Architekturobjekt 20 von 539
Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten

Architekturobjekte

Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten


Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Cassandra Sauter, Universität Stuttgart

Konzeptcollagen Landbahnhöfe - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

© Cassandra Sauter

Ausstellungsraum - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

© Cassandra Sauter

Ateliers - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Umgebungsmodell - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Fassade - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Gemeindesaal - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Umgebungsmodell - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Durchgangshalle - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

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Modellfoto - Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet

© Cassandra Sauter

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Cassandra Sauter, Universität Stuttgart

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

06.2024

Beschreibung

Objektbeschreibung

Landbahnhöfe – städtische Satelliten im strukturschwachen Gebiet
Bahnhöfe zählten früher, neben Kirche und Rathaus, zu den wichtigsten Typologien einer Gemeinde. Sie galten als moderne Stadteingänge und Architekten sahen in ihrer Gestaltung eine lohnende Bauaufgabe, die noch heute sowohl Landschaft als auch Stadt prägen. Doch die goldene Zeit der früheren Sehnsuchtsorte ist längst vergangen. Nur selten werden sie noch als Kulturdenkmäler wahrgenommen. Ca. 3000 der deutschen Landbahnhöfe stehen leer. Ungelöste Besitzverhältnisse, Ideenlosigkeit und geringe Wertschätzung führten über die Jahre zu unnötigen Eingriffen und Verfall. Nicht selten werden diese Orte Schauplatz für Vandalismus. Ironischerweise tritt dieses Phänomen in einer Zeit auf, in der die Bahn als Fortbewegungsmittel wieder an hoher Bedeutung gewinnt und im Zuge der Verkehrswende besseren Orten bedarf. 

Die vernachlässigte Typologie vermittelt als Übergabepunkt zwischen Stadt und Land.  Die sehr städtischen Bauten standen früher vielmehr im Kontext der Schienen und der Zielbahnhöfe in den großen Städten als in ihrer unmittelbaren ländlichen Umgebung. Mit der Änderung der rechtlichen Zugehörigkeit - nicht mehr zur Bahn, sondern zu den Gemeinden - ändern sich die Rahmenbedingungen. Neue Nutzungen und Maß des Eingriffs werden durch die nun wichtig gewordene Identität des Ortes, den verschiedenen Akteur*innen und den soziostrukturellen Begebenheiten bestimmt. Die Ideen dienen als Impuls für die Entwicklung im strukturschwachen Gebiet und zeigen, wie Bau- u. immaterielles Kulturerbe im suburbanen Raum geschützt werden können.

Diese Arbeit soll Beispiele im Umgang mit dieser Art an Verkehrsdenkmälern aufzeigen und Anreize schaffen, Kulturdenkmäler im suburbanen und ländlichen Raum zu schützen. Im ersten Schritt werden verschiedene Landbahnhöfe analysiert und klassifiziert. Im zweiten Teil der Arbeit werden drei Fallbeispiele mit unterschiedlichem Grad an Ländlichkeit aus dem erstellten Typologie-Katalog genauer betrachtet und mögliche Entwicklungsvorschläge werden skizziert.

