Heinze ArchitekturAWARD 2011: Teilnehmer
Neubau Kindertagesstätte - Rüsselchen - Blücherstraße 25 Chemnitz
09126 Chemnitz, Blücherstraße 25
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Dankhard Remmler - Dipl.-Ing. freier Architekt
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Blücherstraße 25, 09126 Chemnitz, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
08.2012
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Holz
Anzahl der Vollgeschosse
2-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
3.804 m³
Bruttogrundfläche
1.202 m²
Nutzfläche
534 m²
Verkehrsfläche
142 m²
Kosten
Veranschlagte Rohbaukosten des Bauwerks
615.000 Euro
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
1.400.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Entsprechend der Wettbewerbsaufgabe war eine planerische Lösung mit hohem Anspruch an Funktionalität und Gestaltung und an den Umwelt- und Klimaschutz erarbeitet worden. Sie zeichnet sich vor allem durch passive und aktive Nutzung erneuerbarer Energien und dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe für die meisten Bauteile mit hohem Vorfertigungsgrad und unter Einsatz von innovativen und verfügbaren Bausystemen aus.
Die Kindertagesstätte ist für die Betreuung von 75 Kindern in 4 Gruppen konzipiert und bietet Lösungen und Angebote für alle Kinder der verschiedenen Altersgruppen.
Beschreibung der Besonderheiten
Die Einordnung des Gebäudes erfolgte unter Respektierung der Baulücke an der Blücherstraße, jedoch nicht durch Unterordnung, und der Findbarkeit (vorgezogenes Vordach), der Ausrichtung nach Süden zur Sonne (schräge Fassadenfront) und der Vergrößerung der südlichen Gartenfläche trotz Vergrößerung der Gebäudenutzfläche im Vergleich zum jetzigen Gebäude.
Grundstück
Augenmerk wurde auf die sinnvolle Einordnung des Gebäudes in das von der Straße bis zu 2 m ansteigende Gelände bei Unterbringung aller Nutzanforderungen und die Modellierung eines abenteuerreichen Gartengeländes gelegt.
Erschließung, Außenanlagen
Der Eingang ist wegen des Höhenunterschiedes über Stufen bzw. über eine Rampe erreichbar. Der Gartenausgang im Süden ist ebenerdig und das Spielgelände am Gebäude auf demselben Niveau. Die Gartengestaltung erfolgt naturnah und respektiert den erhaltbaren, vorhanden Baumbestand. Neben Kommunikation (Sitzrunde), Spielen (Sand, Schaukel), solle aber auch Kreativität, Geschicklichkeit (Rollerstrecke), Abenteuer, Gruppenarbeit (Heckennischen) und Rückzugsmöglichkeiten für die Kinder geboten werden.
Baulich-räumliches Konzept
Die Nutzflächenanforderungen waren in Bezug auf die Grundstücksgröße groß, was daher zur Mehrgeschossigkeit und einer kompakten, Flächen sparenden Bauweise führt.
Der Eingang ist auf direktem Wege sichtbar und erreichbar. Hinter dem Windfang sind direkt Foyer, Garderobe und Treppe angeordnet. Das führt im Gebäude zu kurzen Wegen (auch ins Obergeschoss) und guter Findbarkeit und damit Orientierung. Der Mehrzweckraum ist gleich am Eingang (Mehrzwecknutzung, Aufweitung des Foyerbereiches) gegenüber der Ausgabeküche. Weiterhin befinden sich im Erdgeschoss zwei Gruppenzimmer für die jüngeren Kinder. Das Leiterinnenzimmer liegt oben so, dass eine Sichtbeziehung auf den Grundstückszugangsbereich besteht.
Die oberen Gruppenzimmer sind über die Treppe vorbei an Einblicksmöglichkeiten in den Haustechnikraum und Anzeigemonitor der momentanen Energiegewinn- und Verbrauchswerte zu erreichen. Damit können die Kinder an die energietechnischen Zusammenhänge herangeführt werden - außerdem bietet es Personal und Hausmeister Kontrollmöglichkeiten. In den oberen Gruppenräumen gibt es Rückzugsmöglichkeiten in einer zweiten Ebene mit Durchblicksfenstern als Sichtbeziehung zu Flur und Treppe.
Bauliche Anforderungen
Der Zugang des Gebäudes ist über eine Rampe im Vorgarten barrierefrei erreichbar.
Es sind jeweils mindestens zwei bauliche Rettungswege angeordnet.
