Architekturobjekt 231 von 347
Heinze ArchitektenAWARD 2017: Sieger "Nichtwohnbau" (Wirtschafts-, Industrie- und Gewerbebau)

Architekturobjekte

Heinze ArchitektenAWARD 2017: Sieger "Nichtwohnbau" (Wirtschafts-, Industrie- und Gewerbebau)


Landwirtschaftsschule Bella Vista

2500 Quillacollo, Av. Santa Cruz km 8, Bolivien

Blick vom Feld auf die neue Landwirtschaftsschule - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Der Zugang erfolgt von Norden über eine gebäudebegleitende Erschließungsstrasse mit gebündelter Infrastruktur. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Der Patio dient als Zugang mit flexibler Nutzung, räumlicher Erweiterung der Klassen und deren zusätzlicher Belichtung. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Der Baukörper folgt dem natürlichen Höhenverlauf des Geländes. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Der Zugang zum Patio wird über schattenspendende Schiebetore reguliert. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Zum Feld orientierte Sitznischen in der Außenwand gliedern den Baukörper. Das durchlaufende Sheddach gewehrt in jedem Raum indirektes Sonnenlicht. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Jeweils zwei Klassenräume lassen sich über einen Patio zu einer großen Aula verknüpfen. - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Andreas Rost

Gemeinsame Maurerarbeiten am zweiten Raummodul - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Fachgebiet Prof. Pasel

Deutsch-Bolivianische Zusammenarbeit auf der Baustelle: Berliner Studierende mit lokaler Frauenkooperative - Landwirtschaftsschule Bella Vista

© Fachgebiet Prof. Pasel

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Av. Santa Cruz km 8, 2500 Quillacollo, Bolivien

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Neubau

Fertigstellungstermin

01.2016

Projektbeteiligte Firmen und Personen

Bauherr

Fundación Cristo Vive Bolivia

Calle Jordan 853

4573 Cochabamba

Bolivien

Architekt/Planer

CODE - Fachgebiet für Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Pasel, TU Berlin

Straße des 17. Juni 152

10623 Berlin

Deutschland

Fachplanung: Tragwerksplanung

Fachgebiet für Tragwerksentwurf und -konstruktion, Prof. Rückert, TU Berlin

Straße des 17. Juni 152

10623 Berlin

Deutschland

Fachplanung: Elektrotechnik

Cologne Institute for Renewable Energy, Prof. Blieske, TH Köln

Betzdorfer Straße 2

50679 Köln

Deutschland

Bauleistung: Maurer

Procasha

Av. San Martín, Esq. Ecuador No 291

4573 Cochabamba

Deutschland

Verwendete Produkte

Calco Cochabamba

Kalk

Coboce

Zement

La casa de las calaminas

Wellblech

Salqui

Stahlprofile

Synergy

Blechprofile

Ziegeldorf Sipe Sipe

Ziegel

Einzelanfertigung

Gebäudedaten

Tragwerkskonstruktion

Ziegelmauerwerk

Anzahl der Vollgeschosse

1-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt

1.300 m³

 

Bruttogrundfläche

355 m²

 

Nutzfläche

323 m²

 

Verkehrsfläche

71 m²

 

Grundstücksgröße

4.146 m²

Kosten

Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)

