Architekturobjekte
Mit freundlicher Unterstützung von GROHE
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Amsterdam, Niederlande
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Umbau
Fertigstellungstermin
08.2020
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Beschreibung
Objektbeschreibung
Sie sind rund, oktogonal, rechteckig, trapezförmig. Backsteinern, in Aluminium gewandet, holzvertäfelt. Flach, hoch, breit, eng. Vor allem aber einsichtig, diese Brückenwärterhäuschen. Alle stehen sie am – einige sogar im – Wasser. Die ersten ihrer Art wurden im 16. Jahrhundert, meist als Holzgebäude, errichtet. Über die Jahrhunderte, mit Ausweitung des Stadtgebiets, kamen sukzessive neue hinzu. Ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert ersetzte man die Holzbauten durch gemauerte, betonierte, metallene Gebäude, die sich grob in sechs Stile einordnen lassen – von der Amsterdamer Schule der 20er Jahre über das neue Bauen der 50er und 60er bis hin zur Übernahme der Architekturdomäne durch Ingenieure in den 70ern und schließlich zu Entwürfen von Architekten, die nicht mehr Stadtbaumeister waren, seit den 90er Jahren. Der letzte Neubau, weit außerhalb, im Osten des Stadtentwicklungsgebiets IJburg, entstand erst 2013.
Der Brückenwärter war allzeit ein angesehener Mann. Ihm oblag die Entscheidung, in welcher Richtung der Verkehr läuft, ob zu Wasser oder zu Lande. Die Digitalisierung und Rationalisierung des neuen Jahrtausends führte zu einer Bündelung der Brückenwärteraufgaben. Nicht mehr jede Brücke wird nun vor Ort bedient, vielmehr funktioniert das System zentralisiert. Dafür können jetzt Touristen von den Kontrollhäuschen aus in der Stadt Spion spielen. Denn so viel Aussicht die Räume bieten, so wenig wird von Passanten wahrgenommen, was in ihnen vor sich geht. Trotzdem war für die Umwandlung in ein Hotel der Umgang mit den oft das gesamte Häuschen umspannenden Glasflächen kritisch.
Gerade bei Nacht suchen Reisende doch eher einen Rückzugsort mit intimer Atmosphäre. Daher spielten neben der Suche nach einer passenden Raumkonstellation auch Vorhänge und Jalousien eine wichtige Rolle. Die Brückenwärterhäuschen haben jeweils ihren ganz eigenen Charme. Die Geschichten, die sie erzählen, sind immer an den Ort und den Charakter des Bestands geknüpft. Einmal entsponnen ergänzen dann neue Elemente das Narrativ, so ist zum Beispiel die Literaturauswahl jedes SWEETS thematisch fokussiert. Die Raumgestaltung haben Space&Matter in einem Designand- build-Verfahren entwickelt. Im Rahmen von „Design- Picknicks“ hat das Büro an einem Nachmittag jeweils drei bis vier Objekte besucht und vor Ort einen Leitfaden für die Ausarbeitung entwickelt. Viele Entscheidungen wurden mehrfach verworfen, manchmal kam auf der Baustelle alles anders als gedacht. Soweit die vorgefundenen Einbauteile und Materialien noch in gutem Zustand waren, haben die Designer versucht, sie wiederzuverwenden, andere Wasserhähne und Knäufe sind neu. Das so entstandene Potpourri passt gut ins Konzept und wirkt doch nie kunterbunt. Die Materialien Terrazzo, poliertes Aluminium und gestrichenes Holz zeugen von dem Qualitätsbewusstsein der Macher. Allen SWEETS ist die Ausstattung mit Doppelbett, Kaffeeutensilien und Badezimmerbeigaben gemein.
Auch die Duschen sind alle neu aus dem Grohe Sortiment ergänzt – für den Arbeitsalltag eines Brückenwärters waren sie in vergangenen Zeiten nicht nötig. Die Armaturen sind individuell auf den Ort abgestimmt, die Wände gefliest, gespachtelt oder mit farbigen Platten verkleidet. Die Relikte der Brückenwärter sind nicht überall dieselben, denn auch schon in den Jahren zuvor hat die Technik Fortschritte gemacht und ein analoges Pult ist weitaus ansehnlicher und damit erhaltenswerter als ein toter Monitor. Hinzugekommen ist jeweils eine neue digitale Bedieneinheit: ein System, das Hotelinformation, Schlüsselkarte und Stadtführer vereint. Das Check-in funktioniert über Smartphone, die Do’s and Dont’s für Haus und Nachbarschaft erfährt man von einem Tablet.
Die soziale Komponente innerhalb des Hotels entfällt, dafür kann die Interaktion mit der Nachbarschaft an ihren Platz treten. Das Prinzip klingt ein wenig nach kommerziellem Airbnb und ist es auch. Es war wohl der Zeitgeist der ausgehenden nuller Jahre – Sharing, wenn’s knapp wird. Die SWEETS sind ein exklusives Vergnügen. Die Blicke und der Bezug zur Stadt sind außergewöhnlich. Architekt Marthijn Pool unterstreicht das anhand seines Lieblingshauses, das, 1673 errichtet, zugleich das älteste der Kollektion ist. Es steht in der Mitte der Amstel, des für Amsterdam namengebenden Flusses, über einer Schleuse. Man erreicht es nur per Boot. Hier wird wohl am deutlichsten, dass ein Aufenthalt in einem der SWEETS eine Perspektivenverschiebung auslöst. Auch wenn die Häuschen 2020 fertig sein sollen, die Architekten haben schon jetzt Ideen, wie sie weiterentwickelt werden könnten. Die Idee für ein Hotel, dessen Lobby die Nachbarschaft ist, ließe sich noch weiterspinnen. Warum nicht eine Terrasse anlegen, wo sich Nachbarn und Gäste auf einen Kaffee treffen? Oder dem meditativen japanischen Teepavillon am Noordhollandsch Kanaal einen Zen-Garten vorlagern?
Beschreibung der Besonderheiten
2010 bis heute
Anzahl Gebäude
15 eröffnet