Architekturobjekte
Nominiert für die Shortlist der Jury 2021 - Nachwuchsarbeiten
Kulturwerdinsel - Bühnen der Stadt
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Andreas Pfeffer
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Andreas Pfeffer
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Schweiz
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die heutige Gesellschaft ist geprägt von kulturellen Unterschieden, wodurch verschiedene Formen der Kultur von Bedeutung sind. Dadurch entstehen Orte in einer Stadt, die von bestimmten Bevölkerungsschichten und Altersgruppen bevorzugt aufgesucht werden. Kulturinstitutionen und Kulturschaffende tragen einen wesentlichen Teil zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei und sie spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels. Heute, in einer historischen Periode, die charakteristisch steht für soziale Transformation, rasante technische Entwicklungen und politischen Unsicherheiten, sind die Städte komplexen Umständen ausgesetzt. Öffentliche und private Räume distanzieren sich zunehmend. In Hinsicht des produktiven Umgangs mit dieser Situation ist Kultur unabdingbar. Kultur ist nicht nur traditionell, sondern stets auch auf der Suche nach etwas Neuem. Kulturschaffende können ebenso als Expertinnen und Experten der Zukunft angesehen werden. Oftmals zeigen sie nämlich auf, dass das noch Unbekannte keine Bedrohung darstellt, sondern vielmehr als Chance betrachtet werden muss, gewisse Dinge neu zu sehen und anders zu denken. Kultur und Kunst sind eng miteinander verwoben. Kunst fördert das Sehen, Hören, Fühlen und Denken. Die Sinne werden geschärft. Man sieht genauer hin und hört intensiver zu, nimmt Dinge sensibler und wachsamer wahr. Ein demokratisches Gemeinwesen ist davon abhängig. Jede Art von Kultur hat in einer gewissen Weise eine Schnittmenge mit einer anderen. Das kulturelle Angebot einer Stadt ist eng verknüpft mit der individuellen Lebensqualität. Jedoch ist es für eine Stadt nicht immer einfach, ein vielfältiges kulturelles Angebot anbieten zu können. Kultur benötigt Raum, um sich zu entfalten, geschaffen und präsentiert zu werden. Doch dieser ist oftmals nicht gegeben. Betrachtet man das rasche und vielfältige Wachstum, welchem die Stadt Zürich schon heute ausgesetzt ist, sind weitere Flächen für kulturelle Nutzungen unabdingbar. Zwar ist die Stadt mit ihrem aktuellen kulturellen Angebot im internationalen Vergleich mit anderen Städten gut aufgestellt, doch durch das prognostiziere Wachstum sollte entsprechend zeitnah gehandelt werden. Die gesellschaftliche Dynamik ist erheblich und durch dieses Wachstum wird der Druck auf den Raum nochmals zunehmen. Ebenso werden die zunehmende Diversität und kulturellen Prägungen der Gesellschaft die Problematik weiter verschärfen. Kultur steht in dieser dynamischen Entwicklung sinnbildlich als Raum der Begegnung und des Austausches, ebenso für Reflexionen und Experimente. Durch die Kultur werden Brücken geschlagen und der gesellschaftliche Zusammenhalt nimmt zu. Die Stadt Zürich ist daran interessiert die Rahmenbedingungen der Kulturschaffenden, der Institutionen und des Publikums weiter zu verbessern. Das gewachsene kulturelle Gedächtnis soll weiterhin akribisch gepflegt und bewahrt werden und gleichzeitig neuer Raum für Wagnisse und Experimente zum Wohl der Gesellschaft geschaffen werden. Nicht unbedingt einfacher machen es die spartenübergreifende Kunst- und Kulturprojekte. Die Grenzen verschwimmen durch die globale und digitale Entwicklung zunehmend. So dient der Orchestergraben nicht mehr ausschließlich der Musik, sondern er wird heutzutage gegen eine Bühne eingetauscht, auf der gleichzeitig getanzt und gesprochen werden kann. Auch der Theaterraum dient unlängst als Projektionsfläche für Videoinstallationen. Das zieht eine räumliche Veränderung und Anpassung mit sich. Kultur kann dabei Verbindungen herstellen.
