Architekturobjekte
Münchner Volkstheater
80337 München, Tumblingerstraße 29
Mit freundlicher Unterstützung von KEIMFARBEN
Mit freundlicher Unterstützung von KEIMFARBEN
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Tumblingerstraße 29, 80337 München, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Umbau
Fertigstellungstermin
06.2021
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Bauweise
Mauerwerksbau
Raummaße und Flächen
Bruttogrundfläche
30.134 m²
Nutzfläche
24.432 m²
Kosten
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
131.000.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Der Neubau des Münchner Volkstheaters befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Schlacht- und Viehhofs inmitten von ziegelumhüllter historischer Industriearchitektur in München. Der Entwurf passt sich seiner Umgebung an und lässt von außen wenig von seinem besonders farbenfroh gestalteten Foyer erahnen.
Kräftige Farben
Der Besucher ist sicherlich überrascht, wenn er das weitläufige Foyer des neu erbauten Volkstheaters in München betritt. Denn im Innenraum begrüßen ihn kräftige Farben: Hellblau, Gelb, Dunkelblau, Hellgrün, Braun und ein helles Ziegelrot charakterisieren das zweistöckige Foyer. Überrascht ist der Besucher deshalb, weil die Farbigkeit einen deutlichen Kontrast zur Gebäudehülle des Theaterbaus selbst bildet. Der Entwurf mit seinem Gegensatz aus einfarbiger Fassade und farbigem Innenraum basiert auf den Ideen des Stuttgarter Architekturbüros LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei.
Erst die Stadt, dann das Haus
Nach einem gewonnenen europaweiten Verfahren, das die Stadt München ausgeschrieben hatte, realisierte das Bauunternehmen Georg Reisch diesen Neubau des Münchner Volkstheaters zusammen mit den Architekten von LRO. Das Theater sollte seinen Platz auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs der Stadt München finden, dessen Bestandsbauten bis in die Gründerzeit zurückreichen und deren Erscheinungsbild von roten Ziegeln geprägt ist. Levin Koch, Architekt bei LRO erläutert: „Bei uns im Büro haben wir den Grundsatz: Erst die Stadt, dann das Haus. Die Materialität der Fassade des Münchner Volkstheaters orientiert sich an den benachbarten Bauten und insbesondere an einem Verwaltungsriegel des Schlachthofs aus dem späten 19. Jahrhundert, der in den Entwurf zu integrieren war. Dieser unter Denkmalschutz stehende Gründerzeitbau besteht aus Ziegeln in typischer Münchner Ziegelfarbe, einem mittleren Rot. Demzufolge war es naheliegend, das Material ebenfalls für die Gebäudehülle des Volkstheaters zu verwenden. Mit unserem neu entworfenen Gebäude, das durch einen Torbogen mit dem Verwaltungsriegel verbunden ist, haben wir uns in das Quartier integriert.“ Zwar etabliert der Neubau eine eigene Formensprache, etwa mit geschwungenen Wänden oder kreisrunden Öffnungen, doch selbst der hoch aufragende Bühnenturm tritt mit seinen Rücksprüngen und der luftigen weißen Verkleidung nicht zu stark in Erscheinung.
