Architekturobjekte
Nominiert für die Shortlist der Jury 2020 - Nachwuchsarbeiten
Kompetenzzentrum Wald
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Institut für Entwerfen und Konstruieren, Zosine Seybold
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Institut für Entwerfen und Konstruieren, Zosine Seybold
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Holz
Beschreibung
Objektbeschreibung
Das Kompetenzzentrum Wald soll auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Sperenberg entstehen. Der Flughafen wurde ab 1958 auf dem Boden der ehemaligen DDR von sowjetischen Truppen errichtet und bildete bis zu deren Abzug im Jahr 1994 das wichtigste Luftdehrkreuz der Sowjetunion in Ostdeutschand. Seit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte Anfang September 1994 liegt das 3km lange und ca. 1km bereite Flughafenareal sowie die angrenzenden Kasernenareale brach.
Das Gelände befindet sich rund 60km südlich von Berlin, in Mitten eines hauptsächlich aus Kiefern bestehenden Waldgebietes. Mit dem PKW lässt sich das Kompetenzzentrum leicht erreichen, da eine gute Anbindung an das überregionale Straßen- und Autobahnnetz gegeben ist. Komplettiert wird die Verkehrsinfrastruktur durch den nahegelegenen Flughafen Berlin-Schönefeld, der eine Anbindung an den nationalen und internationalen Flugverkehr bietet.
Die überwiegende Zahl der Besucher wird über die alte Luckenwalder Straße im Norden des Areals, oder über die Puschkinstraße von Westen kommend erwartet.
Die Kombination aus der einerseits abgeschiedenen Lage in Mitten eines Waldes, die große Flächenverfügbarkeit und die dennoch gute Anbindung an Verkehrsinfrastruktur machen den Standort Sperenberg zum idealen Platz für das Projekt eines Kompetenzzentrums das sich vorrangig mit nachhaltiger Waldwirtschaft und der Bekämpfung von Waldbränden beschäftigt. Nicht nur der unmittelbare Kontakt zum Wald als Kernthema, sondern auch die Möglichkeit Übungen zur Bekämpfung von Vegetationsbränden unter realen Bedingungen durchführen zu können, ohne Anwohner durch Rauchentwicklung zu beeinträchtigen, sind hier gegeben. Zudem bietet der ehemalige Flugzeughangar der sich auf dem Gelände befindet enorme Potentiale.
STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Der in seiner Größe beeindruckende einstige Flugzeughangar ist nicht nur das mit Abstand besterhaltene, sondern auch das markanteste Gebäude des Areals. Da er sich zudem an einer strategisch günstigen Position befindet, sucht das neue Kompetenzzentrum den Kontakt zu diesem Gebäude ohne sich ihm zu unterwerfen.
Es entsteht ein Campus bestehend aus drei unabhängigen Gebäuden, die durch ihre Positionierung und Grundrissausrichtung miteinander im Dialog stehen und zusammen eine funktionierende Einheit bilden. Mit seinen 6 Geschossen ragt das neue Hauptgebäude in seiner Höhe selbstbewusst über den Hangar hinaus. Durch diese Geste entsteht ein Orientierungspunkt – ein Leuchtturm im Wald - und durch seine weithin sichtbare Gestalt eine angemessene Adressbildung für das neue Kompetenzzentrum. Hangar und Hotel stehen sich gegenüber und spannen eine Platzfläche auf. Durch dieses Arrangement entsteht eine deutlich erkennbare und angemessene Eingangssituation, gleichzeitig sind alle Vorgänge auf dem Gelände einfach überblickbar und können kreuzungsfrei ablaufen.
Jeder dieser drei Bausteine beherbergt alle anwesenden Akteure. Dies bietet möglichst viel Fläche für eine, Fachgebiet übergreifende, sowohl formell als auch informell stattfindende Kommunikation.
