Architekturobjekt 10 von 133

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Heinze ArchitekturAWARD 2024: Teilnehmer


Transformatorische Dichte - Therme des Informationszeitalters

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart, Architektur, Lukas Fischer

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart, Architektur, Lukas Fischer

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Fertigstellungstermin

03.2024

Beschreibung

Objektbeschreibung

Therme des Informationszeitalters
Die prunkvollen Thermenanlagen des Altertums boten, anders als das Baden heutzutage praktiziert wird, eine Vielzahl von kulturellen und sozialen Stimuli zusätzlich zur eigentlichen Körperllichkeit des Wassers. Inspiriert vom gemeinschaftlichen Baden, der Körperpflege, des Sporttreibens und des Zusammentreffens, positioniert sich dieser Entwurf des Informationszeitalters im Mantel der Industrieromantik des frühen 20. Jahrhunderts. Das ehemalige Kohlekraftwerk versorgte das Areal der früheren Veritas-Werke, welche im Fokus dieses Semesters mit verschiedenen Interventionen neu interpretiert und somit rehabilitiert werden soll.

Wasser.
Die immanente Historie des Gebäudes wird durch Voids definiert, Leerräume, die keinen Nutzen finden. An den Wänden des Bestands sind Relikte früherer Arbeitsabläufe zu entdecken: Stege, Leitern, Verankerungen, die nichts mehr halten und Rohrleitungen, die kein Wasser mehr führen. Das Wasser war immer die treibende Kraft des Ortes. Wärme und Kälte und die damit verbundene Aggregatszustandsänderungen der Wasserkreisläufe, ermöglichten es, Energie zu gewinnen und das gesamte Fabrikareal zu versorgen. Die Historie des Wasser ist in Form dieser Restpartikel nach wie vor im Gebäude vorhanden. Mit diesem Entwurf finden erneut Wasserkreisläufe in das Gebäude zurück, erlebbar und zugänglich sichtbar für die Besuchenden. Die Löcher, in denen einst die Kohleöfen standen, werden mit Wasser gefüllt und auch die restlichen Strukturen des Komplexes werden, je nach Situation in seiner Vielschichtigkeit, erfahrbar gemacht.

Serverfarm x Therme

Dieser Entwurf verfolgt eine heterogene Nutzungsmischung, die sich Synergien zweier fundamental unterschiedlicher Typologien zu Nutze macht: Der Energieverbrauch von Schwimmbädern ist hoch, jedoch optional, da Körperhygiene heute zu Hause erfolgt und das „Baden“ zur Freizeitbeschäftigung degradiert wurde.
Der Energieverbrauch von Serverfarmen ist ebenfalls hoch, die Nutzung des Internets ist jedoch längst unumgänglich und erfolgt von überall. Die Datenmengen steigen weltweit exponentiell an, mit immer weitreichenderen Bedarfen an Rechenkapazitäten. Diese Rechenzentren verbrauchen einen Großteil ihrer Energie für die Kühlung der Server, meist über herkömmliche Klimaanlagen.

Umgesetzt wird die Nutzungsmischung durch Server im Untergeschoss, welche durch Wasserkreisläufe gekühlt werden. Die dabei entstehende Wärme wird von der Therme genutzt, die Anlage benötigt keine zusätzliche Kühlung und kann großen Mengen Energie sparen. Die Server verzahnen sich im Untergeschoss mit den Thermenräumen, bilden dabei eine Art Dämm- und Wärmezone und verbildlichen eine moderne Hypokaustenanlage. Die erzeugte Wärme der Server wird über lineare Wasserkreisläufe an die Umwelt abgegeben.

