Heinze ArchitekturAWARD 2019: Teilnehmer
Studentenhaus in Holzbauweise aus Raummodulen
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität München, Architektur, Catherina Wagenstaller
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Holz
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
29.571 m³
Bruttogrundfläche
3.476 m²
Nutzfläche
6.355 m²
Verkehrsfläche
884 m²
Wohnfläche
5.510 m²
Grundstücksgröße
4.030 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die Aufgabenstellung der Universität basierte darauf, dass der Wissenschaftscampus für Biomedizin Martinsried einer der größten Zentren Europas ist, in dem wissenschaftliche Grundlagenforschung, Lehre, klinische Forschung und Technologieinnovation zusammengeführt sind.
Das wachsende Interesse am Biomedizin-Sektor hat auch zu einem baulichen Bedarf geführt, der sich durch die steigende Anzahl an Forschungseinrichtungen zeigt. Um diese Bauten angemessen zu bespielen und das qualitative Zusammenleben auf dem Campus zu fördern, sollte nun eine Wohnnutzung entstehen. Daher war das Ziel der Entwurfsaufgabe, eine städtebauliche Vorstellung für ein ansprechendes Zusammenkommen zu entwickeln und eine Übersetzung in das Architektonische zu finden. Das Raumprogramm sollte Wohnungseinheiten für Studierenden und Gäste der Universität die bspw. als Stipendiaten, als auch die Gruppe der Krankenpflegeschüler, die im angrenzenden Klinikum ihre Ausbildung absolvieren, umfassen.
Studentenhaus
Dorf und Campus sind in Martinsried einander gegenübergestellt. Dazwischen befindet sich eine wertvolle Grünfläche, die städtebaulich eine verbindende sowie eine trennende Funktion besitzt. Der Entwurf übernimmt das spannungsvolle „Gegenüber und Dazwischen“ sowohl städtebaulich als auch in den Beziehungen der einzelnen Häuser zueinander. Die Verortung und Einordnung des Neubaus am dörflichen Rand von Martinsried gewährleisten städtebaulich die Erhaltung und Betonung der Freifläche zwischen den beiden Parteien, um das sondergestellte Grundstück dazwischen so für ein der Öffentlichkeit zugängiges Projekt, z.B. ein Geschehenszentrum, zu nutzen.
Soziologisch werden die jungen Menschen, durch die Anbindung am Rand, gezielt in Verbindung mit dem Ort und dem Leben dort gebracht. Dabei wird eine Auseinandersetzung mit den Mitmenschen und eine Identifikation mit Martinsried unterstützt und die Gemeinschaft gefördert. Zudem begünstigt die Positionierung die Möglichkeit, die bestehende Infrastruktur wirtschaftlich zu nutzen und neu zu beleben. Begegnung und Gemeinschaft sind als Grundmotive des Studentenhauses anzusehen, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Konzept ziehen. Die Gebäude sind einander so gegenübergestellt, dass die jeweiligen Gemeinschaftsflächen in direkter Sichtbeziehung zueinanderstehen und zwischen den Gebäuden in den Außenanlagen fortgesetzt werden. Ein gemeinschaftlicher Sockel verstärkt die Wahrnehmung der einzelnen Gebäude als Einheit und betont die Zusammengehörigkeit der Bewohner als Gruppe.
Das Raumprogramm eines Studentenhauses gliedert sich jeweils in vier Wohngruppen, die sich jeweils über zwei Stockwerke erstrecken. Basierend auf soziologischen Erkenntnissen sind diese in Kleingruppen von bis zu 12 Personen konzipiert, da so eine einheitliche Gemeinschaftsbildung gefördert wird. Vom großzügigen Gemeinschaftsraum erschließen sich die individuellen Zimmer, die den Bewohnern gleichzeitig den nötigen Raum bieten, um sich persönlich zu entfalten.
Das Projekt ist in Holzmodulbauweise konzipiert, was eine schnelle und wirtschaftliche Umsetzung durch Montage der vorgefertigten Zimmerboxen gewährleistet und erinnert zudem an die herkömmliche, ländliche Bauweise aus Holz. Das umweltfreundliche Konzept des Studentenhaus schafft einen Transfer zwischen Bedürfniserfüllung, Bedarfsabdeckung des generellen Anspruches und innovativem sowie nachhaltigen architektonischen Design.