GEBÄUDEKONZEPT / FUNKTION + ORGANISATION
Der Tower bildet den Hochpunkt des Ensembles und somit einen gut sichtbaren Orientierungspunkt und einen repräsentativen Ort für eintreffende Gäste. Das Erdgeschoss des Towers fungiert als offener, großzügiger Treffpunkt der Ankommenden. Hier entsteht durch Blickbeziehungen ein erster Kontakt zu den beiden benachbarten Gebäuden. Eine ebenfalls im Erdgeschoss des Towers angesiedelte Ausstellungsfläche bietet die Möglichkeit den Besuchern die weitreichende Geschichte des Ortes zu erläutern. In den Obergeschossen befinden sich verschiedengroße Seminar- und Vortragsräume die von den Akteuren für Veranstaltungen flexibel genutzt werden können. Auch hier wird eine enge Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten angestrebt und gefördert. Dazu sollen auch die gemeinschaftlich nutzbaren Räume wie Bibliothek, Museum und Aufenthaltsraum beitragen. Neben den neutral nutzbaren Räumen gibt es zudem in ihrer Nutzung spezialisierte Räume, wie die (Übungs-) Leitstelle und den Staabsraum, die vor allem für die Feuerwehr relevant sind. Diese Bereiche sind so ausgelegt, dass sie im Ernstfall auch für den realen Betrieb funktionieren und von hier aus eine Beratung und Koordination von Einsatzteams im Kampf gegen Vegetationsbrände erfolgen kann.
Im Kopf des Towers befinden sich großzügige Räumlichkeiten die durch ihre repräsentative Lage und Gestaltung gut für Tagungen mit einer gewissen Öffentlichkeitswirksamkeit oder Schulungen mit besonders großer Teilnehmerzahl geeignet sind.
Der Hangar nimmt in Zukunft die Feuerwehr und alle experimentellen Stationen der Aus- und Weiterbildung auf. Es entsteh ein buntes Experimentierfeld. Die ursprüngliche Funktionsweise der Typologie wird weitgehend beibehalten, so befinden sich alle Nebenräume in dem eingeschossigen Bau, der den Hangar an drei Seiten umschließt, die Feuerwehrautos und Experimentierstationen befinden sich in der Halle. Um eine flexiblere Einteilung der Nebenräume zu ermöglichen wird eine Flurzone hinzugefügt, dadurch kann die Halle von störendem Erschließungsverkehr freigehalten werden. Die Experimentiertische sind von einer Konstruktion aus Glas und Stahl umgeben und mit einer Absaugung versehen. So kann eine unkontrollierte Rauchausbreitung verhindert und eine angemessene Akustik garantiert werden. Darüber hinaus befindet sich in räumlicher Nähe zum Tower ein großzügiges Foyer, das zukünftig den neuen Haupteingang des Hangars darstellt.
Das Hotel besitzt drei Geschosse und bildet ein Gegenüber des Hangars. Es nimmt durch seine Positionierung Bezug auf ein sich vormals an diesem Ort befindendes Werkstattgebäude, welches jedoch nur noch in seinen Grundmauern erhalten war und somit durch das Hotel ersetzt wurde.
Betreten wird das Gebäude an der nördlichen Stirnseite. So ist eine Anbindung auf kürzestem Weg an den Tower gegeben. Alle gemeinschaftlich genutzten Bereiche der Besucher orientieren sich zum Platz und bieten so einen Bezug zu den übrigen beiden Gebäuden. Die infrastrukturellen Bereiche wie Küche, Wäscherei und orientieren sich zur Grünfläche und dem Wald. In den beiden Obergeschossen befinden sich die Zimmer. Die Zimmergröße ist so gewählt, dass eine Belegung als Einzel- oder Doppelzimmer möglich ist. In jedem der beiden Wohngeschosse befindet sich zudem je ein barrierefreies Zimmer. Jede Einheit hat Zugang zu einem Balkon. Er bildet eine weitere Begegnungszone. Privatsphäre erhält man durch ein Schließen der Klappläden an den Fenstern bzw. ein Aufstellen der Selben im 90° Winkel, als Sichtschutz.
ERSCHEINUNGSBILD + CHARAKTER
Die beiden neu entstandenen Baukörper identifizieren sich für den Betrachter klar als Holzbauten. Sie stellen so nicht nur einen Bezug zur Thematik Wald her, sondern erhalten auch ein zeitgemäßes Erscheinungsbild. Nicht zuletzt dadurch schaffen sie es, sich vom Bestand abzuheben und eine Selbständigkeit zu erlangen, gleichzeitig entsteht durch die Gemeinsamkeit der Materialität auch eine Zusammengehörigkeit.
