Architekturobjekt 69 von 174

Architekturobjekte


Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

Mit freundlicher Unterstützung von Knauf Gips

Die Diasporakapelle ist nun zusammen mit über  75 weiteren historischen Gebäuden fester  Bestandteil des LVR-Freilichtmuseums Kommern. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© Ekkehart Reinsch

Wieder in Betrieb: Die voll ausgestattete einstige Diasporakapelle mit Orgel und Altar soll auch künftig für Hochzeiten und Gottesdienste zur Verfügung stehen. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© Ekkehart Reinsch

Die sanierte Kirche wird im Erbauungszustand von 1951 präsentiert, aber auch spätere Veränderungen werden in verschiedenen Zeitabschnitten gezeigt. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© Ekkehart Reinsch

Die „Diasporakapelle“, eine Kirchenart im Fertigbau-Stil, entworfen vom Bauhaus-Architekten Otto Bartning, wurde jetzt im LVR-Freilichtmuseum Kommern restauriert und eröffnet. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© EKKEHART_REINSCH +49171-3808344

Etwa 150 Menschen passen in das Gotteshaus hinein, alles ist auf das Nötigste reduziert. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© Ekkehart Reinsch

Die Grundidee ist sichtbar: eine aus Holz vorgefertigte, selbsttragende Konstruktion, die auf drei massiven Umfassungswänden steht. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

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Auch die Orgel wurde abgebaut, restauriert  und im Freilichtmuseum wieder aufgebaut. - Historische Kirche LVR-Freilichtmuseum Kommern

© Ekkehart Reinsch

Mit freundlicher Unterstützung von Knauf Gips

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

53894 Mechernich-Kommern / Rheinland, Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Neubau

Fertigstellungstermin

07.2019

Verwendete Produkte

Beschreibung

Objektbeschreibung

Vor über 70 Jahren wurde im Bergischen Land in Overath eine besondere Kirche erbaut, die sogenannte „Diasporakapelle“, welche im Juli 1951 geweiht und eröffnet wurde. Diese „etwas andere“ und sehr preiswerte Kirchenart im Fertigbau-Stil wurde Ende der 1940er Jahre von dem Architekten Otto Bartning entworfen. Er war Mitbegründer der Bauhaus-Idee und versuchte durch seine Entwürfe u.a. den zahlreichen protestantischen Flüchtlingen in den damaligen überwiegend katholischen Gemeinden des Rheinlands und Umgebung aus Ihrer Not zu helfen und ein neues kirchliches Zuhause zu geben.
 
Vor dieser Zeit fanden die Gottesdienste der stark angewachsenen evangelischen Gemeinden provisorisch in Kinosälen, Gasthöfen oder Schulen statt. Denn in den Nachkriegsjahren fehlte es nicht nur an Wohnraum, sondern auch an Räumlichkeiten, in denen der evangelische Gottesdienst abgehalten werden konnte. Erst mit den Entwürfen von Otto Bartning nahm das ein Ende und es entstanden in der Nachkriegszeit insgesamt 33 dieser Kirchen im Fertigbau-Stil, die in abgeänderter Form auch als sogenannte Notkirchen vom Typ A und B und als reine Gemeindezentren, Typ D, zum Einsatz kamen.
 
Grundidee des Entwurfs der „Diasporakapelle“ ist eine vorgefertigte, selbsttragende, zeltförmige Holzkonstruktion, die von drei massiven Umfassungswänden umgeben ist. Der Aufbau der Diasporakapellen sollte überwiegend in Eigenleistung der Gemeindemitglieder und damit kostensparend umgesetzt werden können und die Verwendung örtlich vorhandener, unterschiedlicher Baumaterialien sollte zur Vervollständigung der Gebäude beitragen.
 
Alles in der ca. 12 mal 15 Meter großen Diasporakapelle ist auf das Nötigste reduziert. Im hinteren Teil des Gebäudes liegen abgetrennt eine kleine Sakristei sowie ein gleich großer weiterer Raum, der etwa als Teeküche genutzt werden konnte. Der vordere Teil des Gebäudes ist multifunktional konzipiert und unterteilt sich in einen kleineren Saal mit 40–50 Sitzplätzen und einen Kirchenraum mit Altar und Orgel für 150–160 Sitzplätze. Beide Säle können durch Klappwände voneinander getrennt werden. Verschwinden Wände und der Altar in der eigens dafür vorgesehenen Wandnische, dann entsteht ein großer Raum, der u. a. als größeres Gemeindezentrum genutzt werden kann.  Verschwinden nur die Wände, können in dem erweiterten Kirchenraum größere Gottesdienste abgehalten werden.
 
