Architekturobjekte

Heinze ArchitekturAWARD 2019: Teilnehmer


Kreuzberg statt Zauberberg - Ein Beitrag zur Transformation des Sanatoriums

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Karlsruher Institut für Technologie, Architektur, Constanze Fleischer

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Karlsruher Institut für Technologie, Architektur, Constanze Fleischer

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Verwendete Produkte

studentischer Entwurf, keine konkreten Angaben

studentischer Entwurf, keine konkreten Angaben

Gebäudedaten

Tragwerkskonstruktion

Stahlbeton

Anzahl der Vollgeschosse

3- bis 5-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt

70.000 m³

 

Bruttogrundfläche

21.000 m²

 

Nutzfläche

8.100 m²

 

Verkehrsfläche

6.700 m²

 

Wohnfläche

1.400 m²

 

Grundstücksgröße

7.100 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Das Projekt ‚Kreuzberg statt Zauberberg‘ untersucht die Frage, wie sich ein zeitgemäßes Sanatorium sowohl konzeptionell als auch architektonisch artikulieren muss. Ziel ist es, mit Hilfe der Architektur die neue Volkskrankheit unserer Zeit - die psychischen Erkrankungen - direkt an ihrem Entstehungsort zu bekämpfen, nämlich im Kontext der Stadt.

Für die Architektur ergeben sich daraus spannende Herausforderungen. Nicht nur gilt es auszuloten, wie die Architektur generell zu Regeneration und Heilung psychischer Erkrankungen beitragen kann, sondern vor allem, mit welchen Mitteln sie dies in der Stadt ermöglichen kann, die in erster Linie mit Stressoren, nicht aber mit Erholung in Verbindung gebracht wird. Es galt also, ein Refugium in innerstädtischer Lage zu entwerfen, das die Patienten von den urbanen Stressoren abschirmt und gleichzeitig geschützte Außenräume generiert. Testfeld für dieses Vorhaben wurde die Cuvrybrache an der Spree in Berlin Kreuzberg - ein Grundstück mit bewegter Vergangenheit inmitten der Stadt, das durch seine unmittelbare Wassernähe besticht.

Sowohl in Anlehnung an die umgebende Blockrandstruktur als aber vor allem mit Bezug auf die bewährte Typologie ‚Kloster‘ entstand ein vierseitiger Baukörper, der in seiner Mitte einen Innenhof umschließt. Durch die städtebauliche Figur und die Massivität ihres Ausdrucks bildet der Entwurf den notwendigen Schutzraum gegen die urbanen Stressoren. Gleichzeitig bezieht er mit der Ausrichtung auf die Spree, dem großzügigen Innenhof und der Ausbildung einer Dachlandschaft Naturelemente in das Heilungskonzept mit ein. Die Bewegung durch das Gebäude, die in differenter Weise ermöglicht wird, wird zu einem grundlegenden Gestaltungsprinzip von therapeutischer Bedeutung. Unter Zuhilfenahme atmosphärischer Mittel und durch Anleihen aus dem Kloster- und Sakralbau möchte der Entwurf einen Ort schaffen, der die Sinne aktiviert, zugleich aber durch immer wiederkehrende Elemente Ruhe und Verlässlichkeit ausstrahlt. Ein vielfältiges Angebot an Räumen für die Gemeinschaft und den persönlichen Rückzug regt zur Kontaktaufnahme an, ohne die Patienten zu überfordern. Materialität und Farbwelt sind zurückhaltend gewählt. Sie beruhigen das Gemüt und sind zugleich Leinwand für ein Spiel aus Licht und Proportion. 

Ziel des Entwurfs ist ein Gebäude, dass sich standhaft und unaufgeregt in seinem Umfeld platziert und im Kontrast steht zu Hektik, Lärm und visueller Dauerstimulation der Stadt. Das Sanatorium steht dem Patienten wohlwollend gegenüber. Es soll zum ‚lebensbejahenden Wohlfühlort‘ mit besonderer Atmosphäre werden, der schützt und gleichzeitig anregt, und für den Patienten die Zeit seiner Krankheit erträglicher macht - ohne zum Sehnsuchtsort zu werden.

