Nominiert für die Shortlist der Jury 2023 - Nachwuchsarbeiten
plant. Anlagenhaus für eine urbanen Biogasanlage in zirkulärer Bauweise
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: HafenCity Universität Hamburg, Architektur, Levin Wagner
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
05.2023
Zeichnungen und Unterlagen
Gebäudedaten
Bauweise
Sonstige
Tragwerkskonstruktion
Stahl
Anzahl der Vollgeschosse
1-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
62 m³
Bruttogrundfläche
20 m²
Nutzfläche
16 m²
Kosten
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
3.087 Euro
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die bestehenden Bauten auf dem Hof definieren sich durch recht komplexe, offene Strukturen. Der neue geschlossene Baukörper soll den Ort beruhigen, dennoch nicht als Fremdkörper neben dem Bestand wirken. Ein Quader dessen Komplexität durch seine Materialität entsteht. Das Nutzungsprogramm wurde im Dialog mit einem Team aus Ingenieur:innen und Techniker:innen der TU Hamburg-Harburg definiert: Ein Raum zur Lagerung der Biomasse und von Werkzeugen. Jedoch auch eine Werkstatt und vor allem ein Ort zur Vorbereitung der Biomasse und zur Weiterverarbeitung des produzierten Biogases. Daraus entstand ein quadratischer Grundriss, der durch einen transparenten Vorhang in vier Teile getrennt werden kann. In der hinteren Hälfte des Gebäudes, an der hohen Rückwand, ist die Lagerung von Messgeräten und Werkzeugen, sowie die gekühlte Lagerung der Lebensmittelreste vorgesehen. Im vorderen Teil, an dem vollständig öffenbaren Falttor, befindet sich ein abtrennbarer Raum zum Schreddern der Lebensmittelreste, sowie ein Bereich zum Abfüllen des Biogases und ein universell nutzbarer Werkstattplatz.
Nach drei Monaten Entwurf und Materialsuche, Finanzierungssuche, Materialakquise und -transport sowie zwei Monaten Detail- und Ausführungsplanung und schließlich Ausführung konnte das knapp 16 m² große Gebäude im Mai 2023 durch die beiden Studierenden fertiggestellt und der Bauherrschaft für die vorgesehene Nutzung übergeben werden.
Beschreibung der Besonderheiten
Da das Projekt nicht aus einem bestehenden Materialpool heraus entstand, war die Suche und Akquise von wiederverwendbaren Baumaterialien großer Bestandteil des Entwurfsprozesses. Es ergab sich ein Wechselspiel, in dem Entwurf und die aktuellen Materialverfügbarkeiten sich gegenseitig beeinflussten. Um sich nicht von Verfügbarkeiten einschränken zu lassen, war es während des Entwurfes nötig zunächst nicht mit spezifischen Materialien, sondern mit Eigenschaften und Materialgruppen zu planen:
- Das Tragwerk als filigrane, repetierende Konstruktion sollte eine offene Struktur haben und sich nach außen zeigen. Metall.
- Das Gebäude sollte einen Sockel haben, der die Linie des Walls aufnimmt und eine Massivität ausstrahlt. Mineralisch.
- Die obere Fassade sollte teiltransparent, eher transluzent sein, damit die Struktur des Tragwerks von außen sichtbar ist. Das Gebäude sollte als geschlossenes die Offenheit des bestehenden Pavillons und der Biogasanlage widerspiegeln. (Plexi)Glas.
- Das Gebäude sollte eine große Eingangsgeste haben und sich weit öffnen können um den Demonstrationsaspekt der Biogasanlage aufzunehmen und den Parkplatz zu aktivieren. Tor.
- Das Dach sollte aus einer Art Trapez- oder Wellblech hergestellt werden.
