Stiftung Vivendra in Dielsdorf, Schweiz
8157 Dielsdorf, Spitalstrasse 12, Schweiz
Mit freundlicher Unterstützung von AGROB BUCHTAL
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Spitalstrasse 12, 8157 Dielsdorf, Schweiz
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Sanierung / Modernisierung
Fertigstellungstermin
07.2016
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Lernen - Wohnen - Arbeiten ist der Dreiklang, der die Stiftung Vivendra treffend beschreibt. Gegründet wurde die Einrichtung 1965 durch eine Elternvereinigung als „Stiftung Schulheim Dielsdorf für cerebral Gelähmte“. 1970 erfolgte die Eröffnung des Standorts Dielsdorf mit heilpädagogischer Schule, Internat, Therapien und Erwachsenenheim. 2011 wurde der Namenswechsel in „Stiftung Vivendra“ vorgenommen. Davon unberührt blieb die Zielrichtung der Institution, nämlich die Betreuung zerebral („das Großhirn betreffend“) gehandicapter Menschen jeden Alters, vom Kleinkind in der integrativ geführten Kindertages-stätte bis zur Alterswohngruppe. Heute ist die Einrichtung in vier Ortschaften im Zürcher Unterland tätig. Die Fassaden der Keimzelle der Stiftung in Dielsdorf wurden kürzlich umfassend saniert. Das Ergebnis beeindruckt durch langlebige und zukunftsträchtige Lösungen unter Wahrung der architektonischen Wurzeln.
Die Vorgeschichte
Die vier volumetrisch feinsinnig errichteten Gebäudeteile A bis D wurden wie erwähnt in der Übergangsphase von den 1960er zu den 1970er Jahren errichtet. Sie wiesen typische bauliche Merkmale der damaligen Zeit auf wie beispielsweise die Betonung der Horizontalen durch markant ausgebildete Fensterbänder oder zurückspringende Sockel sowie der Vertikalen in Form der Treppenhaus-„Scharten“ an den Stirnseiten. In den 1980 Jahren erfolgte dann eine erste eher provisorische Fassadensanierung: Als kleiner Beitrag zur Minderung energetischer Defizite wurde eine ca. 5 cm dicke (oder besser gesagt dünne) Steinwolldämmung angebracht und mit Faserzement-Platten bekleidet. Rückblickend betrachtet ist diese Lösung sowohl technisch als auch optisch eher als suboptimal einzuordnen (siehe Motiv 1).
Um den unbefriedigenden Zustand zu ändern, begannen 2013 die Planungen für eine umfassende Fassadensanierung durch das renommierte Büro L3P Architekten (Regensberg bei Zürich) unter Federführung von Dipl.-Ing. Arch. FH Mareike Beumer. Dieser fundierten Planung folgend, wurden dann von Herbst 2015 bis Sommer 2016 die Fassaden von drei (zuerst Haus C, dann B, dann A) der insgesamt vier Gebäude von Grund auf generalsaniert. Haus D folgt zu einem späteren, noch zu definierenden Zeitpunkt, da dort vorher noch umfassende Maßnahmen im Innenbereich durchgeführt und weitere Details abgeklärt werden müssen.
Der konstruktive Aufbau
Bei dieser kürzlichen Generalsanierung gab es eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen. Eine Besonderheit war, dass das Mauerwerk - eine Art Stahlskelett mit Ausfachung - statisch nicht tragend genug war. Daher mussten Verankerung bzw. Lastabtrag der neuen Gebäudehülle über die Geschossdecken erfolgen. Diese Aufgabe wurde gelöst mit Hilfe von Konsolen mit verstellbaren Haltewinkeln, um so gleichzeitig abweichende Fassadentiefen zu egalisieren. Diese Konsolen bildeten die Grundlage für eine durchdachte Fassadenkonstruktion mit energetisch optimaler Dämmung (mit der vorher vorhandene Wärme- bzw. Kältebrücken eliminiert wurden) in Richtung Wand und einem mehrschaligen Aufbau in Richtung Außenseite: Auf einer Holzlattung, die 4 cm Hinterlüftung schafft, wurde das „KNAUF AQUAPANEL Cement Board Outdoor“ (Portlandzement und Zuschlagstoffe, beidseitig armiert und kantenverstärkt) verschraubt und darauf Fliesen verklebt.