Das Projekt ‚Kreuzberg statt Zauberberg‘ versteht sich als Ergänzung des derzeitigen Heilungs-Repertoires. Es kann einen Beitrag leisten zu einer verbesserten Stadtgesundheit und setzt in prominenter Lage gleichsam ein bauliches Zeichen, das den Fokus auf eine moderne Krankheit verstärkt, auf die Umstände, die sie hervorbringen, und die Notwendigkeit für Orte, die ihr entgegenstehen.

Beschreibung der Besonderheiten

Funktional orientiert sich das Gebäude an den Anforderungen einer psychosomatischen Klinik. Durch die Lage inmitten der Stadt erscheint es äußerst sinnvoll, sowohl Möglichkeiten zu stationärem Aufenthalt als auch tagesklinischer Betreuung anzubieten.

Die Nutzungsverteilung richtet sich dabei nach dem Bedarf an Schutz und Abgeschiedenheit der Patienten sowie der Relation zu Stadt und Spree. Da man davon ausgehen kann, dass die stationären Patienten in höchstem Maße von äußeren Belastungen abgeschirmt sein sollten und gleichzeitig am meisten von der Nähe zur Spree profitieren können, verortet sich der stationäre Bereich mit den Zimmern der Patienten im nördlichen Teil des Gebäudes mit Blick auf den Fluss. Im südlichen Teil mit Zuordnung zur Stadt befindet sich die Tagesklinik. Die Stationen organisieren sich hier über jeweils zwei Etagen zu einer loftartigen Struktur. Aus therapeutischer Sicht ist eine Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Therapieangeboten äußerst sinnvoll, die Begegnung der Patienten sollte gefördert werden. Daher sollen die beiden Seitenarme des Gebäudes von beiden Patientengruppen gleichermaßen genutzt werden. Die Therapie ist das verbindende Element. Zur Straße hin werden solche eher unempfindlichen Räumlichkeiten angeordnet, die den Außenbezug vertragen können, Räume mit sensiblerer Nutzung orientieren sich entlang der angrenzenden Brandwand des Nachbargebäudes zum Innenhof hin. Die Gestaltung der Fassade bezieht sich ebenfalls auf die Ausrichtung gen Stadt oder Innenhof und reagiert mit einem differenzierten Maß an Öffnungen. 

Das Erdgeschoss ist der öffentlichste Bereich des Sanatoriums. Es trägt der Stadtlage Rechnung und bietet ausreichend Raum für die Begegnung von Angehörigen und Patienten.
Sämtliche Außenräume der Einrichtung, die Dank der Weitläufigkeit des Grundstücks großzügig dimensioniert sind, dienen der Gemeinschaft, der Begegnung und Bewegung. Die Bewegung durch das Gebäude wird insgesamt zu einem grundlegenden Gestaltungsprinzip mit therapeutischer Wirksamkeit. So werden der Kreuzgang im Erdgeschoss, die große Rampe hinauf auf das Dach sowie die Erschließungszonen der Obergeschosse von reinen Verkehrsflächen zu wichtigen Nutzflächen im Gebäude. Teils als Innenräume, teils aber bewusst als Außenräume angelegt erlauben sie es den Patienten, ein typisches Element der Erholung in der Landschaft auch in der Stadt zu erleben, ohne den geschützten Rahmen des Sanatoriums verlassen zu müssen.

Das Gebäude bildet entsprechend seiner Aufgabe einen fließenden Übergang zurück in die Stadt ab. Der Patient beginnt seinen Aufenthalt im von der Stadt distanziertesten Bereich des Gebäudes. Im Verlauf der Behandlung nähert er sich zunächst durch die Therapie, später durch den Besuch der Tagesklinik immer weiter dem städtischen Umfeld an, bis er schließlich gesund das Sanatorium in Richtung Stadt verlassen kann. Durch die Nutzungsverteilung im Gebäude wird die Aufgabe des Sanatoriums, die schrittweise Wiedereingliederung des Patienten in das städtische Leben, projiziert und unterstützt.

Die Funktion eines Sanatoriums, eines Ortes der Erholung, kontrastiert in weiten Teilen mit der Lage inmitten der Stadt. Die große Herausforderung des Entwurfes bestand darin, diese Konflikte mit Hilfe der Architektur zu überwinden, und dabei gleichzeitig dem sensiblen Kontext gerecht zu werden. 
 

Schlagworte

Sanatorium, Gesundheitswesen, Kreuzberg, Psychosomatik, Rehaklinik

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