Der Tower besticht durch seine schlanke, offene Gestalt und die filigrane Profilierung der Fassade. Um einen moderaten und für die Nutzung angemessenen Fensterflächenanteil zu erreichen sind 50% der Fassade geschlossen ausgebildet. Hierbei wurde eine Abstraktion der klassischen Holzschindel gewählt, wodurch eine Schrägstellung der geschlossenen Paneele entsteht.
Das Hotel besitzt ebenfalls eine hölzerne Außenhaut, tritt jedoch nutzungsbedingt deutlich geschlossener in Erscheinung. Lediglich das Erdgeschoss besitzt eine großzügige Verglasung um den Bezug zu den anderen Gebäuden herzustellen und eine angenehme Aufenthaltsqualität zu bieten. Durch die Konstruktion des Balkons entsteht allerdings eine ähnliche Thematik der Fassade wie die des Towers und somit eine Bindung der beiden Baukörper.
Der Hangar besticht durch seine imposante Größe und die differenzierten Materialien. Hier trifft der Nutzer auf Stahl, Beton und Ziegelstein. Durch seine enormen Dimensionen und den großen Fensterflächenanteil wirkt die Konstruktion dennoch überraschend filigran. Diese Thematik der „filigranen Konstruktion“ ist im gesamten Ensemble vorzufinden und bildet ein Verbindendes Element, trotz differenzierter Materialen. Da der Hangar ein Zitat der Geschichte darstellt und einen erstaunlich guten Erhaltungszustand aufweist wurde an seinem Erscheinungsbild nicht wesentlich etwas geändert.
SKALIERBARKEIT + ERWEITERBARKEIT
Durch die räumliche Trennung von „Wohnen“ und „Arbeiten“ werden nicht nur städtebauliche und konstruktive Vorteile erzielt, auch im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen wird so eine maximale Flexibilität erreicht.
Das Hotel ist so konstruiert, dass es bei Bedarf schnell und einfach in Richtung Süden erweitert werden kann. Der Tower bietet ausreichend Platz um im Falle einer erhöhten Nachfrage ebenfalls zukunftsfähig zu sein.
Einer der größten Standortvorteile ist zudem die schier unbegrenzt erscheinende Fläche. Hier besteht die Möglichkeit das Kompetenzzentrum als Ganzes weiter auszubauen und durch synergetisch sinnvolle Bereiche zu ergänzen.
TRAGWERK + MODULARITÄT
Der Tower ist bist auf den Erschließungskern und den Keller ein kompletter Holzbau. Der Kern aus Stahlbeton übernimmt die Aussteifung des Gebäudes. Dem gesamten Bau liegt ein Raster von 3.75m x 7.50m zugrunde. Die Spannweite von 7.50m wird durch Brettstapeldecken überspannt. Diese können als vorgefertigte Elemente auf die Baustelle geliefert werden. Lediglich in Verlängerung des Kerns in Nord-Süd-Richtung sind je zwei Stahlträger als deckengleiche Unterzüge notwendig.
Die Konstruktion des Hotels sollte eine einfache, schnelle und kostengünstige Errichtung und Erweiterbarkeit gewährleisten, daher wurden die „Wohngeschosse“ als modularer Holzbau konzipiert. Jedes Zimmer bildet dabei eine vorgefertigte Einheit. Das Erdgeschoss ist ähnlich konzipiert wie der Tower. Hier liegen ebenfalls Brettstapelelemente auf Holzstützen und bilden so die Unterkonstruktion für die Boxen. Der hölzerne Balkon wird auf der Baustelle angebracht. Durch die Platzierung der Treppenhäuser an den Enden des Gebäudes wird, v.a. in Richtung Süden, eine einfache Erweiterung des Hotels ermöglicht.
