Architekturobjekt 518 von 13.856
Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten

Architekturobjekte

Nominiert für die Shortlist der Jury 2024 - Nachwuchsarbeiten


MateREALabor

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Berlin, VI Planen Bauen Umwelt, Alin Molavi

Ansicht Werkhof - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Ansicht Nachbarschaftshof - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Modellfoto - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Modellfoto Detail - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Modellfoto Innenraum - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Konzept - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Ruin Mining Konzept - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Materialherkunft - MateREALabor

© Alin Molavi, Darlyn Richter

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Berlin, VI Planen Bauen Umwelt, Alin Molavi

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

02.2024

Gebäudedaten

Bauweise

Mauerwerksbau

Tragwerkskonstruktion

Holz

Anzahl der Vollgeschosse

1-geschossig

Raummaße und Flächen

Bruttorauminhalt

409 m³

 

Bruttogrundfläche

142 m²

 

Nutzfläche

104 m²

 

Verkehrsfläche

25 m²

 

Grundstücksgröße

1.804 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Das Dorf Morschenich-Alt befindet sich an der Kante des Hambacher Tagebaus. Seit der Umsiedlung der Bewohner im Jahr 2015 herrscht im Ort viel Leerstand. Die Gebäude wurden gegen Vandalismus verbarrikadiert, ein Großteil noch funktionaler Bestand, aber auch viel Substanz, die in desolatem Zustand ist. Das Dorf hat sich zu einer einzigen Materialgrube entwickelt. Durch die Unmengen an ungenutzter Baumasse und wertvoller Materialressource bietet Morschenich-Alt als Ort die idealen Voraussetzungen für eine zukunftsweisendes Bauhüttenmodell, bei dem eine Neustrukturierung ausschließlich mit vorhandener Ressource gedacht wird. Ein Ort, an dem die großen, globalen Themen des Kohleausstiegs im greifbaren Raum verhandelt werden und Lösungsansätze dort entstehen, wo das Problem am deutlichsten sichtbar wird. Der achtsame und materialerhaltene Rückbau gilt dabei als Katalysator für diese Entwicklung. In dem Konzept wird der Bestand nach erhaltens- und sanierungswerter Substanz und Materialspenderbauten katalogisiert. Das seit Jahren vorherrschende Narrativ des Dekonstruktivismus wird in der Fortentwicklung des Dorfes zelebriert.
Der Entwurf zeigt einen Prototyp für eine Materialaufbereitungsstätte und einen Lehr- und Forschungsstandort zur Wiederverwertung von Baumaterial. Auf dem hierfür ausgewählten Hofgrundstück sind Scheune und Wirtschaftstrakt nicht mehr nutzbaren. Die Materialien sind jedoch von hoher Qualität und wiederverwendbar.
Auf Basis dieser vorgefundenen Materialien wurden Strategien entwickelt, wie Baustoffe alternativ zu raumbildenden Elementen geformt werden können. Bei einer Neustrukturierung entstehen aus den vielen vorgefundenen Ziegelmauerwerken große Mengen an Ziegelschutt, da der Ziegelstein sich in einem materialerhaltenen Rückbauverfahren nur selten sortenrein und als Ganzes rückbauen lässt. In dem Prototyp wird mit Ziegelschutt-Gabionenwänden der Abbruch als architektonisches Gestaltungsmittel begriffen. Die Gabionenwand ist in ihrer Form und in ihren Abmaßen flexibel gestaltbar, um sich je nach Situation und Funktion anzupassen.

Das Grundstück des Entwurfes bietet durch seine gute, strategische Lage und die vorkommenden Ressourcen eine geeignete Grundlage für eine neue Infrastruktur, um den Ort Morschenich-Alt umzudenken. Der Entwurf knüpft räumlich an die vielfältigen Hofstrukturen des bisherigen Dorfes an. Durch die Platzierung zweier Volumen wird die ursprüngliche Hoffolge gegliedert und entsprechend ihrer Adressierung mit Nutzung bespielt. Im Zentrum steht das Testen und Erforschen von alternativen Materialien und Konstruktion, was sich programmatisch in Form eines Materialaufbereitungslabor widerspiegelt. Das zweite Volumen bietet Platz für einen Seminarraum für Workshops und themenbezogene Ausstellungen.

