Architekturobjekte
Heinze ArchitekturAWARD 2017: Teilnehmer
La Seta Italiana - Eine Seidenmanufaktur im Piemont
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, Julia Werwigk
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, Julia Werwigk
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Italien
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Stahlbeton
Anzahl der Vollgeschosse
2-geschossig
Raummaße und Flächen
Nutzfläche
10.000 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die sichtbare räumliche Transformation durch zahlreiche verlassene Produktionsstätten, ersetzt durch wirtschaftlichere Klimahüllen, prägen das Bild im Piemont und drücken die sichtbare Konfrontation der Bevölkerung mit dem Wegbruch ehemals dominierender Faktoren ihres Lebensumfelds aus. Einst identitätsstiftende Architektur verliert durch ihren Funktionsverlust an Bedeutung und Wertschätzung. Die einstige Ausrichtung der örtlichen Gemeinschaft auf den Industriebetrieb und der sukzessive Abbau dieser früher alltagsstabilisierenden Infrastruktur brachte Abwanderung und Orientierung der Bevölkerung an städtischen Strukturen und zugleich die kulturelle Identität des Dorfs ins Wanken.
DIE METAMORPHOSE DES GEBÄUDES Die Umnutzung des Fabrikstandorts zu einer Manufaktur mit Seidenraupenaufzucht, der Faden- und Gewebeherstellung sowie ihrer Veredelung hat die Rückgewinnung seines Identifikationspotenzials durch die gezielte Anknüpfung an lokale Mentalität und Traditionen zum Ziel: die Förderung der lokalen manuellen Produktion, dem „Made in Italy“, sowie die Wertschätzung eigener Agrarprodukte werden zum Impulsgeber einer gefestigten Bindung der Menschen an ihre Heimat in einer Region, die immer noch als wirtschaftliches Rückgrat des Landes gilt. Die im Entwurf vollständig integrierte Wertschöpfungskette mit ihrer Bandbreite an handwerklichen, technischen und intellektuellen Arbeitsprozessen ist ökonomisch robust, inkludiert verschiedenste Ausbildungsniveaus und orientiert sich an den lokalen Potenzialen des Klimas und Knowhows des Seidenanbaus, der „Serikultur“, ein einst führender und verblasster Exportzweig in Norditalien. Zudem gibt seine Wiederbelebung eine Antwort auf die national sowie weltweit steigende ungedeckte Nachfrage nach Bioseide.
Beschreibung der Besonderheiten
DER BESUCHERWEG Der gewebte Stoff und die veredelten Kleidungsstücke gelangen über die äußeren Stege in die Verkaufs- und Ausstellungszone. Diese stellt gleichzeitig den Start des Besucherwegs dar, nachdem der Ankommende durch ein hochstämmiges Baumdach achsial zum Eingang des Besucherzentrums geleitet und dabei vom Rohstoff der Seide umhüllt wurde. Die für Besucher öffentliche Mittelachse, welche durch die Bestandskomposition der Gebäudevolumen und die Ausrichtung des Sheddachs unterstrichen wird, führt in das Herz der Produktionshalle. Durch eingestellte Betonwände, hinter denen sich die Anprobe befindet, ist die öffentliche Zone von den Schneiderbereichen abgetrennt und dennoch bei Modeevents als Catwalk nutzbar und direkt zugänglich. Sie wird von einem orthogonal zu ihr liegenden Besuchersteg gekreuzt, der die Schnittstelle zwischen den Besuchern und der Seidenproduktion darstellt. Er verbindet die Manufakturstränge und gewährt den Besuchern auf der darüber liegenden Ebene auf verschiedene Weise Einblick in die manuellen Herstellungsprozesse ohne diese zu stören. Am Ende des Mittelgangs befindet sich eine Cafélounge. Eine breite Treppe führt nach unten ins öffentliche Restaurant der Mitarbeitermensa, wo sich Mitarbeiter und Besucher begegnen können. Der überhöhte Raum wird über das Shed belichtet und von der darüber schwebenden Betonschale abgerundet. Der mittige Ausgang leitet auf die asphaltierte Bestandsplattform, wo der Besuch mit dem Kauf eines Setzlings und die Erfahrung mit einem Spaziergang durch die Plantage zurück zum Haupteingang und den Parkflächen beendet werden kann.
DIE KULTURPFLANZE Die Einführung der endemischen Weißen Maulbeere folgt genau definierten Gestaltungsprinzipien. In den Bereichen ihres Einsatzes wird die ehemals komplett geschlossene Mauer des Areals zur Kulturlandschaft darum herum geöffnet und ein fließender Raum erzeugt. Dem hochstämmigen Kronenteppich im Südosten steht im Nordwesten ein tiefes Vorzuchtsfeld der Setzlinge entgegen. Komplettiert wird das Grünkonzept durch die strenge, niedere Plantagenpflanzung im Südwesten, deren Reihung sich im Gebäudeinneren durch den Stützenwald der Konstruktion und der zur Plantage parallel ausgerichteten Manufakturstränge fortsetzt. Sie funktioniert als Mischkultur und ist als Agroforstkreislauf zur Ertragsgewährleistung gedacht. Die Strukturierung durch den Ernte- und Besucherweg, welche den Blick auf das Alpenpanorama freigeben, rundet sie ab.
DIE WIRKUNG Die Raumsequenz zwischen den Baukörpern wird in der Fassadengestaltung verstärkt, indem sie als geschlossenes Volumen über dem verglasten, sich zur Landschaft öffnenden Logistikzentrum schwebt und im Bereich des Besucherzentrums auf der Erde aufliegt. Sie wird von einer stehenden Holzschalung aus vorvergrauter Weißtanne gegliedert, die in Anlehnung an die Organik der Blätter, Raupen und den händischen Herstellungsprozess im Innern gewählt wurde. Im Gegensatz zum geschlossenen Erdgeschoss legt der Bereich darunter das Konstruktionsprinzip des Stahlbetonskeletts frei. Dies ermöglicht Einblick in die Produktionslogistik und lässt die eingestellten Boxen erahnen. Der Ausbildungsbereich folgt dem Prinzip der rhythmisierten Außenhaut. Innenliegende Seidenvorhänge zeigen das Endprodukt und sind Puffer gegen Sonne und ablenkenden Einblick. Dem ehemaligen Pförtnertor folgend, das als Anker des städtebaulichen Sonderbausteins zur Dorfstraße fungiert, schiebt sich die Seidenmanufaktur auf einer Plattform in die Kulturlandschaft und verbindet subtil inhaltlich als auch räumlich ihre natürliche und gebaute Umwelt.
Auszeichnungen
Engere Wahl Egon Eiermann Preis 2017
Egon Eiermann Preis 2017 Engere Wahl
Egon Eiermann Preis 2017 Engere Wahl
Schlagworte