110.000 Euro

Beschreibung

Objektbeschreibung

Aufgabenstellung
In der Debatte um globale Themen wie wachsende Urbanisierung, Landflucht und Armutsbekämpfung spielt die Suche nach lokal wirksamen Lösungsvorschlägen eine wesentliche Rolle. Für Architekten stellt sich die Frage nach dem Beitrag ihrer Profession in diesem Kontext. Das Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion von Prof. Pasel an der TU Berlin hat sich dieser Aufgabe mit einem interdisziplinären und langfristig angelegten Projekt für das andine Dorf Bella Vista in Bolivien gewidmet. In einer internationalen Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation Fundación Cristo Vive Bolivia, die sich der Armutsbekämpfung in Lateinamerika widmet, haben 40 Studierende der TU Berlin unter Leitung von Prof. Pasel und seinem Assistententeam den Bau einer Landwirtschaftsschule entworfen, geplant und gemeinsam mit den lokalen Partnern vor Ort eigenhändig umgesetzt. Die seit 2013 laufende Kooperation hat zum Ziel, die von der NGO gegründete Berufsschule Instituto Tecnológico Sayarinapaj für den Bereich Landwirtschaft nicht nur räumlich zu erweitern, sondern vielmehr ein integrales, langfristiges Konzept für einen Agronomie Campus als Vorzeigeprojekt zu entwickeln. Der Campus, auf dem jungen Menschen eine berufliche Perspektive auf dem Land geboten wird, wird zu einem Innovationszentrum im Bereich der integralen Berufsausbildung, Wasser- und Abfallmanagement und der ökologischen Landwirtschaft in der Region entwickelt.

Kontext
Das Gebäude steht auf einer etwa 4000 m2 großen agrarischen Anbaufläche, die als solche seit einigen Jahren von dem landwirtschaftlichen Zweig der bestehenden Berufsschule genutzt wird. Das Gelände des neuen Schulbaus liegt am Rande des Straßendorfes Bella Vista, in dessen Zentrum sich die Berufsschule »Sayarinapaj« befindet. Etwa 15 Gehminuten liegen zwischen dem Hauptgebäude und der neuen Landwirtschaftsschule. Vom Grundstück aus blickt man auf das Tal, in dem sich die Hauptstadt des Bezirkes Cochabamba befindet. Circa eine Autostunde entfernt von der Provinzhauptstadt lebt die Bevölkerung hier in dörflichen Strukturen. Die Landschaft ist geprägt von Subsistenzlandwirtschaft und Blumenanbau. Die Anbauflächen dominieren das Bild der Umgebung. Dennoch ist die wachsende Zersiedlung durch unkontrollierte Bautätigkeiten ein sichtbarer Aspekt des sich verändernden Lebensraumes. Das Grundstück befindet sich an der Schnittstelle zwischen dem Cochabamba-Tal mit seinem sonnigen und moderaten Klima und den umgebenden Bergen mit den schrofferen Lebensbedingungen. Nördlich des Grundstückes steigt das Gelände steil an und türmt sich auf zu den bis zu 5000 Meter hohen, kargen Gipfeln der Kordilleren von Cochabamba. Klimatisch sind die hohen Tag-Nacht-Temperaturschwankungen und die starke Sonneneinstrahlung wesentliches Merkmal des Ortes. Sie führen außerdem zu lokalen Winden, die tagtäglich am Tagesende von den Bergen herab ins Tal wehen.

Projektbeschreibung
Der eingeschossige, dem Geländeverlauf folgende Baukörper ist modulartig aufgebaut und bietet 6 flexibel nutzbare Unterrichtsräume. Jeweils zwei Klassenzimmer mit integriertem Laborraum bilden massive Volumen, die das durchgehende Sheddach tragen. Dazwischen liegende, überdachte Außenräume ermöglichen den Übergang zum Feld und die Verbindung zweier Klassenräume zu einem großen Aularaum. Mit einfachen aber wirkungsvollen Mitteln reagiert das Gebäude auf die extremen klimatischen Bedingungen. Das massive Ziegelmauerwerk gleicht die hohen täglichen Temperaturschwankungen aus und sorgt somit für ein angenehmes Raumklima. Einer Überhitzung über die Dachhaut wird durch die hinterlüftete Dachkonstruktion entgegengewirkt. Die Struktur und Ausrichtung des Daches garantieren ausreichende natürliche Belichtung und ermöglichen die optimale Integration einer Solaranlage.