Entsprechend seiner angedachten Nutzung ist der Prototyp ein kleinmaßstäblicher, eingeschossiger Hallenbau. In Analogie zu ortstypischen, landwirtschaftlichen Scheunenarchitekturen besteht das Tragwerk aus einer Rahmenkonstruktion mit verschobenem First, welche als Zangenkonstruktion ausgebildet ist. Am höchsten Punkt werden die Zangen mittels biegesteifer Verbinder ausgesteift. Aus dem Gesamttragwerk generiert sich außerdem eine Stützkonstruktion für die im Entwurf integrierte Bestandswand.
Zum Schutz vor Durchbiegung der Stützen rücken diese je 3 cm vom Bestandsziegelmauerwerk ab. Die Lasten werden über die Stützen ins Fundament abgetragen. Der Stützenfuß ist mit einer Gewindestange ausgebildet, um zusätzlichen Halt zu erzeugen. Für den horizontalen Lastabtrag und die Aussteifung in der Wandebene sind zwischen den Stützen Stahlseile gespannt, welche vom Schutt in den Gabionen teilweise versteckt werden. Die Schuttgabionen selbst haben lediglich eine raumbildende Funktion, keine tragende.
Im Sinne des zirkulären Bauens werden für den Prototypen vorhandene Bauteile und -materialien, wie Altholz für die Konstruktion und Wellblech zur Dacheindeckung, wiederverwendet.
 

Beschreibung der Besonderheiten

Die Besonderheit des Entwurfs liegt hauptsächlich in der low-tech und doch innovativen Wiederverwendung von Ziegelschutt. Bau-Bruchmaterial, das sonst nur noch für eine stoffliche Verwertung wie etwa als Bodenschüttungen gereicht, erhält durch Wiederverwendung in Gabionen als Wandelement wieder eine raumbildende Funktion. Als Prototyp auf diesem Grundstück in Morschenisch lehnt sich der Entwurf gestalterisch an die ortypische Scheunenarchitektur an. Die Bautechnik der Schutt-Gabionenwand ist in ihren Formen und Abmaßen anpassungsfähig und ermöglicht damit sehr flexible, sogar organische Grundrissformen. 

Da die wiederverwendeten Materialien in der direkten Umgebung des Prototypes gewonnen und aufbereitet werden, entstehen sehr kurze Transportwege. Diese sowie durch die einfache Bauweise der Gabionenwand und ihre unkomplizierte Montage, ermöglichen eine kurze Bauzeit.

Nachhaltigkeit

Die Ressourceneffizienz in der Wiederverwertung und das Hinterfragen der Wiederverwendung von direkt vorgefundenen Materialien sind das zentrale Interesse des Entwurfes. Der Ziegelschutt wird als Bruchmaterial zurück in den Materialkreislauf geholt. Die interimistische Ästhetik des Bauwerks vermittelt die Kreislauffähigkeit und Rückbaubarkeit der architektonischen Gestaltungsprinzipien. Die historischen Materialien des Dorfes Morschenich-Alt werden reinterpretiert und archiviert, um die Geschichte des Ortes als solche zu respektieren und in positivem Narrativ fortzuschreiben.

Der Prototyp ist mit seiner Nutzung als Kaltraum geplant. Die Bauweise erlaubt eine natürliche Belüftung. Bauphysikalisch und akustisch hat die Gabionenwand dennoch eine isolierende Wirkung und bietet damit nicht nur Witterungsschutz, sondern auch ein angenehmes Raumklima im Innenraum. Außerdem zeigt sich die Konstruktionsweise vorteilhaft in puncto Biodiversität, indem sie durch die poröse Oberfläche des Bruchmaterials wie ein Insektenhaus Möglichkeiten zur Ansiedlung von kleinen Lebewesen bietet.

Schlagworte

Ruin-Mining, Material, Re-Use, Ziegelschutt, Forschungsbau, Materialaufbereitung, Zirkuläres Bauen, Zirkularität, Morschenich, Temporärbau, Testlabor, Gabionenwand, Low-Tech, Prototyp, Werkhof, Wiederverwertung, Stützkonstruktion, Mauerwerk, Bestand

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