Architekturobjekte
Heinze ArchitekturAWARD 2022: Teilnehmer
Tension And Integrity
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität der Künste Berlin, Fakultät Gestaltung / Architektur, Matthias Pabst
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Universität der Künste Berlin, Fakultät Gestaltung / Architektur, Matthias Pabst
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Island
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Entwurfskonzept
Fertigstellungstermin
07.2021
Zeichnungen und Unterlagen
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Sonstige
Anzahl der Vollgeschosse
1-geschossig
Beschreibung
Objektbeschreibung
Die artikulierte Architektur soll in ihrer Ästhetik, der Gesamtheit des Ortes gerecht werden. Diese einmalige Anmutung der auseinanderdriftenden Kontinentalplatten und die dadurch entstehende Landschaft: der Entwurf soll dieses Zusammenspiel der Kräfte abstrahieren und räumlich auf eine andere Art wahrnehmbar machen. Durch starke Elemente entsteht eine Masse, die die vorhandenen Kräfte widerspiegelt, die aber dennoch filigran und leicht anmuten kann. Gedacht als ein loses Ensemble aus zwei sich räumlich und ästhetisch ergänzenden Elementen, doch eigenständig in ihrer Gegensätzlichkeit.
Mit dem Fokus auf den Ort wird auch die wechselhafte Anmutung der isländischen Natur adaptiert. Durch die Weite der Landschaft lösen sich Formen in der Entfernung in ihre stärksten Teile auf. Doch je näher man kommt, umso mehr Facetten der Architektur nimmt man auf Grund der reduzierten Präsenz anderer Elemente wahr.
Durch die unkonventionelle Verwendung von Materialien entsteht ein ambivalenter Übergang von einer natürlichen in eine artifizielle Welt. Eine architektonische Anomalie. Klar von Menschenhand geschaffen, formt sich eine Präsenz, die die Eigenschaften der Natur adaptiert, die vorhanden Materialien nutzt und den Ort um scheinbar der Natur vorbehaltene räumliche Qualitäten erweitert.
In ihrer artifiziellen Präsenz kann die Architektur die Natur in sich selbst referenzieren und räumlich und atmosphärisch erfahrbarer machen. Der lokale Stein wird zum massiven Objekt – die Weite der Landschaft wird fragil spürbar. Die Grenzen zwischen Naturraum und Architektur fangen so an auszufransen. So kann die Architektur dem Ort gerecht werden, ihm etwas zurückgeben und doch authentisch eine eigene Ästhetik entwickeln und die Wahrnehmung auf die Landschaft zu schärfen.
Das Gästehaus nimmt sich trotz seiner ästhetischen Artikulation klar zurück, spannt einen Raum im Dialog dem Felsspalt auf und rahmt eine horizontale Blickachse in die Weite der Landschaft. Aus der Abstraktion von Grjótagjá heraus, soll eine Architektur geschaffen werden, die als Schutzraum für Besucher und Wanderer dienen kann, aber auch deren Blick auf die sie umgebende Natur fokussiert.
Das massive Dach, liegt in seiner unkonventionellen Form auf drei vor Ort gewonnen Steinen auf. Es überspannt einen frei verhandelbarer Raum, der alle notwendigen Funktionen aufnimmt. Zwei scheinbar überdimensionierte Ketten halten es am Boden. Die Kräfte der Natur werden durch die Kraft der Architektur ins Gleichgewicht gebracht. Die Steine werden plötzlich zum zentralen Bestandteil des Entwurfs, damit zum Objekt und zu einem Abbild ihrer selbst. Eine artifizielle veränderte Wahrnehmung der Natur.
Auch die Relationen im Grundriss werden durch den Kontext definiert. Im Westen spannt das Haus einen Raum mit dem gegenüberliegenden Felsspalt auf. Dieser wird unter das Dach erweitert und von den Steinen gefasst.
Nach Osten tritt man durch die Achse der Steine und es formt sich ein schützender Rücken. So wird in Kombination mit dem auskragenden Dach der Blick in die Weite der Landschaft gerahmt.
So entstehen drei überraschend facettenreiche Bereiche: Der eigentliche Aufenthaltsbereich mit der großen Tafel in der Mitte nach Westen zum Spalt hin orientiert. Die Feuerstelle mit dem zentralen Kamin mit Blick nach Südosten und der durch den eingestellten Funktionskern abgetrennte halböffentliche Bereich im Norden.
Durch die zum Raum geöffnete Küche können sich Besucher optional zum Service selbst versorgen. Auch der Kamin ist für Wanderer jederzeit zugänglich und kann so als Rückzugsort bei schlechter Witterung dienen.
Die klimatische Hülle wird durch leichte Rahmenelemente realisiert, die je nach Wetter und funktionalen Bedürfnissen in ihrem Öffnungsverhalten frei positioniert werden können. Die räumlichen Grenzen sind somit nicht durch die thermische Hülle definiert, sondern ergeben sich aus der Positionierung der Elemente im Grundriss und deren Orientierung zum Ort.
Die Konstruktion des Gästehauses besteht aus nur wenigen starken Elementen. Auf drei Steine aus einem lokalen Steinbruch liegt das auskragende Holzdach auf. Dieses ist als ein Flächentragwerk aus zwei Hälften realisiert. Der darin eingesetzte Überzug spannt über die komplette Länge des Hauses und steift als ein konstruktiver Winkel das Tragwerk aus. Zwei massive Ketten halten das Dach auf den Steinen und fixieren es am Boden.