Kontrast ist kein Widerspruch
Es vergingen nur knapp drei Jahre bis zur Fertigstellung dieses Projekts. Aus der Form des Grundstücks ergab sich der längliche Zuschnitt des Foyers, das mit seiner farbigen Gestaltung beeindruckt. „Es war früh klar, dass wir mit dem Foyer, dem Ankunftsort der Besucher, einen anderen Raum schaffen wollten, der auch überrascht“, erklärt Architekt Levin Koch. „Denn eine weitere Prämisse unseres Büros lautet: Drinnen ist anders als draußen. Sie ist sogar zum Titel einer Sammlung von Texten aus der Feder des Gründungspartners von LRO, Arno Lederer, geworden, die Jórunn Ragnarsdóttir kürzlich herausgegeben hat. Für uns ist Kontrast kein Widerspruch. Unser Büro beschäftigt sich immer wieder mit Farbe in der Architektur – dies spielte stets eine wichtige Rolle. Hier im Münchner Volkstheater sind wir sogar ein wenig freimütiger mit Farbe umgegangen.“
Farbiges Goethehaus als Vorbild
In verschiedenen Projekten von LRO taucht immer wieder Goethes Farbenlehre auf und speziell Arno Lederer beschäftigte sich häufig damit. Sie habe auf die Architektur einen wichtigen Einfluss gehabt und finde sich in ähnlicher Weise im Werk von Le Corbusier wieder, erklärt Levin Koch. „Eines Tages legte Arno Lederer mir ein Buch über das Goethehaus in Weimar auf meinen Tisch und sagte auf Schwäbisch: „So machsch‘s“, erinnert sich der Architekt. Jeder Raum im Goethehaus hat eine andere Farbe, darunter Gelb, Hellblau, Grün, Braun und Hellrot, und entsprechend eine andere Bedeutung. Darauf habe LRO Bezug genommen, so Koch. Zum Beispiel formulierte Goethe in seiner 1810 erschienenen Farbenlehre, das Gelb der Wandfarbe habe für „eine heitere, muntere, sanft reizende“ Stimmung zu sorgen, es sei zudem „die nächste Farbe am Licht“. Levin Koch ergänzt: „Die Farbe Grün wird von Goethe mit Ruhe und Natur in Verbindung gebracht, und Blau wirkt kühl, es drängt sich nicht auf und lässt den Raum weiter erscheinen.“
Farbe und Licht
Ist der Eingangsbereich des zweigeschossigen Foyers in einem dunkelblauen Ton an der Decke und in Hellgrün an den Wänden gehalten, findet sich ein leuchtendes Gelb an der Längswand der zweigeschossigen Galerie. Ein helles Ziegelrot und ein bräunlicher Farbton setzen vereinzelt Akzente. Blickfang im Foyer ist eine geschwungene Treppe, die vor einer hellblauen Wand zur Galerie führt. Dieses Farbkonzept erstreckt sich über zwei Etagen und wird zusätzlich mittels spezieller Beleuchtung in Szene gesetzt. Levin Koch dazu: „Wir holen durch Oberlichter sowie über große Rundfenster zum Hof natürliches Licht in das Foyer herein. Gleichzeitig setzen Strahler und runde Deckenleuchten die verschiedenen Bereiche, darunter auch die gelbe Wand mit Empore, in Szene.“
Ausgeklügeltes Farbkonzept
„Das detaillierte Konzept, welche Farben für welche Bereiche warum eingesetzt wurden, bleibt ein bisschen unser Geheimnis“, berichtet Levin Koch augenzwinkernd, verrät allerdings: »Die Gestaltung hat sich in einem Prozess entwickelt. Wir haben darauf geachtet, dass gewisse Farbsetzungen so funktionieren, dass sie die unterschiedlichen Raumsituationen des Foyers unterstützen, dass Farben nicht an der falschen Stelle aufeinandertreffen, auch in Bezug auf den Ausblick nach draußen. Bei der Auswahl einer Farbe ergeben sich daraus meist die anderen Farben. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, nicht zu viel Farbe einzusetzen, sodass wir die Bereiche wie Türen oder Stützenin Weiß und Schwarz gestaltet haben. Wir stellten fest, dass das Konzept wohl farbig, aber nicht bunt sein darf, sonst entsteht ein Raum, der den Betrachter erschlagen kann. Das ist auch der Grund, weshalb wir sehr lange gebraucht haben, um das Farbkonzept zu erstellen.“
Langer Entwurfsprozess
Schon früh war den Architekten rund um Arno Lederer klar, für die Gestaltung des Foyers mineralische Farben verwenden zu wollen. Levin Koch erklärt: „Denn auch Goethes Farbenlehre bezieht sich auf eine Farbpalette, die es in der Natur gibt.“ Vor diesem Hintergrund kamen den Verantwortlichen die mineralischen Le Corbusier Farben poLyChro-intérieur von KEIMFARBEN entgegen, gefertigt nach der Polychromie architecturale Le Corbusiers. „Auch die Farbtöne von Le Corbusier basieren auf der Natur und sind sehr gut aufeinander abgestimmt. Außerdem lassen sich die meisten Farben bedenkenlos kombinieren, was das Arbeiten vereinfacht. Diese Grundpalette mit einer überschaubaren Anzahl an Farbtönen verwenden wir auch in anderen Projekten“, erklärt Koch und fährt fort: „Was folgte, war eine intensive Zeit. Über ein Jahr nutzten wir den Musterservice von KEIMFARBEN vollumfänglich und beschäftigten uns im Entwurfsprozess lange mit den Musterstücken, die wir zu jeder Le Corbusier Farbe bestellt hatten. Immer wieder sortierten wir diese neu, gestalteten Fotomontagen und Renderings, sodass sich langsam peu à peu die Farbklaviatur des Münchner Volkstheaters entwickelte.“ Letztlich ließen die Architekten von KEIMFARBEN große Farbtafeln mit den Maßen 150 x 250 Zentimeter der ausgewählten Farben fertigen, um damit vor Ort im Foyer die endgültige Auswahl festzulegen.