Materialsuche und -akquise als Teil des Entwurfsprozesses:
Bei der Suche nach Materialien konnten niemals alle gleichzeitig zur Verfügung stehen. Jedes Material, das schließlich feststand, bestimmte wiederum die Entscheidung für die noch fehlenden Materialien mit. Es entstand eine Abhängigkeit unter den verschiedenen Bauteilen, die sich aus der zufälligen Verfügbarkeit der Materialien im Prozess der Suche ergab. Durch die unabhängige Suche nach den Materialien für die einzelnen Bauteile ergaben sich geradezu Entwurfsteile, die es später zusammenzusetzen galt. Der Entwurf wurde zu Beginn ganzheitlich gedacht, dann im Prozess der Materialfindung in Einzelteile zerlegt um schließlich nach Abschluss der Materialakquise wieder zusammengesetzt zu werden.
Das Gerüst als Haupttragwerk fand sich während einer Materialkatalogisierung auf dem Baugrundstück. Gemeinsam mit dem ersten erfolgreichen Materialfund, einem alten Falttor, konnten die finalen Dimensionen des Gebäudes sowie die Oberkanten des Sockels und der Glasfassade festgelegt werden. Der Sockel entstand schließlich aus einem eigens entwickelten Verband aus Schlacke- und Wabensteinen, die ebenfalls auf dem Gelände als Reste des gepflasterten Hofs zu finden waren. Für die Glasfassade wurden recycelte Profilglas-Elemente verwendet, welche mit Trockenbau-Aussteifungsprofilen (UA-Profilen) gerahmt wurden. Diese mussten als einziges Baumaterial (ausgenommen Verbrauchsmaterialien) neu angeschafft werden, können jedoch durch verschraubte Verbindungen später ihrem ursprünglichen Verwendungszweck im Trockenbau wieder zugeführt werden. Das Dach wurde mit recyceltem Trapezblech eines alten Carports gedeckt.
Materiallagerung und Transportlogistik:
Die bereits beschriebenen Herausforderungen bei der Materialsuche und -akquise wirkten sich auch unmittelbar auch die Lagerung und die Logistik der Materialien aus. Um im Entwurf an den Punkt einer folgenden Ausführung zu kommen, mussten durch den zirkulären Ansatz alle benötigten Materialien festgelegt sein. Dies war leider bei Privatverkäufen wie auf eBay Kleinanzeigen meist erst der Fall, wenn das Material abgeholt wurde. Danach musste das Material bis zum Bau eingelagert werden. Kurz vor Baubeginn war im Grunde das gesamte Gebäude in seiner Baumasse vor Ort gelagert da es natürlich nicht möglich war, wie beim herkömmlichen Bauen, Stück für Stück die benötigten Materialien einzukaufen.
DesignBuild Ansatz während der Realisierung:
Da das Gebäude zudem vollständig durch das Projektteam (Aaron Leander Wruk und Levin Wagner) realisiert wurde, musste keine vollständige Detailplanung auf dem Papier ausgearbeitet werden, sondern es konnten bei der Ausführungsplanung einige Spielräume offengehalten werden um während des Baus vor Ort die letzten Details zu lösen. Im Sinne des DesignBuild Konzepts ließ sich also auch während des Baus noch der Entwurf verändern und verfeinern. Dies war gerade hilfreich, wenn man vor Herausforderungen wie einer anders gelieferten Lackfarbe oder Produktionsvarianzen in Gläsern und Profilen gestellt wurde. Viele Fügungen hatten wir uns zuvor ausgedacht und skizziert, konnten sie jedoch erst bei der Montage finalisieren.
Das Projekt wurde von den Studierenden Aaron Leander Wruk und Levin Wagner unter Betreuung von Tim Simon-Meyer und Prof. Karsten Schlesier vollständig entworfen, geplant und realisiert.
Förderer: Atelier JQTS, CNK Planungsgesellschaft, Mankiewicz Gebr. & Co., Mara und Holger Cassens-Stiftung, TU Hamburg-Harburg, waterfront e.V.
Nachhaltigkeit
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