Architekturobjekt 21 von 23
Heinze ArchitektenAWARD 2016: Sieger "Nachwuchsarbeiten"

Architekturobjekte

Heinze ArchitektenAWARD 2016: Sieger "Nachwuchsarbeiten"


Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

Proun - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Umgebungsmodell - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Modell - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Modell - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Modell - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Dachgarten - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Tagraum - Proun . Wohnhaus in der Agglomeration

© Lionel Esche, Lluis Daniel Dura

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Verwendete Produkte

Esslinger Betonwerk

Beton

HOFMANN Natursteinwerk

Naturstein-Fassaden

Gebäudedaten

Tragwerkskonstruktion

Stahlbeton

Anzahl der Vollgeschosse

6- bis 10-geschossig

Raummaße und Flächen

Nutzfläche

9.200 m²

 

Wohnfläche

9.200 m²

 

Grundstücksgröße

7.000 m²

Beschreibung

Objektbeschreibung

Die Bühne für diese Geschichte ist ein Haus mit verschlossenem Garten, der durch eine hohe Mauer von der übrigen Welt abgetrennt ist. Eine geordnete Architektur bestimmt den Außenraum, große und kleine Fenster gliedern zusammen das Außenbild einer Arche. Sie öffnet sich zu zwei Seiten, dem Straßenraum und damit dem Agglomerationsgebiet und der Außenwelt. Der reiche Garten versinnlicht die Schönheit und die Gemeinsamkeit der Bewohner, er wird zum Sehnsuchtsort in der Stadt. Die Wohnungen schaffen einen Kontrast zwischen großen öffentlichen Tagräumen und privaten Nachträumen. Proun ist ein Akronym, für die Behauptung für etwas Neues. - Genau genommen nicht einer neuartigen Sprache, sondern die Verständlichkeit einer vergessenen Sprache, ein „Kode“ zu dem wir den Schlüssel längst verloren haben.


Sollte ich denn mit Worten malen können?

Ich war gerade dabei, mit Mühe ein ungeheures rechteckiges Reservoir zu umfahren, als ich erschöpft in­mitten von Pfützen zusammenbrach, deren schwärzliche Farbe nicht weniger beunruhigte als das regelmäßige Klopfen des großen unterirdischen Motors der Stadt…

… Als ich wieder erwachte, war die Banlieue verschwunden, das Reservoir war um mehrere Kilometer zurückgewichen und hatte sich in ein römisches kunterbuntes Monument verwandelt, dessen Ränder in Morgenlicht getaucht waren. Irgendwo hallte der Waschbleuel der Wäscherinnen wider, woanders hörte man den Fernseher leicht rauschen – fast knistern, daneben wurde wieder lautstark gekocht und irgendwo anders sprach eine klare und ruhige Stimme.
Auf dem Grund der milden Täler erhoben sich Bäume wie Algen in die Luft, die zwischen zitternden Lichtflächen hin- und her- tanzten. Und man wusste nicht, wie man diesen Raum benennen sollte, so sehr schien er ein für alle Mal dem Vertrauen übergeben worden zu sein. Doch ich wagte noch nicht, auf solch zerbrechlichem Licht zu wandeln, musste erst verstehen. Doch dieselbe Stimme, die die Welt erklärte, indem sie sich mit ihr vermischte, gab mir zu verstehen, dass ich furchtlos vorwärtsgehen konnte und dass die Dinge beständig waren, trotz der Vorsicht, mit der sie sich an­fangs bewegten.

Und tatsächlich, als ich die Hand in die Landschaft, einem wilden Garten hinausstreckte, wie man es tut, um festzustellen ob es regnet, spürte ich in einem die Frische der Luft und den Widerstand der fernen Mauern, die ich für zerbrechlicher gehalten hatte als die Blütenblätter der Lilien vor mir: Ich streifte das duftende Laubwerk, das mein Blick in dem Frühnebel verschmolzen hatte, und ich ging sicher über eine Wiese, die mir vorher als ein zartgrüner Strand erschienen war. Die Erde knirscht, wie ich so vorüber wandle und ein frisch gemähter Grasgeruch steigt in die Luft herauf.
Ich ging hinauf und bergab, fühle mich immer draußen, bin draußen und sehe den Garten links, rechts hinter oder vor mir. In einer Stiva, wie wir es aus den Galeeren kennen, stoße ich immer wieder auf Neues, Altes, Vertrautes, so klar heimisch und gemütlich und wieder fremd zugleich aber vor allem stoße ich auf eines: Einem Kollektiv. Das Leben steht für das Miteinander.

