Architekturobjekte
Stadtbibliothek Rottenburg
72108 Rottenburg am Neckar, Königstraße 2
Mit freundlicher Unterstützung von Wienerberger
Mit freundlicher Unterstützung von Wienerberger
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Königstraße 2, 72108 Rottenburg am Neckar, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Neubau
Fertigstellungstermin
08.2017
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Ziegelmauerwerk
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Bereits im Wettbewerb zum Neubau der Stadtbibliothek Rottenburg am Neckar war harris + kurrle architekten aus Stuttgart klar, dass an der Schnittstelle zwischen mittelalterlicher Altstadt und neuer Bebauung ein massiver Bau die Antwort auf die Kleinteiligkeit des Kontexts werden sollte.
Entstanden ist ein moderner Monolith als kommunizierender Baustein im städtischen Gefüge. Dickes einschaliges Ziegelmauerwerk formt ein städtebaulich hervorragend wirksames Volumen, schafft gut proportionierte Innenräume und erfüllt die herausfordernden statischen und bauphysikalischen Anforderungen.
Erdbebenzone 3 und Low-Tech-Energiekonzept
Trotz der scheinbar einfachen Kubatur wurde die Wahl der Konstruktion für das fünfgeschossige Bauwerk zu einer Herausforderung für die Planer: mit Erdbebenzone 3 droht in der Idylle zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald höchste Erdbebengefahr. Das energetische Konzept sollte vor allem auf passiven Maßnahmen beruhen. Es wird erzielt über eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle, einen maßvollen Fensteranteil mit Sonnenschutzverglasung sowie Sichtbetondecken als natürliche Speichermassen.
Gebaut wurde letztendlich eine massive Ziegelkonstruktion aus dem Poroton-Ziegel S10-MiWo mit integrierter Wärmedämmung aus Mineralwolle in 42,5 cm Wandstärke, mit einer Rohdichteklasse von 0,8 bei einer Druckfestigkeitsklasse 12 . Um die Schwächung des Tragwerks durch die 2 x 2 m großen Lesefenster zu verringern, wurden diese von aussteifenden Stahlbetonstützen gerahmt und mit Ziegel-Ergänzungsprodukten aus dem Poroton-Systemzubehör verkleidet. Damit konnten zusätzliche Bauteile wie Dämmung vermieden werden, deren Materialunterschied sich in der Fassade abgezeichnet hätte. Ergänzt wird die Konstruktion durch Stahlbetondecken und einen Dachstuhl aus Holz mit Ziegelausfachungen und Kupferdeckung.
Der Neubau der Stadtbibliothek entstand an einer städtebaulich wichtigen Stelle zwischen dem erhöht liegenden, imposanten Bischöflichen Palais und dem Eingang der tiefer gelegenen, niedriger bebauten Altstadt von Rottenburg. An der Schnittstelle ganz unterschiedlicher Maßstäblichkeiten vermitteln die verschiedenen Traufhöhen des Neubaus – bedingt durch das gerade Satteldach auf der geknickten Gebäudeform – gekonnt. Der Baukörper der Stadtbibliothek wurde in Anlehnung an die geknickte Bauform des Nachbargebäudes als dessen Gegenüber entwickelt: es entsteht ein räumlicher Dialog. Der dabei definierte Zwischenraum wird als öffentlicher Weg freigegeben, ein typischer Schleichweg im mittelalterlichen Stadtgrundriss. Auch im Detail werden Themen der Umgebung aufgenommen. So orientieren sich die Oberflächen von Fassade und Dach – Putz und Kupfer – an den in der Altstadt vorhandenen Materialien. Der Glasanteil der Fassade bleibt maßvoll, geschlossene Flächen überwiegen. Dazu gehört auch der Verzicht auf spektakuläre Gesten.
Im Erdgeschoss dagegen symbolisiert eine großflächige Verglasung das Selbstverständnis der Bibliothek als offenes Haus für die Bürger und verbindet den Stadtraum mit dem Innenleben: über ein Café, das zugleich als Veranstaltungsraum und im Sommer mit Außengastronomie genutzt werden kann, sowie über den von außen einsehbaren Empfang der Bibliothek. In den Obergeschossen mit den eigentlichen Bibliotheksflächen steht die Gestaltung der umfassenden Wände im Vordergrund. Im Innern entstehen durch raumbildende Regale Bücherräume, gegliedert durch die großen Fenster mit tiefen Laibungen, die zum Sitzen und Lesen einladen. Die Leser in den Fenstern werden von außen sichtbar und transportieren so die Funktion des Hauses in den öffentlichen Raum. Im Gebäude bietet jedes der Lesefenster einen eigenen, gerahmten Blick in die Stadt, die dadurch selbst zum Bestandteil der neuen Stadtbibliothek wird.
Ausdruck massiver Materialität
Da für die Architekten kein Wärmedämmverbundsystem in Frage kam, musste der erforderliche Dämmwert über die monolithische Ziegelkonstruktion gewährleistet sein (Wärmeleitfähigkeit des Ziegels: λ = 0,10 W/[mK]). Das verputzte Mauerwerk entspricht der ortstypischen Materialität, ist jedoch in Farbigkeit und Textur durch die Ausführung als Besenstrichputz neu interpretiert. 10 mm Kalkzement-Leichtunterputz und 5 mm mineralischer Leichtarmierungsputz im flächigen Gewebe wurden direkt auf die massive Außenwand aufgebracht. In einem zweiten Schritt wurde der grau getönte Oberputz aufgetragen. Durch das Abrollen der Kornspitzen des Besenstrichs mit einem helleren Farbton erhält die Fassade eine besondere Tiefenwirkung und Lebendigkeit.
Im Inneren wurden die Außenwände mit ihren integrierten Bücherregalen und Lesefenstern in die Gestaltung miteinbezogen, was die Wahrnehmung der Wände als sehr massiv zusätzlich unterstützt.
Auszeichnungen
Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg 2020
Otto-Borst-Preis für Stadterneuerung 2020
Deutscher Ziegelpreis 2019
Objektdetails
Das Objekt im Internet
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