Architekturobjekte
Nominiert für die Shortlist der Jury 2021 - Nachwuchsarbeiten
Meine Stadt, Mein Zuhause - Prototyp mit dem Blick vom Öffentlichen ins Private
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, SI Städtebau-Institut, Lehrstuhl für Stadtplanung und Entwerfen, Dalya Ortak
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität Stuttgart, SI Städtebau-Institut, Lehrstuhl für Stadtplanung und Entwerfen, Dalya Ortak
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
05.2021
Zeichnungen und Unterlagen
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Stahl
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Beschreibung
Objektbeschreibung
Durch das einseitige Erleben des Öffentlichen aus dem Privaten heraus, bedingt durch die Situation während des Lockdowns, wurden wir zurückgeworfen auf unseren privaten Raum und somit das was wir per se als die eigenen vier Wände bezeichnen. Der Wohnraum als Rückzugsort des Individuums ist dabei jedoch viel mehr als das reine „Dach-über-dem-Kopf“. Je individualisierter unsere Gesellschaft ist, umso wichtiger wird die Wohnung als Mittel, sich gegenüber Mitmenschen als Individuum abzusetzen. Der private Raum eines Menschen dient hierbei als eine Art Behälter für Identität und als Archiv für Erinnerungen. Um dieses Gefühl hervorzubringen, muss eine Wohnung einen gewissen Handlungsspielraum für seine Bewohner*innen ermöglichen. Sobald er/sie sich seinen Wohnraum aneignet, wird die objektive Umwelt, also die Wohnung, zur persönlich bedeutsamen Umgebung, dem Zuhause, umgewidmet. Zeitgenössische Wohnraumtypologien ermöglichen dies jedoch nicht, sondern sind auf allgemeine monofunktionale Aktivitäten bzw. Grundbedürfnisse (Essen, Hygiene, Schlafen) reduziert. Die zum Objekt determinierte Bewohner*in muss wieder zum Subjekt werden. Es sollte Wohnraum geschaffen werden, der auf das Subjekt bzw. seinen individuellen Bedürfnissen ausgerichtet ist.
Aus diesem Grund wird der private Wohnraum von den determinierenden Grundbedarfsfunktionen (Essen, Hygiene, Schlafen) befreit. Typologien, wie das Schlafzimmer, das Bad und die Küche waren ursprünglich gemeinschaftliche Aktivitäten innerhalb der Gesellschaft. Durch die Individualisierung wurden diese Funktionen ins Private isoliert. Sie sollen innerhalb des Gebäudes aufgenommen und wieder Alltagsorte der Gemeinschaft werden und sich dabei der Stadtgesellschaft öffnen. Als vertikale öffentliche Wohnfunktionen durchdringen sie alle Geschosse, wodurch die öffentliche Zugänglichkeit auf jedem Geschoss ermöglicht wird. Nach Jan Gehl fördern genau diese notwendigen Aktivitäten (wie bspw. Schlafen, Essen, Hygiene) Begegnungen und bilden die Basis für das Entstehen von sozialen Kontakten dar. Es sind nicht die typischen Nutzungstypologien, die man vorfinden kann, sondern vielmehr der Kern dieser einzelnen Aktivitäten. So gehört zur Aktivität „Essen“ nicht nur das Zubereiten von Speisen, sondern auch deren Anbau, Weiterbearbeitung und die Geselligkeit beim Speisen.
Die Eigenart des Ortes wird in Form seiner bereits existierenden Nutzungen bewahrt, dabei knüpft der Prototyp an die bestehende Situation an. Die Form des Gebäudes beruht auf der darunterliegenden unbebauten Bestandsstruktur. Während die Plattformen gleichmäßig oben abschließen und sich in der Höhe an die bestehende Bebauung anpassen, treten die Grundfunktionen als Solitäre aus der oberen Ebene heraus und wiederholen dabei die Topographie der existierenden Dachlandschaft. Das Verschwimmen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Raum wird durch das Weglassen einer umhüllenden Fassade in der typischen Form von Außenwänden unterstrichen. Es gibt keine räumliche Trennung des Haushaltes zum Stadtraum. Somit ist das dort stattfindende Leben vom öffentlichen Raum sichtbar und kann von allen Seiten der Blockrandbebauung erschlossen werden. Die Bewohner*innen werden dadurch integrativer Bestandteil der Stadtgesellschaft. Die Grenze zwischen Öffentlichkeit und Privatheit verwischt und das Wohnen findet nicht mehr nur in der privaten Sphäre statt, sondern im direkten Kontakt mit dem Stadtraum. Es dehnt sich aus und findet den Hochpunkt im kollektiven Zusammenleben des Schwellenraums. Das Teilen der ausgelagerten Wohnfunktionen ermöglicht den Bewohner*innen die Möglichkeit nur für den Raum zu zahlen, den er/ sie tatsächlich als Zuhause definiert. Die Einpersonenhaushalte werden zu einem Haushalt zusammengeschlossen, welcher sich über das gesamte Gebäude zu einem Gemeinwesen hin entwickelt.
Da sich seit der Nachkriegszeit der Wohnflächenbedarf pro Kopf in Deutschland beinahe verdoppelt hat und gleichzeitig immer mehr Menschen in Großstädten, wie z.b. Stuttgart allein wohnen, dient der Prototyp als Beitrag zur Wohnraumdebatte der Gegenwart und Zukunft. Damit jede/r gleichberechtigter Teil der Stadtgesellschaft werden kann, müssen wir anfangen „Wohnen“ anders zu denken.
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