Architekturobjekt 2 von 3

Architekturobjekte


Ölhafenbrücke Raunheim

65479 Raunheim, Ölhafenzufahrt 1

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: schneider+schumacher Planungsgesellschaft mbH

Ölhafenbrücke - Ölhafenbrücke Raunheim

© 2013, Joerg Hempel, Aachen

Ölhafenbrücke Spirale - Ölhafenbrücke Raunheim

© 2013, Joerg Hempel, Aachen

Ölhafenbrücke Geländer - Ölhafenbrücke Raunheim

© 2013, Joerg Hempel, Aachen

Ölhafenbrücke Pfeiler - Ölhafenbrücke Raunheim

© 2013, Joerg Hempel, Aachen

Ölhafenbrücke Nacht - Ölhafenbrücke Raunheim

© 2013, Joerg Hempel, Aachen

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: schneider+schumacher Planungsgesellschaft mbH

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Ölhafenzufahrt 1, 65479 Raunheim, Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Neubau

Fertigstellungstermin

05.2013

Zeichnungen und Unterlagen

Projektbeteiligte Firmen und Personen

Architekt/Planer

schneider+schumacher Planungsgesellschaft mbH

Poststr. 20a

60329 Frankfurt/ Main

Deutschland

Tel. +49 69 256262-62

office@schneider-schumacher.de

Fachplanung: Tragwerksplanung

Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH

Lindleystr. 11

60314 Frankfurt

Deutschland

Tel. +49 69 968857-0

frankfurt@schuessler-plan.de

Gebäudedaten

Tragwerkskonstruktion

Stahl

Beschreibung

Objektbeschreibung

Geh- und Radwegbrücke über den Ölhafen in Raunheim

1. Einleitung
Mit der Geh- und Radwegbrücke über der Einfahrt des Ölhafens in Raunheim wurde
eine der letzten Lücken im überregionalen Radweg R3 entlang des Mains
geschlossen. Der Mainuferweg ist nun lückenlos zwischen Aschaffenburg und der
Mündung in Mainz befahrbar. Bisher endete er als Sackgasse an der Einfahrt zum
Raunheimer Ölhafen. Die unattraktive Umfahrung des Hafens war wegen der
vorhandenen Infrastruktur nur großräumig möglich.

2. Standort Ölhafen
Die besondere Lage der neuen Brücke über einer Ölhafeneinfahrt und parallel zu
einem Tanklager stellte besondere Anforderungen an die Ausbildung des Bauwerks.
Im Großtanklager werden hochentzündliche Treibstoffe für den Flughafen Frankfurt
am Main umgeschlagen und gelagert. Die mit Kraftstoffen beladenen Schiffe queren
unter dem Überbau und werden in unmittelbarer Nähe zur Brücke geleichtert.
Insbesondere der Eintrag von Zündquellen, zum Beispiel durch Wegwurf von
Zigaretten, stellt ein Sicherheitsrisiko dar und muss durch eine geeignete Ausbildung
des Brückenbauwerks wirksam verhindert werden. Zur Erlangung des Baurechts war
daher eine bauliche Sicherheitswand in Richtung Ölhafen zum Schutz der Fußgänger
für den Fall einer Havarie gefordert. Der Überbau sollte zudem baulich so
ausgebildet werden, dass ein direkter Zugriff auf die querenden Tankschiffe durch
Brückenbenutzer verhindert bzw. erschwert wird.

Fluss Main
Der Standort der Brücke ist neben dem industriellen Charakter des Ölhafens durch
den parallel verlaufenden Main mit den landschaftlich attraktiven Ufern und alten
Baumbeständen geprägt. Die Brücke wird vorwiegend von Freizeitsportlern,
Fahrradfahrern und Fußgängern genutzt. In der Aufgabenstellung waren der Erlebnis und Freizeitwert sowie die exponierte Lage der Brücke mit Blickbeziehungen auf den
Fluss und die Mainufer gleichbedeutend mit den funktionalen Anforderungen.

3. Entwurfsidee
Vor dem Hintergrund der besonderen Rahmenbedingungen wurde eine
Brückenlösung entwickelt, die neben den erforderlichen sicherheitstechnischen
Anforderungen also auch der besonderen exponierten Lage der Brücke parallel zum
Main Rechnung trägt. Ziel des Entwurfes war, die Funktion als Freizeitbrücke zu
unterstreichen und trotz aller Sicherheitsanforderungen vor allem die
Blickbeziehungen vom Überbau auf den Fluss frei zu halten.