Beschreibung der Besonderheiten

Leitmotive des Entwurfes sind die Integration eines ressourcenschonenden Energiekonzeptes, die räumliche Verbindung von Feldarbeit und theoretischem Unterricht sowie eine Bauweise, die der lokalen Bauproduktion entlehnt ist, diese aber neu interpretiert und aufwertet. Die architektonischen Innovationsaspekte sind dabei der repetitive Aufbau einer flexiblen Raumstruktur, die Reduktion auf eine massive Bauweise, welche die traditionelle lateinamerikanische Bauweise wieder aufgreift und deutliche raumklimatische Vorteile mit sich bringt, die effiziente Nutzung von Tageslicht und eine hinterlüftete Dachkonstruktion zur Vermeidung von Überhitzung und Regengeräuschbelastung. Drei gleiche massive Volumen werden von offenen, aber überdachten Zwischenbereichen geteilt, welche der Erschließung und der indirekten Belichtung der geschlossenen Räume dienen, den Bezug zum Feld herstellen und die Zusammenschaltung jeweils zwei angrenzender Klassenräume zu großen multifunktional nutzbaren Aulas ermöglichen. Die Repetition gleicher und frei überspannter Räume ermöglicht, dass deren Nutzung stets aktuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. Großformatige Schiebetore mit eingewebten Bambusstreifen regeln die Zugänglichkeit und mäßigen das Innenraumklima durch die nötige Verschattung. Im Grenzbereich zum Nachbarn entsteht gebäudebegleitend eine befestigte Trasse zur effizienten Erschließung und konzentrierten Aufnahme der Infrastruktur. Auch das Regenwasser wird dort gebündelt und zu einem Speicherbecken geführt. Rücksprünge in der Außenwand ermöglichen außenliegende, zugleich in den Gebäudekörper integrierte Trockentoiletten.
Gegenüber dem lokal üblichen, mit Lochziegeln ausgefachten Stahlbetonskelett erhält eine monolithisch-massive, selbstaussteifende Ziegelbauweise als kosten- und raumklimatisch langfristig günstigere sowie erdbebensichere Lösung den Vorzug. Diese soll an traditionelle, massive Wandaufbauten anknüpfen und deren Vorteile aufzeigen. Hinzu kommt die Einführung des dort unbekannten Kalkzementmörtels, der durch leichtere Verarbeitbarkeit eine große Bedeutung im Land des Selbstbaus erfahren könnte, wie auch die Anwendung verschiedener ebenfalls verlorengegangener Mauerverbände.
In Zusammenarbeit mit dem Team der FH Köln wird ein integrales Energiekonzept erarbeitet, um die Landwirtschaftsschule mit Photovoltaik-Energie zu versorgen. Die Effizienz der Raumstruktur und das Tageslichtkonzept der Architektur reduzieren den Kunstlichtverbrauch, tragen zu einer Energieautarkie des Schulgebäudes bei, und ermöglichen eine mit Solarenergie betriebene Baustelle. Struktur und Ausrichtung des den gesamten Bau überdeckenden Sheddaches ermöglichen auf den nach Norden gerichteten Flächen den Einsatz von Solarmodulen. Die nach Süden zeigenden Fensterbänder sorgen für eine gleichmäßige indirekte Belichtung der Räume. Der hinterlüftete Dachaufbau bietet konstruktiven Schutz vor Sonneneinstrahlung und ermöglicht eine unterkonstruktionsfreie Montage der Solarmodule.

Auszeichnungen

2017 SEED + dbXchange + Live Projects Network Award

Schlagworte

Bolivien, Bella Vista, Landwirtschaftsschule, Design-Build, Mauerwerk, ressourcenschonenden, lokalen Bauproduktion, flexible Raumstruktur, massive Bauweise, Lateinamerika, hinterlüftete Dachkonstruktion, Schule, monolithisch, integrales Energiekonzept, Energieautarkie, Photovoltaik, Studierende, Selbstbau, interkultureller Austausch, Partizipation

Objektdetails

Gebäudespezifische Merkmale

Anzahl Klassen

4

 

Anzahl Schüler

80

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