Bauweise, Materialwahl, ökologische Aspekte, Wirtschaftlichkeit
Die angestrebte energieökologische Bauweise führte zu der Überlegung, die Hüllfläche des Bauwerkes zu minimieren. Der Idealfall ist die Kugel, die jedoch räumlich schlecht zu nutzen ist. Am einfachsten nutzbar ist der Quader, der jedoch zu wenig Unverwechselbarkeit führt. Letztere ergibt sich hier im ausgeführten Entwurf durch die Kombination aus einem liegenden Zylinder mit elliptischer Grundfläche, der auf der verglasten Südseite unter der für den Sonnenkollektor sinnvollen Neigung von ca. 60 Grad abgeschrägt ist.
Die Nutzflächen des vorgegebenen Raumprogramms wurden eingehalten und Räume so kompakt angeordnet, dass der umbaute Raum gering gehalten wird. In einem Untergeschoss wurde, gut gedämmt, die Wärmespeicher mit der nötigen Technik untergebracht. Ebenfalls gut gedämmt sind Wände, Dach und Fenster und entsprechen in etwa Passivhausstandard. Die Wand-, Decken- und Dachbauteile sind eine Holzkonstruktion aus kompakten Brettsperrholz oder Brettstapelelementen. Im Gegensatz zu einer Holzrahmenbauweise erfolgte der Aufbau wie bei einer Massivbauweise, erlaubte aber neben dem Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen (insbesondere Holz) einen hohen Vorfertigungsgrad.
Der Baustoff Holz sollte auch in der Farbsprache überwiegen - insbesondere an den Decken aus Holzrippenakustikelementen (gute Raumakustik, Geräusch dämpfend) und den Innenwänden - aber sich mit glatten, farbigen Bereichen abwechseln. Es wurden warme Gelb-, Orange-, Braunrot-, Olivtöne ähnlich der Farbgestaltung (Farbkonzept) der Schiebeläden an der Fassade vorgesehen. Die jeweils überwiegenden Farben wurden den einzelnen Gruppen zugeordnet.
Eine Auswahl der Baustoffe ist hier beispielgebend hinsichlich Ökologie und Nachhaltigkeit aufgeführt:
Wand-, Decken, Dachbaustoff:
Holz ist ein weit verbreiteter Rohstoff, der mit geringer Transport- und Prozessenergie gewonnen und verarbeitet werden kann. Es entzieht während des Wachstums der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlendioxid und speichert es als Kohlenstoff. Holz verfügt über enorme Zug- und Druckfestigkeit. Es ist leicht zu bearbeiten und hat eine einzigartig natürliche Optik und Haptik - es sieht natürlich aus, fühlt sich warm an und schafft Geborgenheit. Dabei kann es harmonisch mit allen anderen Baustoffen kombiniert werden. Holz verfügt über gute Wärmedämmeigenschaften und eine gute Wärmespeicherfähigkeit. Außerdem kann es schadlos Feuchtigkeit aufnehmen und diese wieder abgeben, was für ein behagliches Raumklima sorgt.
Dachdeckung Titanzinkblech:
Es gibt nur wenige Werkstoffe, deren ökologische Bilanz ähnlich positiv bewertet wird wie die des Titanzinks: Der Energieverbrauch ist sowohl bei der Gewinnung von Zink als auch bei dessen Verarbeitung äußerst gering. Emissionen werden durch die Verhüttung und Weiterverarbeitung mit modernen Produktionsanlagen auf ein Minimum reduziert. Der hohe Altmetallwert und die problemlose Wieder-Einschmelzung begründen Recycling auch aus ökonomischer Sicht. Die Recyclingquote von Titanzink liegt bei über 90%.
Fußbodenbelag:
Linoleum ist strapazierfähig, elastisch, extrem langlebig und aus natürlichen Rohstoffen. Linoleum ist ein Bodenbelag, der seit mehr als 100 Jahren hergestellt wird. Es werden fast ausschließlich nachwachsende Rohstoffe wie Leinöl, Harze, Holzmehl, Kalksteinmehl und Jute verarbeitet. Ein Recyclingsystem ist im Aufbau. Einzelne Hersteller praktizieren es bereits.
Die Flächenversiegelung des Grundstückes wurde durch kurze Wege und eine kompakte Erschließung sehr gering gehalten. Die Parkplätze erhielten Ökopflaster mit Versickerungsmöglickeit. Das Regenwasser der Dachflächen wird aufgefangen und auf dem Grundstück genutzt.