Die Gebäudehülle
Die Fliesen stammen von der bekannten Architekturkeramikmarke AGROB BUCHTAL und wurden speziell für dieses Projekt im Werk Buchtal in D-92521 Schwarzenfeld gefertigt. Architektin Mareike Beumer vom Büro L3P hatte diese Materialwahl sogar durch die Besichtigung historischer Fliesenfassaden in Hamburg abgesichert. Von den zahlreichen Vorzügen des vielseitigen Werk- und Baustoffs Keramik waren für sie be-sonders Nachhaltigkeit, Langlebigkeit, Ästhetik und Farb- bzw. Lichtechtheit relevant.
Die architektonische Wirkung
Diese Aspekte kommen in Dielsdorf gleich mehrfach zum Tragen: Das Gebäude-Ensemble ist eingebettet in eine parkähnliche Umgebung, die von Gästen und Bewohnern gerne genutzt wird für entspannende oder anregende Spaziergänge. Diese Pluralität menschlicher Charaktere und die Vielfalt der Stiftung Vivendra sollte sich auch in der Fassade widerspiegeln. Daher galt es, einen monoton-uniformen Eindruck zu vermeiden und stattdessen eine Anmutung zu finden, die - dem Handicap der Bewohner entsprechend - leise Reize erzeugt, ohne schrill zu wirken. Kurz gesagt bestand die Absicht darin, einen Sinnespark mit einem Hauch Poesie zu kreieren. Dieses anspruchsvolle Ziel unterstützt die Fassadenkeramik gleich mehrfach durch plastisch-dreidimensionale Formgebung, glänzende Glasur und subtil changierende Farbgebung: Je nach Lichteinfall und Standort vermitteln die Gebäudehüllen beim Schlendern durch den Park wechselnde Effekte, Eindrücke und sanfte Reflexionen, die die Blicke auf sich ziehen. Die erwähnte Pluralität wird auch dadurch unterstrichen, dass die beiden Formate 6 x 30 cm und 10 x 30 cm nicht streng regelmäßig, sondern in wechselnden Konstellationen angeordnet sind, so dass eine feine Rhythmik entsteht. Darüber hinaus korrespondieren die zwei Farbtöne der Fassadenkeramik mit der Umgebung und lassen die Gebäudekörper weniger voluminös und eher filigran wirken. Ein elementarer Beitrag dazu ist auch die Quer-Verlegung der Fliesen, die sogar um die Außenecken der Gebäude und Balkone schnüren, ohne durch Fremd-material wie Metallschienen oder ähnliches unterbrochen zu werden. Möglich gemacht wurde dies durch exakte Gehrungsschnitte, die wie die gesamten Fassaden-Bauleistungen von der Rolf Schlagenhauf AG (CH-8706 Meilen) ausgeführt wurden. Diese konsequente und homogene Lösung verleiht den Gebäuden eine souveräne monolithische Körperlichkeit und ist darüber hinaus eine Reminiszenz an die architektonischen Wurzeln durch die Betonung der Horizontalen.
Gleiches gilt für die markant eingefassten Fenster, die sich als prominentes Band über die Längsseiten der Gebäude ziehen Um diesen Effekt zu akzentuieren und auch hier die dritte Dimension gezielt einzusetzen, ließ man die Tiefe der Fensterlaibungen durch die nun weiter vorspringende Konstruktion bewusst auf 50 cm anwachsen. Dies hat nicht nur Vorzüge an heißen Sommertagen, sondern projiziert je nach Tageszeit und Sonnenstand weitere Licht-Schatten-Spiele auf die Fassade. Ähnlich wie bei den Außenecken des Gebäudes legte man auch hier Wert auf Sorgfalt im Detail: Spezielle Zargen mit rund 5 cm Aufkantung betonen die Fensterreihen optisch, fassen die abgeschnitten Kanten der Fliesen sauber ein und verdecken zudem auch noch die ca. 25 x 30 mm großen Lüftungsauslässe, ohne deren Funktion zu beeinträchtigen.
Zukunft und Fazit
Kompetente Planung, sorgfältige Verarbeitung und hochwertige Materialien ergeben ein Gesamtergebnis, das durch und durch überzeugt: Hinter der geradezu futuristisch anmutenden Gebäudehülle verbirgt sich eine grundsolide, intelligente Konstruktion. Dieses gelungene Zusammenspiel bietet beste Voraussetzungen für Langlebigkeit, Rentabilität und dauerhafte Ästhetik ganz im Sinne einer einfachen, aber griffigen Definition, wonach „Architektur gebaute Umwelt von Menschen für Menschen ist“.
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