Stadträumliches Konzept
Das Hauptaugenmerk des stadträumlichen Konzeptes bezieht sich auf die Verbindung der Promenade vom Platzspitz im Norden entlang des Bahnhofquais, der Schipfe und Wühre, des Stadthausquais bis hin zum Zürichsee im Süden. Die Promenade kann zum größten Teil als kulturelles Erbe der Stadt Zürich angesehen werden. Ein Reichtum an Typologien, Räumen und unterschiedlichsten Plätzen lassen einen ganz eigenen Bewegungsrhythmus zu, wodurch der eigene Schritt einen wundervollen Klang erzeugt. Doch vom Schweizer Landesmuseum bis zur Schipfe bricht die Promenade förmlich auseinander. Der Klang erlischt. In Anbetracht der Bedeutung der öffentlichen Räume um den Hauptbahnhof und seiner Bedeutung als Eingangstor zur Innenstadt mit einer Anbindung an die Limmat bedarf es von Seiten der Stadt ohnehin Handlungsbedarf. Der Raum bietet in seiner heutigen Gestalt äußerst wenig stadträumliche Qualität. Vor 70 Jahren war der Raum noch von Passanten, den Mühlen und Warenhäusern und dem Strom der Limmat geprägt. Doch durch den Einzug des Automobils in die Innenstädte, musste die Limmat erheblich an Breite einbüßen. Die Ufer sind zusammengerückt und der Raum zwischen der Haupthalle des Hauptbahnhof und der Limmat ist stattdessen von Verkehrsinfrastrukturen geprägt. Querungsmöglichkeiten weisen erhebliche Hürden auf und Aufenthaltsqualitäten sind kaum vorhanden. Mit dem Masterplan der Stadt Zürich wird ein Zukunftsszenario entwickelt, welches die Grundlage für verschiedenste Betrachtungsparameter abbildet. Es wird prognostiziert, dass in Zukunft der motorisierte Individualverkehr rückläufig sein wird und mit einem Anstieg der Personenzahlen des öffentlichen Personennahverkehrs zu rechnen ist. Dadurch würden sich Potenziale bieten, Straßenräume der Stadt für andere Nutzergruppen zurückzugewinnen. Die verkehrstechnischen Achsen um den Hauptbahnhof in Zürich sind selbstverständlich wichtige Erschließungsdispositive und können nicht vollends aufgegeben werden. Doch es besteht die Möglichkeit, durch den Rückgang des motorisierten Individualverkehrs, großräumlicher den Verkehr zu führen und die innerstädtische Situation erheblich zu entzerren. Dadurch könnte die Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Flussraum gewinnen. Raum für Begegnungen könnte entstehen. Ein Spannungsfeld zwischen Ankunft, Aufenthalt und Durchgang würde hervorgehen. Ebenso kann der unterbrochene Raumfluss vom Platzspitz zum Bauschänzli als neue Chance betrachtet werden. Durch einen neuen Verlauf der Uferkante des Bahnhofquais wird die Geschichte des Ortes neu gezeichnet. Eine neue Komposition ensteht. Der Weg der Promenade wird neu montiert. Es wird angeknüpft. Ein Kollektiv wird gebildet. Ein weiterer Rhythmus kommt hinzu.
Architektonischer Entwurf
Für den gesellschaftlichen Wert wird der Versuch unternommen, alles in einer öffentlichen Struktur zu konzentrieren. Grundlage des architektonischen Entwurfs und dessen Nutzungsvorschlages bildet die von der UNESCO verfasste Definition des Kulturbegriffs und deren Übersetzung in Raum.
»Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.«
Unesco 1983
Durch die Veränderung der Parameter und dem steigenden Raumbedarf für den Passanten, wird durch den Entwurf ein abwechslungsreicher Stadt- und Kulturspaziergang entlang der Limmat möglich. Die Stadt Zürich ist eine Stadt mit einer außergewöhnlichen Lebensqualität, zu welcher das Element des Wassers erheblich beiträgt und ein großes Potenzial besteht, die Limmat weiter in die Stadt mit ihren öffentlichen Räumen, einzubeziehen. Das Wasser fungiert dabei als Symbol für das Leben. Durch den Abriss der gebauten Strukturen in und an der Limmat wurde das Potenzial des Flusses reduziert, zur Gesellschaft beizutragen. Mit der Kulturwerdinsel wird ein Vorschlag unterbreitet, die Stadt und den Fluss in einen lebendigen Dialog treten zu lassen. In einer stringenten Weise werden die Bedingungen des Ortes zu einer architektonischen Sprache entwickelt, die der Struktur einen eigenständigen und einladenden Charakter verleiht. Das Wechselspiel von Innen und Außen, Masse und Leere, Licht und Schatten, Nähe und Ferne spielt dabei eine wesentliche Rolle. Ein begehbarer, verbindender und einbindender Sockel erstreckt sich unterhalb der Bahnhofbrücke in einer orthogonalen Achse zur schon bestehenden Tragstruktur des einstigen Warenhauses. Die beiden signifikant aufragenden Baukörper bilden durch ihre Körnung und Proportion die Adresse und das Tor zu Zürich.