Beschreibung der Besonderheiten
Der Entwurf ist so konzipiert, dass eine Verkettung zwischen den Häusern und eine weitere innerhalb der Gebäude auf horizontaler und vertikaler Ebene stattfindet. Durch die Anordnung der Gemeinschaftsräume wird eine Verbindung zum nächsten Gebäude hergestellt, indem Blickbezüge untereinander möglich werden. Innerhalb eines Hauses sind immer 4 WGs jeweils über 2 Geschosse ausgebildet und werden wahlweise horizontal mit der WG daneben verkettet, indem eine Durchgangsschiebetür geöffnet werden kann.
Architektur im Sozialen Kontext: Soziologiestudie (zur möglichen Vertiefung)
Vgl. Henecka, Hans Peter: Grundkurs Soziologie. 10. udg. utb., 2015
Wir und die Anderen
Ohne eine vom Menschen gestaltete und gedeutet Kultur ist menschliche Existenz nicht möglich.
Routinen und Spielregeln in der Gesellschaft geben Verhaltenssicherheit und sind eine verlässliche Orientierung, sowie eine Entlastung in der Entscheidungsfindung.
Allerdings wird Alltägliches und Gewohntes irgendwann nicht mehr wahrgenommen.
Nur wenn ein Mensch in eine unerwartete Situation gerät beginnt er umzudenken, umzulernen oder zumindest das Bekannte in Frage zu stellen und sein Verhalten und Handeln umzustrukturieren.
angewandt auf den Entwurf:
andersartige Bauweise und Erschließung
andersartiges Wohnkonzept (Studentenwohnhaus anstatt Heim)
Förderung sozialer Begegnungen in verschiedenem Maßstab als unumgängliches Element
Gruppen als Bausteine der Gesellschaft
Durch die zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation entstehen Verknüpfungszusammenhänge und bestimmte Muster (also Strukturen, Funktionen, Prozesse der verschiedenen sozialen Systeme), die ebenso eine Rückwirkung auf das Individuum haben.
Das Individuum ist durch verschiedenen Gruppen mit weiteren verknüpft und verbunden, in denen der Wirkungskreis und die gemachten Erfahrungen liegen.
Individuum --> Familie à Verwandtschaft --> Gemeinde --> … --> Weltgesellschaft
angewandt auf den Entwurf:
Individuum--> WG à Haus --> Wohnkomplex --> Martinsried --> München --> ...
Es entstehen also sozialen Netzwerke durch die Anknüpfung sozialer Beziehungen im Alltag. Gemeint sind soziale Kreise bzw. Gruppen, in dessen Rahmen das Skript der Gesellschaft im Alltag angewandt wird. Generell sind diese Gegenüberstellungen und Beziehung essentiell um das Individuum, die Gruppe und letztlich die Gesellschaft zu verstehen.
angewandt auf den Entwurf:
Wohnkonzept zur Förderung des sozialen Prozesses der Gruppenbildung innerhalb der Studenten
Städtebaulicher Vorschlag zur Verknüpfung beider örtlichen Gruppen in einem Geschehenszentrum
Soziale Aggregate und Gruppen
Soziale Aggregate sind Bezeichnungen von rein statistischen Gruppen, in denen gemeinsame Merkmale und Interessen bestehen, aber keine sozialen Kontakte, sprich wechselseitigen Beziehungen entstehen.
Typisch für große Wohnanlagen ist die Schaffung eines Wohnaggregats. Hier existieren die Bewohner nebeneinander auf dichtem physischem Raum, bleiben sich jedoch fremd.
Funktionelle Aggregate (also Zwangsaggregate) besitzen jedoch durchaus Potential sich zu einer Gruppe und Gemeinschaft zu entwickeln, wenn verschiedenen günstige Bedingungen gegeben sind.
Bedingungen einer sozialen Gruppe:
- Existenz gemeinsamer Motive, Ziele, Interessen, die zusammenführen
- „Wir“-Bewusstsein Mitglieder: wer dazu gehört und Abgrenzung nach Außen
- gemeinsames Werte- und Normsystem, das eine Identität schafft und als Orientierungsgrundlage für soziale Interaktion und Kommunikation nach außen und innerhalb
angewandt auf den Entwurf:
Schaffung der Aufhebung eines Wohnaggregats durch Raumprogramm
Schaffung der Rahmenbedingungen um aus einem zunächst gegebenen Zwangsaggregat eine Gemeinschaft erwachsen zu lassen durch Gemeinschaftsflächen, Blickbezüge, räumlich bedingte Begegnungen
Jede Gesellschaft und jede soziale Gruppe ist durch bestimmte Elemente und Kriterien (Alter, Berufsgruppen, Freizeitinteressen, etc.) definiert und verfügt über eine interne funktionale Differenz. Abhängig davon wird die Gruppe an sich gebildet.
