Nominiert für die Shortlist der Jury 2019
MBS Studien- und Konferenzzentrum
68131 Mannheim, L 5, 6
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: schneider+schumacher Planungsgesellschaft mbH
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
L 5, 6, 68131 Mannheim, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Erweiterung
Fertigstellungstermin
06.2019
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
9.030 m³
Bruttogrundfläche
1.700 m²
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Im 18. Jahrhundert erbaut und einst Residenz der Kurfürsten von der Pfalz, wird das Mannheimer Schloss schon seit Jahrzehnten von der Universität Mannheim genutzt.
Die zentrale Aufgabe bestand darin, dieses denkmalgeschützte Artefakt mit neuen Räumlichkeiten auszustatten, ohne das barocke Prachtschloss aus dem Scheinwerferlicht zu drängen. Unter der Erdoberfläche, an Stelle der stillgelegten Heizzentrale und dem dazugehörigen Kohlenkeller aus den 1950er Jahren, erstrecken sich heute auf 1.700 Quadratmetern die neuen Hörsäle und Gruppenarbeitsräume der Mannheim Business School (MBS).
Betreten wird das neue Studien- und Konferenzzentrum aus dem Ehrenhof kommend über die ehemalige Schlossküche. Von dort führen ein Aufzug und eine großzügige Treppe in den unterirdischen zweigeschossigen Anbau. Über das Forum können zwei Hörsäle, ein Konferenzraum und zehn Gruppenarbeitsräume (sogenannte Break-Out-Rooms) erreicht werden. Mit einer breiten Glasfront öffnet sich der Campus in den Schlossgarten, der sich an dieser Stelle wie eine antike Theateranlage absenkt und den Studierenden einen grünen Außenraum schafft, der sich bis auf das begrünte und begehbare Dach ausdehnt.
Wenn man den Neubau betritt, kann man den ganzen Hörsaalbereich überblicken und bis nach draußen in den Garten schauen – an einen Kohlekeller erinnert hier nichts mehr. Prof. Michael Schumacher, gemeinsam mit Till Schneider Inhaber des Architekturbüros schneider+schumacher: „Wir wollten sicherstellen, dass die Studierenden nicht im Dunkeln ankommen, sondern gleich den Bezug zum Garten haben. Daher sind die Hörsäle im oberen Teil nur mit Glas akustisch voneinander getrennt.“ Durch die vielen Glaswände auf unterschiedlichen Höhen ergibt sich beim Betreten ein kaleidoskopartiger Anblick. Die Räume wirken wie in die Fläche eingestellte Körper, da sie nur über Glaswände mit den Decken verbunden sind.
Die halbrunden Hörsäle sind zusätzlich durch eine Überhöhung der Decke akzentuiert, die für ein offenes Raumgefühl sorgt. Von der Tür über den Teppichboden bis hin zu den Pulten und Stühlen sind sie komplett in rot gehalten – als Kontrast und Komplementärfarbe zum Grün des Schlossgartens. Gewählt wurde eine Größe für bis zu 60 Personen mit aufsteigenden Sitzreihen, so dass man auch in der hintersten Reihe noch nah am Rednerpult ist. Der durch Schiebetüren flexibel gestaltbare Konferenzraum und das Forum als zusätzlicher Aufenthaltsbereich liegen direkt an der Glasfront zum Schlossgarten. Die zehn Break-Out-Rooms sind als offene Nischen gleich rechts neben der Treppe angeordnet – fünf einige Stufen unterhalb der Hörsäle und weitere fünf oberhalb, entlang einer Galerie mit Blick über den Hörsaalbereich hinweg nach draußen.
Bisherige Räumlichkeiten als Wermutstropfen
Als organisatorisches Dach für Management-Weiterbildungen an der Universität Mannheim ist die Mannheim Business School eine der führenden Institutionen ihrer Art in Europa. Im Mai 2017 landete sie im Financial-Times-Ranking der weltweit besten Anbieter von Firmen-Weiterbildungsprogrammen zum vierten Mal in Folge unter den Top 20. Doch in einer Kategorie konnte die MBS bisher nicht punkten: Ihre Räumlichkeiten wurden stets unterdurchschnittlich bewertet. Durch die schnell steigende Anzahl an Studierenden waren die vorhandenen Raumkapazitäten erschöpft. Das sollte sich nun mit dem Neubau ändern. Dieser wurde vom Land Baden-Württemberg beauftragt, als Bauherr fungierte das Amt Mannheim und Heidelberg des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Die MBS übernahm die Gesamtkosten von rund 9 Millionen Euro und erhält im Gegenzug das Recht, die Räumlichkeiten für die nächsten maximal 30 Jahre zu nutzen. Danach wird die Weiternutzung mietpflichtig.