Schließlich klopfte ich an eine offene Tür, die auf keinen lärmigen Flur oder lästigen Korridor öffnete, son­dern zu dem Gehege, der schönsten und ausgesuchtesten Stunden führte, zu einem Platz im Freien, der nur mit ein paar Kindern belebt war, oder gar obszönen Sammlungen, riesigen Bibliotheken, büroartigen Loft­gehegen, gigantomanischen Studentenwohnungen, Ansammlungen an Erinnerungen und Geschichten. Es sind Räume die eine eigene Sprache verlangen. Räume die Erinnerungen bilden, Blitze, Jubel, Feuer, Asche, Gelächter, Schluchzen, Und all das Unsägliche das dahinter und davor ist und für das was noch kommt.

Und während ich außer Atem komme bei all dem Gezeter, all den ach so angegliederten Beschreibungen, Berechnungen, bewusst erheiternden Idealisierungen und Akronymen, während ich an der Zeit entlanglaufe … ist der Raum da.


Da. Vor mir. Über mir. In mir. Überall. Er ist da. Er schweigt. Unbegrenzt. Er enthält. Er verschlingt. Ewig.


Über Architektur

Wir benutzen im täglichen Sprachumgang ständig Metaphern, Ausdrücke, ohne diesem Umstand Bedeutung beizumessen. Wir sprechen vom Fuß des Berges, dem Bein des Stuhls oder dem Herzen der Stadt. Fast unsere gesamte Kommunikation basiert auf Zeichen, Symbolen, Signalen und Allegorien, die nicht nur die meisten Aspekte unserer täglichen Routine ausmachen, sondern meistens oder sehr oft auch religiöse und metaphysische Systeme in sich tragen. Wir müssen uns den Konsequenzen übergeordneter Bilder und damit auch Sprachen bewusst werden, um Sie zu verstehen und mit Ihnen zu arbeiten. Architektur ist abhängig. Abhängig von Allegorien, Bildern, Symbolen und Zeichen und damit einer anderen Sprache. Die Allegorie hebt den Nachdenkenden auf eine andere Bedeutungsebene und versorgt den Entwerfer mit einem Mittel, das weit über die pragmatische Repräsentation hinausgeht.
Symbole als Durchdringung von Geist und Vorstellung, die durch Mysterien, Tiefe und unerschöpfliche Interpretation charakterisiert werden. Um etwas Abstraktes auszudrücken und zu visualisieren benützen wir, benützt man transzendentale oder geistige Symbole und Allegorien. Es ist ein fundamentaler Prozess der Konzeptualisierung einer unabhängigen diversen und daher unterschiedlichen Realität durch den Gebrauch von Vorstellungen, Imaginationen, Metaphern, Analogien, Modellen, Zeichen, Symbolen und Allegorien.

Uns faszinieren an Bauwerken an bestimmten Orten die Geschichten und Spuren der gebauten menschlichen Umgebung. Sie regen uns an, zum Fühlen und Denken, ziehen uns magisch an und stoßen uns an und ab.

Tempelgärten begleiten seit den Ägyptern unsere Geschichte. Das Paradies gilt als heiligster Ort der Erde, dem Garten Eden. Es sei ein irdischer Garten, der einem Menschen erst mit dem Übertritt in das Jenseits zugänglich werde. Die literarische Verwendung des Gartens als Symbol ist vielfältig. Das Symbolhaftige wandelt sich im Zuge kulturhistorischer Veränderungen. Der Garten gilt allgemein als Symbol in der Funktion des Lustgartens für Kunst und Natur.