Umgang mit dem Bestand

Das Gebäude der ehemaligen Veritas-Werke umfasst ein komplexes Konglomerat, das mit differenzierten baulichen Strategien in eine neue kulturelle Mitte in Form eines Thermalbads umgenutzt werden sollen. Dabei gilt es, die in den alten Gemäuern erhaltene Baugeschichte der Veritas-Werke zu erhalten und die Präsenz der starken, authentischen Strukturen für etwas Neues zu nutzen. Dazu wird der Bestand in seinem Charakter nicht verändert. Jeder Gebäudeteil des Komplexes wird spezifisch entsprechend seines innewohnenden Konzeption weitergebaut. Auch in den Ansichten kann man erkennen, dass die klassizistische Fassade unverändert bestehen bleibt, ausschließlich Reparaturen an den nötigsten Stellen sollen vorgenommen werden. Die Geometrie der Baukörper wird an Stellen bereinigt und kleinere Anbauten werden entfernt, um die wahrscheinlich ursprüngliche Geometrie des Gebäudes wiederherzustellen. Die starken Eingriffe, die sich Außen ablesen lassen, sind vorrangig die neuen Dächer der Hallen, die mit ihren neuen Strukturen die veralteten Tragwerke ersetzen oder neu interpretieren.

Temperaturverläufe - Horizontale + Vertikale Wärmekreisläufe

Inspiriert durch Badeabläufe der historischen Referenzen, wie etwa der antiken Caracalla Therme in Rom, gibt es eine Haupt-Badeebene im Erdgeschoss, auf der alle primären Wasserbecken (Caldarium - heiß, Tepidarium - warm, Frigidarium - kalt) aneinandergereiht werden.
Im Gegensatz zur antiken Therme die Eindimensional auf Bodenniveau funktioniert gibt die Bestandsstruktur des Kohlekraftwerks einen zusätzlichen vertikalen Wasserkreislauf vor. Dieser Nutzt die Bestehende Struktur der ehemaligen Silos, das angrenzende mehrgeschossige Gebäude als Haupterschließung und den westlichen Schornstein.

Schotten und Richtung - Klimazonen

Die Architektur richtet sich nach den Vorgaben des Bestands. Im Untergeschoss gibt es Schotten in Nord-Süd Ausrichtung, welche durch einen zentralen Gang erschlossen werden. Diese Ebene ist durch die Nähe und Umgebenheit der Server der wärmste und gedrungenste Ort des Gebäudes. Der zentrale Gang verbindet die beiden Schornsteine miteinander und diente früher der Ableitung des Rauches aus den Kohleöfen. Die Durchwegung erfolgt direkt von Bereich zu Bereich, ohne Erschließungsflächen. Heute betritt man den Thermenkomplex über den östlichen Schornstein vom zentralen Platz des Areals.

Vom Untergeschoss gelangt man über die drehende Bewegung der Wendeltreppen in das Erdgeschoss, die Hauptbadeebene und wechselt somit die Schottenrichtung. Die Schotten orientieren sich in West-Ost Richtung und bilden verschiedene Klimabereiche. Die beiden Hallen werden dabei von drei vertikalen Schichten umklammert: Das Caldarium sowie der Schwellenraum rahmen das Tepidarium, die warme Badehalle, von dort gelangt man durch Durchbrüche des Schwellenraums, welcher als Wärmepuffer fungiert, in den Kaltbadebereich und Sportbereich (Gymnasion und Frigidarium). Dieser Bereich spannt sich zwischen Schwellenraum und Silostruktur (vertikaler Wasserkreislauf) zu einer großen Freilufthalle auf, die durch ein mobiles und vollständig rückfahrbares Dach bedeckt wird.

Werkstück - Kühlaggregat

Im Zuge des Herantastens an diesen Entwurf entwickelte sich die Prozessidee, Wasserkreisläufe sichtbar und erfahrbar zu machen. Das daraus produzierte Werkstück erfährt im Entwurf seine Verwendung als Dach der großen Halle.
Als Sinnbild der Voids im Bestand bildet das Werkstück aneinandergereihte Wannen aus, die mit Wasser gefüllt werden. Dort hinein wird eine Neue Struktur gestellt, eine Skelett, dass dem Alten eine Neue Nutzung ermöglicht. Ähnlich eines Kühlaggregats. 

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