Ab einer Größe von zwei Personen spricht man von einer Dyade, die jedoch streng genommen noch nicht als soziale Gruppe fungieren kann, da nur das aufeinander zugehen oder trennen und somit die Auflösung der Gruppe als mögliche Wege gegeben sind. Bei Wegfall einer Person in einer Dyade ist die Gruppe an sich nicht mehr existent.
Erst ab drei Personen, der Triade, kann von einer Gruppe gesprochen werden, da hier bei Wegfall einer Person immer noch ein soziales Gebilde vorhanden ist. Die 3. Person kann hier entweder eine bekräftigende, beobachtende oder vermittelnde Wirkung einnehmen.
angewandt auf den Entwurf:
Übersetzung der Gruppendynamik in räumlichen Kontext
Campus --> Wohnkomplex --> einzelne WG
Gemeinschaft --> Reduzierung auf eine Triade --> Reduzierung auf privaten Bereich
Es gibt verschiedenen Arten von Gruppen, (Primär – und Sekundär; Formelle und Informelle Gruppen; Groß- und Kleingruppen) die jeweils eine andere Dynamik entwickeln.
Im Rahmen des Projekts soll nur auf die Kleingruppen näher eingegangen werden.
Generell lässt sich eine Teilung in folgende Ebenen erkennen.
Meta (Ideen und Ideologien), Makro (Gesellschaf), Meso (Organisation), Mikro (Kleingruppen)
Kleingruppen
Eine Kleingruppe definiert sich über eine Reihe von Personen, die in einer bestimmten Zeitspanne häufig miteinander im Umgang sind und deren Anzahl so gering ist, dass jede Person in direkter Verbindung zu anderen Personen steht.
Eine Face – to – Face – Relation ist die Basis einer Kleingruppe.
Das menschliche Vermögen von Interaktion und Kommunikation ist physisch und psychisch begrenzt und ab einem gewissen Punkt überfordert.
Formel zur Gruppenbildung (Mitgliederzahl n):
Summe möglicher Zweier - Beziehungen
n*(n -1)
2
Da aber in Gruppen nicht nur wechselseitige Zweier-Beziehungen möglich sind entsteht ein sprunghafter Anstieg der Beziehungsmöglichkeiten.
Summe gruppeninterner Beziehungsmöglichkeiten (n >= 2)
(3n – 2 ^ n+1)+1
2
Kleingruppe: laut Soziologen: 7 – 15 Personen
Eine Kleingruppe lebt durch die enge Beziehung zwischen den Mitgliedern, was bedeutet, dass die persönliche Beteiligung bei zu großen Gruppen geringer ist und die Gruppe in einzelne Teile zerfällt.
Die Vermittlung eines Sicherheitsgefühls durch realisierbare soziale Kontakte muss gegeben sein und das Gefühl akzeptiert zu werden ist ebenfalls grundlegend.
angewandt auf den Entwurf:
Die einzelnen WGs der Studentenhäuser sind innerhalb der vorgegebenen Größenordnung für Kleingruppen gehalten, um eine familiärere Atmosphäre zu erzeugen und Grüppchenbildung zu vermeiden.
Ein zentraler Gemeinschaftsraum von dem aus sich alles erschließt unterstützt die Gruppenbildung.
Blickbeziehungen unterstreichen den Face – to – Face – Charakter einer Kleingruppe.
Für das Projekt existiert eine Broschüre mit sämtlichen Studien mit Grafiken und Bildern, die gerne als PDF nachgereicht werden kann
Kollaboration
(Zusammenarbeit im Team)
Digitalisierungsgrad, BIMObject-Modell, Visualisierung
Neben der Verwendung der technischen Mittel war auch eine Skizzenhafte Vorarbeit wichtig und notwendig um das Projekt in seiner Gesamtheit erfassen zu können.
Schlagworte