FREIRAUMKONZEPT
Das Freiraumkonzept sucht eine naturnahe Gestaltung mit einem möglichst geringen zusätzlichen Versiegelungsgrad. Da sich die Gebäude in einem Waldgebiet befinden, muss ein Waldabstand von 30m eingehalten werden. Dies ist außerdem sinnvoll um die Baukörper im Falle eines Waldbrandes zu schützen, denn so finden die umherfliegenden Funken keinen Nährboden in nächster Nähe der Gebäude. Zusätzlich wird in einem Umkreis von 70m um das Ensemble dafür gesorgt, dass lediglich einzelnstehende Bäume vorzufinden sind, so kann im Falle eines Brandes die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Feuers verringert werden. Erst hinter dieser Schneise beginnt der Wald.
Parkplätze werden (ausgenommen der Alarmpakplatz der Feuerwehr) nicht zusätzlich angelegt, denn die Wege auf dem Flughafenareal sind alle mindestens 20m breit, ein Parken „am Fahrbahnrand“ ist problemlos möglich. Eine Kennzeichnung erfolgt, wie bei einem Flughafen üblich, über entsprechende Markierungen am Boden.
Die Bewegungsabläufe mit Fahrzeugen erfolgen vollständig auf den bereits vorhandenen Rollbahnen. Da diese für die Nutzung durch große Transportflugzeuge ausgelegt sind, erfüllen sie die Anforderungen der Feuerwehr an die Tragfähigkeit der Straßen und Aufstellflächen. Der Fußgängerverkehr wird abseits dieser Straßen erfolgen, so ist gewährleistet, dass es zu keiner unüberschaubaren Kreuzung der beiden Ströme kommt. Der Fußweg der das Ensemble verbindet kreuzt die Straße an einem einzigen Punkt, dieser Knotenpunkt ist deutlich erkennbar durch einen Belags- und Oberflächenwechsel der Straße gekennzeichnet.
Jedes der Gebäude erhält einen Außenbereich. Die Zonen vor den beiden neu entstandenen Gebäuden dienen hauptsächlich zum Aufenthalt in den Pausenzeiten und Abendstunden. Die Platzfläche im Norden des Hangars ist als Werkhof vorgesehen und soll die Möglichkeit bieten Mockups aufzubauen und zu präsentieren.
Die große Fläche im Süden des Flugplatzes die sich zwischen der südlichen Rollbahn und der Star-und Landebahn erstreckt, wird als Übungsfläche für Waldbrandeinsätze genutzt. Die kleinere Fläche westlich zwischen diesen Rollbahnen dient der Forstwirtschaft als Fläche auf der nicht heimischen Baumarten angepflanzt und beobachtet werden können. Alternativ können Beobachtung über weitere Klimaschäden an existierenden Bäumen, sowie Schulungen hinsichtlich Baumfällarbeiten betrieben werden.
Auf der großen Platzfläche im Osten der mittleren Rollbahn, vor dem ehemaligen Terminal, wird ein Start- und Landeplatz für Löschhubschrauber vorgesehen.
Beschreibung der Besonderheiten
Des Weiteren wurde darauf geachtet, dass die beiden Neubauten so weit wie möglich aus nachwachsenden Rohstoffen errichtet werden. Zudem sollten möglichst nur sortenreine Bauteile zum Einsatz kommen und auf Verbundstoffe wie Brettschichtholz oder Holz-Beton-Verbunddecken verzichtet werden. Sowohl beim Tower als auch beim Hotel bestehen die Bauteile entweder aus Vollholz oder verdübelten Brettstapelelementen. Eine Demontage- und Recyclingfähigkeit der einzelnen Elemente bleibt so weitgehend erhalten, da die Prämisse keine oder möglichst wenig Verbundstoffe einzusetzen auch ein Verkleben von Bauteilen ausschließt und so vorwiegend Schraubverbindungen verwendet wurden.
Insbesondere bei der Grundrisskonzeption des Hauptgebäudes wurde Wert auf eine hohe Flexibilität im Hinblick auf mögliche Folgenutzungen gelegt. Die Kerntypologie und die moderaten Spannweiten gepaart mit einem Fassadenraster von 3.75m ermöglichen es, je nach Anforderung durch die Nutzungen, sowohl Zellenstruckturen als auch offene Grundrisse zu realisieren.
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