2017, im Lutherjahr, zog die Diasporakapelle nun von Overath in das LVR-Freilichtmuseum nach Kommern um. Hierzu wurde nach dem Entwidmungsgottesdienst zunächst die Orgel abgebaut und restauriert. Anschließend wurde die gesamte Kapelle in Großbauteile zerlegt und nach Kommern transportiert. Hier wurden die einzelnen Bauteile sorgsam restauriert und wieder zusammengesetzt. Für den Altar, der in Overath nicht mehr im Original vorhanden war, wurde eine Ersatzbeschaffung aus dem Stadtteil Oberpleis in Königswinter organisiert.
 
Aktuell wird die Diasporakapelle aus Overath im Erbauungszustand von 1951 gezeigt. Veränderungen des Gebäudes aus späteren Jahren sind ebenfalls mit aufgenommen und werden in einem kleinen Gebäudesegment vorgestellt. Dazu zählten u. a. eine Fassadenverkleidung durch Schiefertafeln und eine nachträglich eingebaute Fußbodenheizung. Die Kirche ist Bestandteil der seit 2010 im LVR-Freilichtmuseum neu aufgebauten Baugruppe „Marktplatz Rheinland“, die das Bauen der Nachkriegszeit thematisiert. So finden sich in der Nachbarschaft der Diasporakapelle auch zwei Flüchtlingsbaracken, die als Notunterkünfte nach dem Krieg dienten. Noch jünger sind ein Bungalow der 1950er-Jahre und ein Quelle-Fertighaus von 1965. In der Gaststätte Watteler kann man wie in den 1970er-Jahren speisen oder der Ausblick vom Biergarten genießen.
 
Sanierung für ein angenehmes Raumklima mit Feuchteregulierung und Schimmelpilzschutz
Beim Abbau der Kirche in Overath fanden die Projektmitarbeiter eine 30 mm dicke Innenverkleidung der umliegenden Wände vor, die mit Verbundelementen aus Styropor und Gipskarton ausgeführt war. Da es das Ziel war, die Kirche am neuen Standort wieder in ihrer ursprünglichen Optik zu präsentieren, die damalig verwendeten Materialien aber aus bauphysikalischen Gründen als nicht einbaufähig einzustufen waren, entschied sich die Projektleitung für den Einsatz einer mineralischen und diffusionsoffenen sowie kapillaraktiven Innendämmschicht, dem Raumklima-System TecTem® Climaprotect.
 
Die gewählte Sanierplatte TecTem® Climaprotect besteht aus dem natürlichen Material Perlit, einem mineralischen Vulkangestein, welches im geblähten Zustand hoch alkalisch ist. So sorgt die Dämmplatte für hocheffizienten Schimmelpilzschutz.. Sie ist diffusionsoffen und durch ihre feinporige Struktur besonders kapillaraktiv: So transportiert sie an den Raumwänden entstehendes Kondensat automatisch ab und gleicht Feuchtigkeitsspitzen natürlich aus. Schimmel wird damit der Nährboden entzogen. Gleichzeitig dämmt das System und sorgt für warme Wandoberflächen und damit für hohe Behaglichkeit. Für den Architekten des LVR-Freilichtmuseums Volker Kirsch waren diese Eigenschaften entscheidend für einen Austausch der in Overath vorgefundenen, bauphysikalisch unakzeptablen Innendämmung aus einer hinterlüfteten Styropor-Verbundplatte.
 
Nachdem sich die Planer für das Produkt TecTem® Climaprotect entschieden hatten, stand Knauf Performance Materials als Hersteller bei der Sanierung mit objektbezogener Beratung, hygrothermischen Berechnungen und in der Ausführung umfassend zur Seite.
 