Besondere Haptik durch Mineralfarben
Insgesamt verarbeitete die Zawada GmbH aus Germering in der Nähe von München im Foyer 310 Liter poLyChro-intérieur von KEIM in vier verschiedenen Farbtönen: terre sienne brulée (tiefbraune Sienaerde), vert anglais clair (leicht ergrautes Englischgrün), terre sienne brique (helles Ziegelrot) und céruléen moyen (sommerlicher Himmel). Die Premium-Innenwandfarbe poLyChro-intérieur auf mineralischer Basis mit ausgewählten reinsten Pigmenten zeichnet sich durch ihre einzigartige Farbtiefe und Farbwirkung aus. In den hohen Räumen des Foyers kreiert sie auf etwa 1.000 Quadratmetern eine samtmatte Oberfläche. Levin Koch begründet die Wahl für dieses Produkt auch mit der im Vergleich zu chemisch hergestellten Farben anderen Haptik, der besonderen Farbtiefe sowie der besonderen Farbdauerhaftigkeit und Anmutung: „Erkenntnisreich war auch, dass poLyChro-intérieur auf größeren Flächen je nach Lichteinfall über den Tag changiert. Generell ist zu spüren, dass es sich um eine Farbe mit hochwertigen Pigmenten handelt.“
Beschreibung der Besonderheiten
Für die gelben Flächen verwendeten die Verarbeiter die Innenfarbe KEIM Innostar, eine ultradeckende, hochergiebige anwendungsfertige Sol-Silikatfarbe. Die Grundierung des Untergrunds generell erfolgte mit KEIM Soliprim, ein silikatisches Spezial-Grundiermittel für innen auf Basis einer Bindemittelkombination von Hydrosol und Kieselsol. Es wirkt egalisierend, untergrundverfestigend und haftvermittelnd. „Auch den Zwischenanstrich führten wir mit KEIM Innostar aus“, erläutert Bauleiter Simon Frischhut von Zawada. Bei Bedarf wurde poLyChro-intérieur auch zweimal aufgetragen. Insgesamt waren zwei Facharbeiter etwa ein halbes Jahr damit beschäftigt, die Farben samt Grundierung im Rollverfahren aufzutragen.
Einladende Farbigkeit
Während der Foyerbereich farbig gestaltet ist, sind die drei Spielstätten mit Platz für 600, 200 und 100 Zuschauer und alle dazugehörigen Arbeitsräume bewusst neutral gehalten. So sind zum Beispiel die Wände der großen Bühne in Sichtbeton schwarz lasiert, auch um die Aufmerksamkeit der Besucher auf die Bühne zu lenken. Levin Koch resümiert: „Unsere Intention war es, ein schönes Theaterfoyer zu schaffen, in dem die Menschen ankommen und sich wohlfühlen können. Das Volkstheater ist ein Ort, den man auch nach der Arbeit ohne Galagarderobe besuchen kann. Ein Ort, der auf alle einladend wirkt und nicht abschreckt. Dazu sollte auch die Farbgestaltung beitragen, sie ist eng mit der Idee des Volkstheaters verbunden.“
Text: Dr. Alexandra Nyseth
Produkte
poLyChro-intèrieur (Farbtöne 4320D, 32041, 32121, 32032)
KEIM Innostar
KEIM Soliprim
Auszeichnungen
Fassadenpreis der Landeshauptstadt München 2023, lobende Erwähnung
Finalist beim DAM Preis 2023 Deutsches Architekturmuseum (DAM), Frankfurt a.M.
polis award 2022: Kategorie „reaktivierte Zentren“, 3. Preis Polis Magazin, unterstützt durch Bundesstiftung Baukultur
Auszeichnung Otto Borst Preis 2022 für Stadterneuerung Forum Stadt – Netzwerk historischer Städte e.V.
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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