4. Überbau
Zur Überbrückung des Ölhafens wurde eine Stahlbrücke mit angegliederten
Rampenanlagen realisiert. Das Bauwerk weist in der Draufsicht eine leicht
geschwungene S-förmige Linienführung auf, die am nördlichen Ufer in ein kreisrundes
Rondell übergeht. Der Überbau mit einer Gesamtlänge von zirka 170 Metern besteht
aus einem 5-feldrigen Durchlaufträger, wobei die Hafeneinfahrt mit einer Stützweite
von rund 70 Metern frei überspannt wird. Das semi-integrale Bauwerk erhielt nur am
südlichen Widerlager Achse 10 eine längsverschiebbare Lagerung. Der Festpunkt
der Brücke befindet sich an der Uferstütze Achse 40, wo der Überbau auf der
Stahlbetonwand des Rondells aufliegt und mit dieser kraftschlüssig verbunden ist. Alle
weiteren Stahlstützen wurden monolithisch mit dem Überbau verbunden. Durch die
geometrische Ausbildung der Stützen und der Anordnung der Bohrpfähle war eine
zwängungsarme Verformung des Überbaus in Brückenlängsrichtung möglich.

5. Brückenquerschnitt
Die Besonderheit des Entwurfs liegt vor allem in dem gewählten Brückenquerschnitt.
Dieser besteht aus einem L-förmigen Stahlhohlkasten, der in einem Synergieeffekt
mehrere Vorteile in sich vereint. Die seitliche senkrechte Wand des Kastens weist ab
der Oberkante der Lauffläche eine Höhe von bis zu 2,8 Metern auf und bildet die
erforderliche Abschirmung in Richtung Ölhafen. Neben dieser Schutzfunktion beteiligt
sich die vertikale Wand auch am statischen Lastabtrag, wodurch die Bauhöhe unter
der Oberkante der Lauffläche gering gehalten werden konnte. Die zu überwindende
Höhe zwischen dem anstehenden Gelände und der Brücke konnte so auf ein
Minimum reduziert werden. Auf der Mainseite wird der Brückenkörper bis zu 2,5
Meter über die Geländerlinie hinaus verbreitert. Der Überstand hat die Funktion eines
horizontalen Berührungsschutzes. Zusätzlich wird das Geländer schräg gestellt, um
die Fußgänger weit genug von der Brückenkante fernzuhalten. Mit diesen
Maßnahmen wird die Gefahr eines Zündquelleneintrags über der Hafeneinfahrt
deutlich minimiert.

6. Überbaugeometrie
Der Stahlkasten ändert im Verlauf der Brücke neben der Höhe der vertikalen Wand
des Hohlkastens auch kontinuierlich seine Breite. Im Hinblick auf eine wirtschaftliche
Herstellung des Stahlkastens erfolgte die Querschnittsentwicklung nach dem
folgenden Konstruktionsprinzip. Der L-förmige Kasten setzt sich aus insgesamt 6
äußeren Blechen zusammen. Die Lage der einzelnen Bleche wird im Verlauf der
Brückenachse jeweils nur durch eine Parallelverschiebung verändert, der Winkel zur
Horizontalen bleibt somit, bezogen auf den Querschnitt, konstant gleich. So wird
erreicht, dass die Bleche in großen Bereichen des Bauwerks im Wesentlichen nur
eine einachsige Krümmung in Richtung der Brückenachse erhalten. Durch dieses
Prinzip wurde die Ausführung von doppelt gekrümmten Blechen vermieden, mit
Ausnahme der Bereiche des Rondells sowie der dem Main zugewandten Nase.
Die komplexe Geometrie des Überbaus erforderte eine Bearbeitung in einem 3-
dimensionalen Modell. Auf Grundlage dieses Modells konnte die Werkstattplanung
aufgebaut werden.