Einfache Verarbeitung
Eine vorangestellte Schimmelsanierung des ursprünglichen Untergrunds war aufgrund der Neuerrichtung des Mauerwerks am neuen Standort nicht erforderlich. Lediglich die Oberfläche der dreiseitig umlaufenden Mauern aus KLB Steinen (Klimaleichtblöcken) musste ausgeglichen werden. Da sich die Unebenheiten des Untergrunds aber in Grenzen hielten – die Museumsmaurer Jörg Linden und Johannes Zingsheim hatten ihr Können schon hier gezeigt –, brauchte in diesem Fall keine Ausgleichsschicht mit dem ebenfalls zum System gehörende TecTem® Grundputz ausgeführt werden, sondern es kam direkt der TecTem® Klebespachtel zum Einsatz. Dank der nur kleinen Unebenheiten konnten die Platten direkt im Buttering-Floating-Verfahren verklebt werden. Der Klebeauftrag erfolgte im rechten Winkel zueinander, d.h. der Klebespachtel wurde dünn auf die Bestandswand und auf die Plattenrückseite der Platten aufgetragen und unverzüglich an die Wand montiert. Die vollflächige Verklebung der Climaprotect Platten wurde in waagerechten Reihen im Verband ausgeführt. Hier war ein Mindestplattenversatz von 20 cm einzuhalten, um die Bildung von Kreuzfugen zu vermeiden.
 
Der Abschluss zum Boden und zur Decke (bzw. im großen Kirchensaal zu der Holzkonstruktion) wurde mit einem Dichtungsband ausgeführt. Der Einsatz solcher Entkopplungsstreifen ist vom System vor­geschrieben und vermeidet mögliche Lufthinterströmungen, die sich negativ auf die Gesamtkonstruktion auswirken könnten. Die Anbringung einer zusätzlichen Dampfbremse zwischen Mauerwerk und Innendämmung ist bei dem Raumklima-System aber nicht erforderlich!
Erforderliche Passstücke – zum Beispiel für die Bereiche mit Wandanschlüssen – wurden schnell mit dem Cutter oder dem Fuchsschwanz auf das geforderte Maß gebracht, passgenau eingesetzt und mit dem Schleifbrett egalisiert.
 
Auf die mit TecTem® Grundierung vorbereiteten Platten wurde in einem weiteren Arbeitsschritt TecTem® Innenputz aufgetragen, das TecTem® Gewebe mit mindestens 10 cm Überlappung im Stoßbereich oberflächennah eingelegt und dieses nochmals mit TecTem® Innenputz dünn überzogen und gefilzt. Das Raumsegment mit der zusätzlichen Fußbodenheizung aus den späteren Jahren der Diasporakapelle erhielt eine weitere Putzschicht aus TecTem® Glätte. Abschließend folgte ein Anstrich mit einer weißen, diffusionsoffenen Silikatfarbe.
 
Um auch am neuen Standort die ursprüngliche Optik des Innenbereichs der Diasporakirche nicht zu verändern, entschied sich das Team um Museumsarchitekt Volker Kirsch für die Verlegung von rotbraunen Steinzeugfliesen entsprechend dem Bild der Original-Bodenfliesen aus der Kirche in Overath. Abschließend wurde der Dachraum mit einer, durch die ebenfalls originale Dachverkleidung aus Holzpaneelen nicht sichtbaren Dämmung aus 20 cm Mineralwolle versehen.
 
Das Gotteshaus öffnet seine Pforten
Die Diasporakapelle ist als Ausstellungsobjekt mittlerweile fester Bestandteil der Baugruppe Marktplatz Rheinland des LVR-Freilichtmuseums Kommern. Auf dem Museumsgelände befinden sich über 75 historische Gebäude: darunter Bauernhäuser mit Ställen und Scheunen, Werkstätten, eine Schule, zwei Gaststätten, drei Mühlen und ein Kolonialwarenladen. Das älteste Haus stammt aus dem Jahr 1476, das jüngste ist eine Flüchtlingsunterkunft aus Containern von 1992. Die voll ausgestattete Diasporakapelle mit Orgel und Altar wird auch künftig für kleinere kirchliche Veranstaltungen, wie Hochzeiten und Gottesdienste, genutzt werden. Hierfür wurde sie am 21.07.19 wiedereröffnet.

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