Gebäudetechnik, Haustechnik- und Ökologiekonzept
Im Vordergrund der Erarbeitung eines energieeffizienten Konzeptes für die Neuerrichtung der Kindertagesstätte Blücherstraße stand das Ziel, ein innovatives Gebäude mit guter Behaglichkeit, hoher Nutzungsqualität, jedoch minimalem Energiebedarf zu planen. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen wurde ein Entwurf für eine Kindertagesstätte mit Passiv-Haus-Eigenschaften erarbeitet und umgesetzt. Das entwickelte architektonische Konzept ist die Grundlage für die Energieeffizenz des Gebäudes. Durch Verwendung von Wandbausystemen und Fenstern mit niedrigsten Wärmedurchgangskoeffizienten entsteht ein hoch dämmendes, dichtes Gebäude mit geringsten Wärmeverlusten. Die Heizlast ist sehr gering. Durch Anordnung der Fensterflächen nach Süden, durch die Wärmeabgabe der Personen sowie der Beleuchtung erzielt das Gebäude hohe innere Wärmegewinne. Auf Grund der hohen Qualität der Gebäudehülle bleibt die Wärme im Haus. Eine Neigung der Fensterflächen ermöglicht es, auch im Winter, bei tief stehender Sonne, solare Gewinne zu erzielen. Im Sommer verhindert eine äußere Verschattung die Überhitzung der Räume.
Das baulich-räumliche Konzept wird durch ein cirka 30 m² großes Sonnensegel mit Flachkollektoren auf der Südseite vervollständigt. Diese thermische Solaranlage stellt ganzjährig die Wärme für die Beheizung des Objektes zur Verfügung, so dass außer einem geringen Anteil an Elektroenergie kein anderer Energieträger benötigt wird.
Der Ertrag dieser Solaranlage wird einerseits direkt zur Gebäudeheizung und zur Warmwasserbereitung genutzt. Zum anderen wird dieser ganzjährig in einen Wärmespeicher unter dem Gebäude eingespeichert.
Bei mangelnder Sonneneinstrahlung wird die eingespeicherte Wärme zunächst direkt zur Gebäudeheizung genutzt. Gegen Ende der Heizperiode sinkt die Temperatur im Wärmespeicher ab. Dann steht eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe zur Aufwertung (Temperaturerhöhung) der eingepufferten Wärme zur Verfügung und erzeugt Heizungs-Warmwasser auf dem erforderlichen Temperaturniveau für die Flächentemperierung und die Warmwasserbereitung.
Im Gebäude wurden zwei Speicher mit 40 m³ Volumen aufgestellt, die durch die Solaranlage aufgeheizt werden. Bei mangelnder Sonneneinstrahlung und Heizwärmebedarf wird in der Heizperiode zunächst mit Hilfe der Wärmepumpe ein Speicher bis auf eine Minimaltemperatur (ca. 5°C) entwärmt. Dieser Speicher steht somit zur Aufnahme von Sonnenwärme auf niedrigem Temperaturniveau zur Verfügung. Der zweite Speicher behält vorerst sein höheres Temperaturniveau.
Zur Gebäudeheizung wurde ein Fußboden-Flächenheizungs-System im Fußbodenaufbau vorgesehen. Dieses ermöglicht auch bei niedrigem Heizungs-Temperaturniveau eine hohe spezifische Heizleistung.
Das Gebäude erhält eine sehr dichte Gebäudehülle. Zur Sicherung der notwendigen Frischluftzufuhr der Aufenthaltsräume ist eine raumlufttechnische Anlage zur Be- und Entlüftung notwendig. Die Außenluft wird über einen Erdwärmetauscher angesaugt. Dadurch erfolgt im Winterhalbjahr eine Vorwärmung und im Sommerhalbjahr eine Abkühlung der Außenluft. Gleichzeitig wird durch einen hochwirksamen Wärmetauscher die Wärme aus der Raumabluft an die Zuluft übertragen und verbleibt somit im Gebäude.
Dem Ziel, eine energieökologische Kindertagesstätte zu errichten, trägt auch die Nutzung von Regenwasser statt Trinkwasser bei. Das anfallende Regenwasser der Dachfläche wird in einer 8 m³-Regenwasserzisterne gesammelt und wird für die WC-Spülung im Gebäude verwendet.
Auszeichnungen
1. Preis
Realisierungswettbewerb 2009
Neubau einer Kindertagesstätte in 09126 Chemnitz, Blücherstraße 25 mit Berücksichtigung besonderer energieökologischer Anforderungen
Auslober: Stadt Chemnitz
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Solarthermie
Sekundärenergie
Strom
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
30,60 kWh/(m²a)
Heizenergieverbrauchswert
2,40 kWh/(m²a)
Stromverbrauchswert
11,40 kWh/(m²a)
Energiebedarf (Prozentuale Verteilung)
Heizung
21 %
Warmwasser
22 %
Beleuchtung
34 %
Lüftung
23 %
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