Es sollen Räume der Begegnung entstehen, die jederzeit zugänglich sind und eine ungezwungene Atmosphäre bilden. Dem ankommenden Passanten eröffnen sich Sequenzen von Bezugssystemen. Als Prinzip bleibt die Wahl einer Zuordnungsmöglichkeit dem Individuum frei überlassen. So ist eine gleichzeitige Wahrnehmung von Räumen, Ebenen und der umgebenen Stadt gegeben. Der Raum fluktuiert durch eine transparente und sich überlagernde Organisation kontinuierlich. Der Weg ist das Bindeglied der Existenz von Raum und Zeit. Durch die Weg-Begehung wird die Summe der Lesearten des Objekts ermöglicht. Ein gewisses Spannungsverhältnis führt den Passanten zu einer intensiven Form der Auseinandersetzung. Durch die vielfältige Zusammensetzung der kulturellen Nutzungen für die Gesellschaft, wird diese reicher und resilienter als Ganzes. In der Horizontalen wie auch in der Vertikalen entsteht ein zeichenhaftes Wechselspiel. Horizontale Linien definieren als Bühnen den vom Ufer abgerückten Sockel. Auf der Höhe des Bahnhofes befindet sich die Ebene des Ankommens. Der neue Bahnhofplatz. Die Limmat wird dadurch eingebunden und der Fluss erhält die an diesem Ort langersehnte Adresse. Der schon bestehende Mühlesteg wird in die Struktur miteingebunden und dient als Erschließungsdispositiv des Mühleplatzes. Der Mühleplatz ist die Ebene der Freiheit und fungiert als Transit- und Aufenthaltsraum. Der massive, in den Flussraum eingestellte, Sockel sorgt für eine Diversifikation. Die räumliche Konzeption sieht differenzierte Nutzungsoptionen vor. Dort befindet sich die, über eine lange Rampe erschlossene, Ebene der Weltanschauung. Räume zur Reflexion und für einen möglichen Rückzug des städtischen Treibens, bei gleichzeitiger Teilnahme des öffentlichen Lebens, treten in Erscheinung. Folgt man dem Weg weiter Richtung See, auf der Ebene der Orientierung, passiert man ein Freilichtmuseum. Dieses veranschaulicht die Grundrechte des Menschen und die Wichtigkeit der Demokratie in unserer Gesellschaft. Die Ebene der Verbindung ist der Raum unter der Brücke. Er bietet zum einen die neue niederschwellige Verbindung des Bahnhofquais sowie die Möglichkeit den durch die Brücke geschützten Raum für Open-Air-Veranstaltungen zu nutzen. Im Weiteren erscheint die Ebene der Tradition in Anlehnung an die Geschichte des Ortes und als Andockstelle für Wochenmärkte im Sommer oder einen Weihnachtsmarkt im Winter. Folgt man seinen Schritten weiter, wird man vom Dach der Ateliers empfangen. Durch den Einblick in die Ateliers von oben, entsteht eine gewisse Neugierde. Die Ebene der Künste bietet Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit eines eigenen kleinen Ateliers. Die Besonderheit der Räume ist die Zusammenschaltbarkeit aller Ateliers zu einer großen Einheit. Eine Enfilade dient als verbindendes Element, wodurch gemeinsame Ausstellungen ermöglicht werden. Das ehemalige Warenhaus wird auf Straßenniveau vom Baukörper zum Raumkörper. Es geht durch seinen räumlichen Übertritt einen unmittelbaren und direkten Dialog durch Berührungspunkte mit der Stadt ein. Die vorhandene Stahlkonstruktion bleibt erhalten und das geschlossene Volumen wird durch den Einsatz von Holz und Glas ergänzt. Über dem Marktplatz befindet sich die Ebene der Kommunikation mit der Nutzungsoption einer Markthalle. Keine Markthalle im klassischen Sinne, vielmehr ein Markt der Möglichkeiten. Vorstellbar wären hier beispielsweise ein Free-Working-Space, ein Bereich für die Jugend in Anlehnung an die Vergangenheit oder ein Café als Börse des Austausches und der Zusammenkunft. Durch den freien Grundriss, kann das Programm des Gebäudes sich im Laufe der Zeit den gewünschten Umständen äußerst flexibel anpassen und leistet einen erheblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Darüber befindet sich die Ebene der Natur, welche als Dachgarten in Erscheinung tritt. Diese steht als Analogie zu den Naturräumen der Stadt und bietet zudem viel Raum für Pflanzen, Gelegenheiten zum Verweilen, Spielen und Gärtnern. Einschnitte lassen Bezüge aller Ebenen untereinander entstehen. Der Bildungsturm bildet das Gegenüber und komplementiert den Entwurf. Als Holzkonstruktion, tritt dieser oberhalb des Sockels empor. Die Ebene auf dem Sockel dient der Orientierung und ist die Bühne für das Forum. Man schreitet hinein, befindet sich jedoch noch im Freien und spürt die Verwobenheit der Ebenen untereinander. Die Bühnen eröffnen einen allseitigen Bezug zur Stadt und eine wunderschöne Aussicht Richtung See bis hin zu den Bergen. Die Nutzung sieht auf den Ebenen des Wissens eine Bibliothek vor. Auf den Ebenen der Vermittlung befindet sich ein Auditorium. Zusätzlich eröffnet sich die Möglichkeit für Musik, Tanz und Theater auf den Ebenen des Schauspiels. Auf den Ebenen der Betrachtung bietet sich Raum für Ausstellungen. Die Kulturwerdinsel soll die Öffentlichkeit aktivieren und ist als Ort der Gemeinschaft konzipiert.
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