Der erste ausgewählte, leerstehende Bahnhof befindet sich in einer Kleinstadt in Sachsen. Die Stadt verfügt über eine gute Anbindung an die Großstadt Leipzig. Bekannt war der Ort einst für das lokale Textilhandwerk. Mit einer neuen Nutzung soll dieses identitätsstiftende Handwerk im ehemaligen Bahnhofsgebäude weiter vermittelt werden und so immaterielles Kulturerbe sowie das Baukulturerbe schützen. Mit dieser repräsentativen und urbanen Nutzung kann der Bahnhof als Impulsgeber für weitere Entwicklungen und kulturelles Angebot im strukturschwachen Gebiet dienen. In einer hybriden Struktur kann das öffentliche Gebäude weiterhin bahnhofsrelevante Nutzungen beherbergen. Durch das wieder Zugänglichmachen der öffentlichen Durchgangshalle bekommt die Stadt einen klaren und würdigen Eingangspunkt. Die sehr ideale Architektur des Baus wurde über die Jahre überformt und teilweise zugebaut. Mit dem Wiederherstellen des Idealgrundrisses werden die Qualitäten, die der Bau bereits besitzt, wieder freigelegt. In diesem Fallbeispiel kann aufgrund des hohen Potenzials des Ortes über eine architektonische Ergänzung nachgedacht werden, die den Bau zum einen wieder besser Nutzbar (öffnen der Durchgangshalle und vermitteln zur Bahnsteighöhe) und mit einem neuen Multifunktionsraum für die Gemeinde attraktiver macht.
Der zweite Bahnhof, der näher betrachtet wird, befindet sich nicht weit entfernt von Berlin. Die sehr kleine Gemeinde mit ca. 1500 Einwohnern hat durch die gute Anbindung an die Großstadt ein hohes Entwicklungspotenzial. Die Collage zeigt das romantische klassizistische Gebäude mit typischer Putzfassade in einer landwirtschaftlichen Umgebung. Der immer weiter verfallende Bahnhof hat einen hohen emotionalen Wert für die Gemeinde. Die Herausforderung in diesem Fallbeispiel besteht darin, ein angemessenes Maß an Eingriffen zu finden, die den Bau schützen und auch wieder nutzbar machen – ohne unverhältnismäßig hohe Kosten und Aufwand zu betreiben. Gleichzeitig schreibt der komposite Bau die Art von Umgang vor. Der Bau wird der in seiner Nutzung auf eine angemessene Körnung, die der Umgebung ähnelt, heruntergebrochen und aufgeteilt. So bekommt jeder Teilabschnitt eine eigene Nutzung mit verschieden hohem Maß an Eingriff. Die Wiedereröffnung des Bahnhofsgebäudes verläuft schrittweise. Das angemessene Ankommen und Verlassen des Ortes wird durch das Öffnen der Durchgangshalle wiederhergestellt.  Im nächsten Schritt können Räume bespielt werden, die teilweise „kalt“ und ungedämmt bleiben und dann nur saisonal nutzbar sind. Wenn diese Maßnahmen gut funktionieren und Anklang in der Gemeinde finden, kann das Projekt mit größeren Maßnahmen fortgesetzt werden.
Der dritte Bahnhof nun hat nochmals ganz andere Voraussetzungen als die beiden vorherigen. Die Schienenanbindung existiert in dieser sehr ländlichen Region nicht mehr. Im Bahnhof hat es nach jahrelangem Leerstand mehrfach gebrannt, sodass sogar der Denkmalschutz aufgehoben wurde. Als feststand, dass der Bahnhof abgerissen werden sollte, schaltete sich die Gemeinde ein und betonte den emotionalen Wert des Bahnhofes. Jetzt steht das Schicksal des Bahnhofs noch offen. Die Region ist bekannt für das dortige UNESCO-Biosphärenreservat. Der Bahnhof liegt am Übergang von Bebauung zur Natur, die an vielen Stellen zurückgekommen ist und zwischen zahlreichen zurückgebliebenen Bahnliegenschaften herausragt. Man sieht, dass diese Parklandschaft wild entstanden ist - trotzdem ist sie sehr angenehm zu begehen. Auf der Suche nach einer passenden und angemessenen Nutzung steht man an dieser Stelle schnell vor Herausforderungen, wie beispielsweise, wer diese neue Nutzung bespielen und pflegen soll. Klar ist, dass der Bau sehr geschätzt wird, man aber keine Nutzung dringend benötigt und auch nicht viel investieren will. Als Schlussfolgerung wird der Bahnhof in diesem letzten Ansatz in seinem Verfall begleitet und kann kontrolliert altern. Die verfallanfällige Substanz, wie alte Holzbalken und Fensterrahmen, wird entfernt. Die noch stabilen Gemäuer des Bahnhofs bleiben in der eigens entstandenen Parklandschaft zurück und werden teilweise unter Wiederverwendung der Bestandsziegel gesichert und gestützt. So entsteht die Möglichkeit, den Bahnhof als Park und Naherholungsort wieder zu begehen. Es wird zugelassen, dass die Natur sich den Ort wieder zurückholt. Diese wird durch mit Ziegeln gelegte Wege in Teilen kontrolliert.
Wie die Fallbeispiele zeigen, können diese Unorte wieder zu sehr besonderen und bedeutenden Gebäuden werden, die nicht nur die Gemeinden aufwerten, sondern die Sehnsucht am Reisen, den Blick aus dem Fenster beim Zugfahren wieder interessanter machen. Die gezeigten Bilder zeigen nicht zwingende Nutzungen, sondern vielmehr, welches Potenzial die schon vorhandenen Räume haben und sollen so Prozesse anstoßen. Diese Arbeit zeigt, dass sich hinter dem schlechten Image und negativen Assoziationen baukulturell und stadtstrukturell bedeutsame Bauten verstecken. Trotzt übergeordneter Typologie müssen die Bauten mit ihrer neuen Zugehörigkeit zu den Gemeinden ganz individuell betrachtet werden und eigene ortsspezifische Antworten entwickeln.  
Der Landbahnhof kann als Baustein der Stadt- bzw. Landentwicklung gesehen werden.
 

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