Als klimatische Hülle dienen Schieberahmen, die mit Polycarbonatplatten ausgefacht sind. Diese sehr leichten Elemente können über Schienen frei positioniert werden. Bei Bedarf kann das Polycarbonat aus dem Rahmen gezogen und ersetzt werden. Ein optionaler Vorhang kann zum Schutz des Hauses auf den langen Seiten zusätzlich installiert werden. Diese Art des Witterungsschutzes stellt eine adäquate Möglichkeit für eine Architektur in diesem Kontext dar.
Die notwendige Energie kann über die tiefe Sonneneinstrahlung, aber vor allem über Geothermie vor Ort gewonnen werden. Die Bodenplatte aus Beton, sowie die Steine dienen hier als thermische Speichermasse. Zusätzlich kann über eine Photovoltaikanlage Strom erzeugt werden, welcher als kinetische Energie im Wassertank auf dem Dach kurzzeitig gespeichert werden kann. So ist eine autarke energetische Versorgung für das Gästehaus an diesem Ort möglich.
Eingestellt in den überspannten Raum ist ein zusätzlicher Funktionskern. Dieser besteht aus einer einfache Holzkonstruktion, welche mit Edelstahlplatten verkleidet ist. Darin sind alle notwendigen zusätzlichen Funktionen wie Lager, Sanitär sowie die außenliegende Küche, aber auch die notwendigen technischen Verbindungen integriert. Die Decke ist entkoppelt vom eigentlichen Dach und somit auch akustisch getrennt.
Während das Haus mit Boden verankert ist, strebt der Turm in seiner ganzen Form nach oben und wirkt schier schwerelos. In Anlehnung, an die auch in Island verbreiteten historischen Steintürme, markiert er den Ort und schafft so einen Orientierungspunkt für die Wanderer. Ähnlich der menschlichen Wahrnehmung der Landschaft ändert sich die Präsenz des Turms in Abhängigkeit die Entfernung des Betrachters. Von weitem ist es eher die monolithische Treppe, die ins Auge fällt, von Nahmen werden unterschiedliche Details und Bezüge wahrnehmbar und der Turm löst sich in ein filigranes Volumen auf. Ähnlich der Betrachtung der Natur skulptural und feingliedrig zugleich.
Der Sockel des Turms bildet einen gefassten Raum, der über keine klar definierte Öffnung verfügt. Der Besucher tritt bewusst durch die gespannten Ketten hindurch und befindet sich so im Inneren des Turms und am Anfang des räumlichen Kontinuums in die Höhe. Ein Weg, der die Höhenunterschiede des Kontexts physisch erfahrbar machen soll.
Über eine der beiden äußeren Treppen steigt man aus dem definierten Raum nach oben auf die erste und noch geschützte Plattform. Die Höhe entspricht der gegenüberliegenden Seite des Felsspalts. So wird Niveauunterschied der beiden Kontinentalplatten durch die absoluten Bezüge greifbar.
Von hier tritt man in die innere Treppe ein, die als gegenläufige Treppe nach oben strebt. Die nun in einem Abstand die Treppe umgebenden Ketten spannen eine Hülle um sie herum auf, der zwar Durchblicke erlaubt, aber dennoch ein Gefühl der räumlichen Fassung schafft.
Durch das Hinaustreten auf den oberen Austritt verlässt man diesen Schutzraum und setzt sich offen den Kräften der Witterung aus. Diese zweite Plattform rückt den Fokus auf die bedingungslosen Weite der isländischen Landschaft und lässt den Besucher diese auf eine bisher unerreichte eindrückliche Art erleben.
Der Weg der doppelläufigen Treppen abstrahiert so die narrativen Eigenschaften des Orts, ohne ihn zu imitieren und schafft es dennoch für den Besucher zusätzliche räumlichen Qualitäten erlebbar zu machen.
Konstruktiv ist der Turm ein geschlossenes System, das versucht, auf das Minimale reduziert seinem ästhetischen Anspruch gerecht zu werden. Die außen liegende Treppe im unteren Bereich schafft einen konstruktiven Sockel, der die obere freistehende Treppe trägt. Die aufsteigenden Treppen dienen hier als diagonale Aussteifungen. Vertikalen Eigen- und Verkehrslasten werden über die innenliegende doppelläufige Treppe als ein Volumen nach unten in den Sockel und das Fundament abgetragen.
Die Ketten sind nicht nur räumliche Hülle, sondern haben auch ihre konstruktive Notwendigkeit. Die primären horizontalen Lasten - wie Windlasten - werden über die allseits abgespannten Ketten als eine Art invertierte Stütze ausgeglichen. Als auf Zug reagierende Elemente halten sie den Turm so im losen Gleichgewicht.
Die generell doppelläufigen Treppen ermöglichen eine funktionale Trennung von Auf- und Abstieg. So ist eine sehr schmale Bauweise möglich, da es nur eine Laufrichtung pro Treppe gibt. Der ganze Turm hat auf diese Weise nur einen Durchmesser von 4,2 m, wodurch nur punktuelle Fundamente notwendig sind, was einen minimalen Eingriff in die natürlichen Gegebenheiten bedeutet.
Beschreibung der Besonderheiten
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Geothermie
Sekundärenergie
Umweltthermie (Luft / Wasser)
Objektdetails
Das Objekt im Internet