Abgestimmt auf die Didaktik
Es ging um die Frage, wie man in einem Barockschloss – das nur wenige schmale, aber tiefe Räume hat – überhaupt eine Erweiterungsmöglichkeit findet. Darüber hinaus musste für die Didaktik der Mannheim Business School eine entsprechende räumliche Zuordnung gefunden werden: Zu Beginn eines Themenblocks treffen sich die Studierenden normalerweise in einem Hörsaal, anschließend teilt sich der Kurs auf, um in Kleingruppen gemeinsam an Fallbeispielen zu arbeiten, die anschließend wieder im Plenum vorgestellt werden. Klar definiert waren daher zwei Hörsäle, ein Versammlungsbereich und zehn Gruppenarbeitsräume, die vor Ort untergebracht und in einen angenehmen und lebendigen Kontext gebracht werden mussten.
Vice-Versa-Effekt
Prof. Michael Schumacher: „Das spannendste an dem Projekt war für mich, ein Barockschloss noch schöner zu machen, als es ohnehin schon ist. Das Projekt ist vergleichbar mit der unterirdischen Erweiterung des Frankfurter Städel Museums, die wir vor fünf Jahren umgesetzt haben: Eine sehr schöne historische Anlage ist vorhanden, muss erweitert werden und darf dabei nicht gestört werden. Vielmehr sollen das Vorhandene und das Neue zusammen eine neue selbstverständliche und schöne Einheit bilden.“
Bauen im historischen Bestand
Ende 2013 schrieb das Land Baden-Württemberg ein Verhandlungsverfahren zu dem Bauvorhaben aus und erteilte im Januar 2014 schneider+schumacher den Zuschlag. Zügig ging es von den ersten Skizzen bis zur Genehmigungsplanung: Im März 2015 erteilte der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister die Baufreigabe für das Projekt. Rund ein halbes Jahr später starteten die Baumaßnahmen. Das Bauen im historischen Bestand steckt voller Herausforderungen: Die Erschließung des Studien- und Konferenzzentrums erfolgte über den Arkadengang des Gebäudeflügels Ehrenhof West. Rund sieben Meter tief wurde ausgehoben – und zwar auf engsten Raumverhältnissen, was nur mit Kleinstgeräten wie Minibagger, Raupenfahrzeug und Förderbändern möglich war. Danach wurden die Außenfundamente des Mannheimer Schlosses durchbrochen und die Erweiterung auf diese Weise unterirdisch an den Bestand angeschlossen. Im Sinne des Denkmalschutzes und unter Rücksichtnahme auf die Substanz waren erschütterungsarme Abbruchmethoden notwendig. In Absprache mit dem Statiker musste das Bau- und Projektmanagement-Team von schneider+schumacher immer wieder spontan und schnell reagieren: So wurden beispielsweise bei den Aushubarbeiten große Hohlstellen in den Bestandsfundamenten sichtbar, die ausbetoniert werden mussten. Beim Herstellen der Durchgänge vom Neubau zum Altbau mussten teilweise horizontale Baumstämme eingebracht und Stahlrahmenkonstruktionen in die Außenwände integriert werden, um die Fassade abzufangen. Darüber hinaus gab es parallel zu den Bauarbeiten eine archäologische Untersuchung, die die größte je in Mannheim geborgene Fundmenge „dorfzeitlicher“ Objekte, Tongefäßscherben und Eisenschlacken von der Karolingerzeit bis ins Spätmittelalter hervorbrachte.
Für das Vordach, das als Abschluss der Glasfront zum Schlossgarten fungiert, wurden 15 großformatige Fassadenplatten aus Weißbeton installiert. Da sie in einem Bogen angeordnet sind, musste jede Platte einzeln angefertigt werden. Die Platten zeichnen sich durch eine sehr hohe Tragfähigkeit aus – trotz geringer Bauteilstärke: Sie sind etwa 4 Meter lang, 2,50 Meter breit und nur 5 Zentimeter dick.
Mit der Erweiterung der MBS schlägt schneider+schumacher eine Brücke zwischen Tradition und Innovation: Trotz des schonenden Umgangs mit dem Bestand entstehen moderne Innenräume und eine originelle Verflechtung von Bau und Natur.
Auszeichnungen
Iconic Awards 2018
Schlagworte
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