aus verschiedenen Hölzern wurden dabei übereinandergelegt und mit 2cm starken Buchendübeln verpresst. Diese kostspielige Lösung konnten wir tragbar gestalten, da alle Öffnungen zwischen den Wandscheiben strukturell gebildet werden und somit keine komplexen Schnitte innerhalb der Wände notwendig waren. Zudem war die Montage an einem Tag geschehen.
Die Deckenstruktur, welche das Gesamtsystem statisch mit einander verbindet, besteht aus 580 Deckenbalken aus Mondholz. Die wechselnde Deckenbalkenstrukturen steifen sich gegenseitig selbst aus. Die Deckenbalken sind in Ihrer statischen Notwendigkeit auf ein Minimum reduziert, in Ihrer Anzahl und Abstand jedoch auf ein Maß erhöht, dass die Balkenstrukturen zu einem fast textilen Muster avancieren. Zudem sind alle Balken über Schwalbenschwanzverbindungen und ohne Nägel oder Schrauben miteinander verbunden. Die Ränder wurden zudem ausgeklinkt und bilden dadurch eine Art Deckenfries.
Der Boden sollte nicht auch noch in Holz ausgebildet werden und die Suche nach einem warmen Steinboden begann. Dabei rückte Kalk und die ursprünglichen Terrazzoböden, die bis zum 19. Jhd noch Kalk statt Zement als Bindemittel hatten in unsere Betrachtung. Diese zeichnen sich nicht nur durch eine warme Oberfläche aus, sondern haben über den Kalk auch fantastische physikalische Eigenschaften zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit. Dabei wurden 12cm Kalkboden ausschließlich mit Branntkalk und Steinen ausgeführt und die oberste Schicht mit feinen unterschiedlich pigmentierten Schichten und Mustern veredelt.
Eine frühe These des Bauherrn ließ uns nicht mehr los. Wäre es denn möglich das gesamte Gebäude nur über einen Kamin zu heizen. Auf einem Bauernhof war das viele Jahrhunderte der Standard und eine nachhaltige Lösung zugleich. Um diesem Anspruch gerecht zu werden verorteten wir den Kamin im Zentrum des Hauses, um möglichst maximale Abwärme für die Räume nutzen zu können und kombinierten den Kamin noch mit der rückseitigen Dusche. Gleichzeitig erwärmt er die Bodenheizung für das gesamte Haus.
Alle Schränke und Möbel im Haus wurden ebenfalls entworfen und detailliert. Dabei ist alles als Einzelstück gedacht und konstruiert. Es wurde Stahl, Erlenholz, Kastanienholz, Kalk, Marmor, Wiener Geflecht und eine Vielzahl- und Schichten von Leinölfarben verwendet. Die Kleiderschränke wurden zudem nach unzähligen Entwürfen und Versuchen, von der Bauherrin selbst bemalt. Sie bilden für uns das ab, was dieses Haus nach der langen Entstehungszeit ausmacht. Etwas geschaffen zu haben, was wir als Architekten und die Bauherrschaft mit Schönheit bezeichnen würden.
Beschreibung der Besonderheiten
- das Haus strukturiert sich über eine Enfilade entlang der Talrichtung, an der alle Räume Richtung Süden aufgereiht werden
- Bodentiefe Fenster lassen den Naturraum spührbar mit dem Innneraum verschmelzen
- große Lauben bilden überdachte Außenräume als Zwischenraum von Innen und Außen
- Massive Holzwände in Mondholz, regional gewachsen, geschlagen und getrocknet
- Kalkböden, aus reinem, Brandkalk und Steinen
- Holzhofen als Energieerzeuger des Hauses
- Entwurf und Detaillierung bis hin zu Möbeln und Malereien
Auszeichnungen
nominiert für den DAM Preis
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Holz
Sekundärenergie
Solarthermie
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
70,00 kWh/(m²a)
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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