Die Werke von El Lissitzky müssen neu gelesen werden. Aktueller denn je beschäftigen wir uns mit der Frage eines Neuanfangs. Wie kann etwas Neues entstehen, was sich dem Alten bedient? Und wie finden wir unseren Stile? [In welchem Stile sollen wir bauen?] El Lissitzky, nebst anderen Architekten und Künstlern der Avantgarde und des Konstruktivismus wie Jakov Cernichov beschäftigten sich mit der Frage, wie Geometrie räumlich verortet werden kann und daneben mit einer der Grundfragen der Architektur: Mathematik und Architektur, Ordnung und Ästhetik. Können und dürfen Bauwerke ornamentale Kompositionen sein, oder muss der konstruktivistische Symbolismus phantastischer Realismus werden.

Das Mausoleum von Adolf Loos zeigt die präzise Arbeit eines Baukörpers, in der geschichtete Steine zur Architektur werden. Trotz oder gerade durch die einfache Schichtung des Körpers wird die Reduktion auf geometrische Absichten erkennbar, eine Tür, ein Fenster, ein Dach und eine dicke Wand, spielen mit Grundaxiomen der Architektur und lassen sehnsüchtlich auf gebaute Architektur hoffen und auf die Grundbedürfnisse des Menschen: Hortus Conclusus, ein geschützter Raum, mit gerichtetem Blick.

Kazuo Shinohara schafft in seinem Bauwerk: „House of Earth“ zwei Welten, die offene Welt - die durch große Öffnungen, frei zugänglich in der Landschaft liegt und die Maxima der Freiheit ausnutzt - Und die geschlossene Welt, als Rückzugsort zu der hektisch treibenden Großstadt.

Die Moschee in Samarra stellt ähnlich zu griechischen oder ägyptischen Tempelanlagen das Motiv der gerahmten Tür da. Wände und Säulen werden zu Schichten im Gebäude und verleihen dem Inneren höhere Bedeutung, wie ein Wall wird das Innerste im Bauwerk beschützt, hier ein heiliger Allraum, der durch die Schichtung mystifiziert und beschützt wird. Sie gleichen den Ringen von Befestigungsanlagen in mittelalterlichen Burgen, in denen Symbole des Schutzes Raum in massiven Wänden finden.

Piranesis Zeichnungen zeigen eine gebaute Architektur. Sie zeigen fast surreale Abbildungen von Tempelanlagen, Pyramiden und Schlössern. Sie führen uns in eine Welt unabhängiger und damit autonomer Architekturen. Zeichnungen werden zu Sehnsuchtsorten und lassen uns staunen vor Baukunst vergangener Zeiten.
Die Agglomeration sehen wir als Chance den Raum zu erweitern und die Stadt wachsen zu lassen. Im alten Gallien wäre Sie beschrieben worden als ganze Trabantenstädte, inmitten eines herrlichen weiten Naturparks mit reiner himmlisch duftender Luft, ideal für alle, die der verpesteten Luft und Ihrer hektischen Getriebe entfliehen wollen, und das keine drei Wochen von der Stadtmitte Roms entfernt. Am Abend gäbe es Zirkusspiele, lange Spaziergänge durch die Parkanlagen, mit sich tummelnden Wildschweinen, oder einfach kleine Orgien mit den Nachbarn. Die Agglomeration weist hierbei die Chancen der Geheimnisvollen Städte auf, die unerforschte Stadt, die kontinuierlich leicht im Hintergrund atmet und sich der Öffentlichkeit trotzdem entzieht. Sie läuft und läuft, atmet wie die Kaskaden in der Unterwelt, und holt sie die Stadt doch bald ein durch gewagte Bauprojekte und den immer wachsend-innehaltenden Druck und Auflagen der Stadt.

Auszeichnungen

Ausstellung Salone del Mobile 2016 . Galleria Tulpenmanie 30 30

Schlagworte

Agglomeration, Tag und Nacht, Wohnen, Proun, Gemeinschaft

Objektdetails

Gebäudespezifische Merkmale

Anzahl Betten

240

 

Anzahl Wohneinheiten

80

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