7. Unterbauten
Die Stützen der Achse 20 und 30 bestehen aus sich kreuzenden Stahlrohren mit
einem Durchmesser von 610 Millimeter bzw. 1016 Millimeter, die monolithisch mit
dem Überbau und dem Fundament verbunden sind. Die Ausführung der Stützen
wurde als aussteifendes Kreuz geplant, um eine Gabellagerung des Überbaus zu
gewährleisten. Die torsionssteife Lagerung des Überbaus vor allem in Achse 30 leistet
einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung des Schwingungsverhaltens der
Brücke. Die Rampe am nördlichen Ufer wurde als Rondell gelöst. Der untere
Halbkreis des Rondells besteht aus einer modifizierten Winkelstützwand, die sich
fließend aus der Geometrie des Stahlüberbaus heraus entwickelt. Die zweiachsige
Krümmung des Stahlüberbaus wird in der anschließenden Betonwand fortgesetzt. Die
Wand dient neben ihrer eigentlichen Aufgabe zur Stützung des Erdwalls und
Schutzwand zum angrenzenden Ölhafen auch gleichzeitig als Auflager für den
Stahlüberbau. In Achse 40 wird der Stahlüberbau monolithisch mit dem
Betonunterbau mittels vorgespannter Anker aus Gewindestäben und Kopfbolzendübel
verbunden.

8. Bestehende Hafenspundwände
Bei der Planung der Gründungen mussten die bestehenden rückverankerten
Hafenspundwände im Bereich der Hafeneinfahrt berücksichtigt werden. Die
horizontalen Rückverankerungen durften geometrisch nicht tangiert werden, zudem
musste ein zusätzlicher Lasteintrag in die Spundwände konstruktiv verhindert werden.
Die an die Hafenwand angrenzenden Bohrpfähle der Achse 30 und 40 wurden
deswegen mit einer doppelten Verrohrung bis in Höhe der Hafensohle ausgeführt, um
eine Lastübertragung durch Mantelreibung und horizontaler Bettung auf die
Spundwand auszuschließen.

9. Dynamisches Verhalten
Die Brücke wurde in der Planungsphase auf das Entstehen von fußgängerinduzierten
Schwingungen untersucht. Die Berechnungen zeigten, dass sich die rechnerisch
ermittelten Beschleunigungen im unteren Komfortbereich der anzusetzenden
Brückenklasse bewegen. Um eine Nachrüstung mit Schwingungsdämpfern zu
ermöglichen, wurden im Stahlkastenquerschnitt Nischen, sogenannte Tilgerkammern,
eingeplant, in die von der Lauffläche aus nachträglich Schwingungstilger eingesetzt
werden können. Zur Beurteilung des tatsächlichen Schwingungsverhaltens wurde
nach Fertigstellung des Brückenbauwerks ein In-Situ-Versuch durchgeführt mit dem
Ergebnis, dass eine Nachrüstung von Tilgern nicht erforderlich war.

10. Ausstattung
Auf der dem Main zugewandten Seite wurde ein 1,2 Meter hohes Stahlgeländer mit
einer Füllung aus einem transparenten Edelstahlnetzgewebe realisiert. Die
Befestigung des Netzes erfolgte oben und unten je durch ein Rundrohr, die
zusammen mit den Handläufen dem bogenförmigen Brückenverlauf folgen.
Die Brücke erhielt zudem eine Effektbeleuchtung aus LED-Leuchtröhren, die optisch
versteckt im Handlauf des Geländers untergebracht sind. Der Lichtkegel beleuchtet
nach unten geneigt sowohl das Geländer als auch die Nutzfläche der Brücke. Infolge
der durchgehenden Handlaufbeleuchtung wird der geschwungene Brückenkörper bei
Nacht in Szene gesetzt.

11. Bauausführung
Der Stahlüberbau wurde in einem Werk gefertigt und in transportablen Schüssen per
LKW auf die Baustelle geliefert. Die Montage der Uferfelder erfolgte auf
Montagegerüsten. Der 70 Meter lange Brückenabschnitt über der Hafenöffnung
wurde auf der Landseite und parallel zum Hafenbecken montiert. In einer
Wochenendsperrpause des Ölhafens wurde der zirka 200 Tonnen schwere Überbau
von einem Schwimmkran aufgenommen und in seine endgültige Position
eingeschwommen.
Die Ölhafenbrücke wurde im Mai 2013, nach einer Bauzeit von einem Jahr eröffnet
und für den Rad- und Fußgängerverkehr freigegeben.

 

Auszeichnungen

Preis des deutschen Stahlbaus 2014 Auszeichnung

Architizer A+ Awards 2014 Finalist

Preis der Landesinitiative „Baukultur in Hessen“

Schlagworte

Ölhafenbrücke, schneider+schumacher

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