Heinze ArchitekturAWARD 2019: Teilnehmer
turn- und Versammlungshalle Hallschlag Römerkastell Stuttgart
70376 Stuttgart, Rommelstraße 3A
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: ERNST² ARCHITEKTEN AG
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Rommelstraße 3A, 70376 Stuttgart, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Sanierung / Modernisierung
Fertigstellungstermin
07.2014
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Ziegelmauerwerk
Anzahl der Vollgeschosse
1-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
14.710 m³
Bruttogrundfläche
1.417 m²
Kosten
Gesamtkosten der Maßnahme (ohne Grundstück)
4.200.000 Euro
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Drohender Zerfall des Kulturdenkmals begründete eine Machbarkeitsstudie über nachhaltige Nutzungen. In dieser wurden konzeptionell mögliche Synergien im Bereich Bildung, Kultur und Öffentlichkeit geprüft. Aufgabe war es, den Missstand im Bereich Schul- und Vereinssport der angrenzenden Stadtteile zu beheben und mit einem aktiven lebendigen Mehrzweckraum für alle Bürger das Leben in den angrenzenden Quartieren aufzuwerten. Damit ist sie Bindeglied der „Sozialen Stadt“ und deren Netzwerke, gleichzeitig Katalysator für den neuen prosperierenden Stadtteil Hallschlag.
In Zusammenarbeit mit der Stadt wurde daraufhin ein schonendes Nutzungskonzept als Planungsgrundlage erstellt. Die hohen Anforderungen an den Denkmalschutz erforderten eine enge Zusammenarbeit der Planer mit den Behörden.
Schicht für Schicht werden historische Oberflächen gereinigt, ausgebessert und in Struktur und Material erhaltend restauriert. Die Wände des Foyers und der Nebenräume erscheinen wieder als historische Ziegelmauerwerke. Die neue Farbgebung orientiert sich an der Historie, ist zurückhaltend, Gebrauchsspuren bleiben damit betont stehen. Die Halle wird entkernt und freigelegt, der historische Stahlfachwerkträger präsentiert sich neu. Neue Fenster, die neue Dachdeckung und die raumseitige Dämmung verbessern insgesamt die energetischen Werte des Gebäudes um ein Vielfaches.
Neuwertige Funktionen wie Umkleide- und Servicebereich sowie der Geräteraum in der Halle stehen in Addition als eigenständige Baukörper containerartig in der bestehenden Struktur.
Im Außenbereich wechseln sich Spiel- und Rasenflächen ab ohne den offenen Kasernenhofcharakter zu verändern. Der historische Belag aus Kopfsteinpflaster rund um die Turn- und Versammlungshalle wird in die neue Freianlagengestaltung übernommen, eine subtile Annäherung an den neuen Raum entsteht.
Beschreibung der Besonderheiten
Von 1945 bis 1993 haben die amerikanischen Streitkräfte das Areal als Fuhrpark und Abstellfläche genutzt. Große Veränderungen im Bestand der Kaserne sind in dieser Zeit entstanden.
Unter Missachtung der Vorgeschichte dieses Ortes wurden Gebäude als Werkstätten und Garagen benutzt. An der Nordwestseite des Nebengebäudes wurden deshalb in dieser Zeit nachträglich große Tore in die Außenwände der ehemaligen Stallgebäude eingebaut. Die historische Fassade wurde damit gänzlich abgewandelt. Die ehemalige Reiterhalle wurde durch Einziehen einer Geschossdecke verändert. Fenster wurden zugemauert. In dem der Halle vorgelagerten Richtstall wurde eine zweigeschossige Heizzentrale eingerichtet. Die Gewölbe der Gründungskonstruktion der Nebengebäude der Dragonerkaserne wurden durch den nachträglichen Einbau der Heizzentrale und den nachträglichen Einbau der Montagegruben zerstört.
Sanierungsmaßnahmen:
Die Gebäudehülle der ehemaligen Reiterhalle mit angrenzendem Nebengebäude wurde denkmalgerecht modernisiert, d.h. bauphysikalisch und brandschutztechnisch ertüchtigt. Die aus bauphysikalischer Sicht zwingend notwendigen Dämmmaßnahmen der aus ca. 50 cm massiven Ziegelmauerwerk bestehenden Außenwände der Halle und der Nebengebäude wurden innen, raumseitig in 8 cm Schaumglas ausgeführt. Eine Anforderung aus dem Denkmalschutz. Das äußere Erscheinungsbild der Halle bleibt damit unangetastet. Farb- und Materialsichtigkeit in allen Oberflächen wurden in Anlehnung der vorgefundenen Befunde wieder hergestellt.
Gebäudeöffnungen: Zugemauerte Fensterbereiche wurden wieder geöffnet. Bauzeitige Holzfenster erhaltend aufgearbeitet. Neue notwendige Fensterkonstruktionen wurden in Anlehnung historischer Aufteilung entsprechend der neuen Nutzungen ersetzt.
Die Fenster der Halle sind als Kastenfenster ausgeführt, damit sie den Anforderungen des Denkmal-, Wärmeschutzes und der Ballwurfsicherheit entsprechen. Außen erscheinen sie in der historischen Sprossenaufteilung mit der filigranen Strahlkonstruktion in einfacher Verglasung mit offener Anschlussfuge zur Fensterleibung. Der Fenster-Zwischenraum wird somit belüftet. Zur Innenseite sind die Fenster in einer Stahlkonstruktion mit einer 2-Scheiben-Wärmeschutzverglasung, ballwurfsicher ausgeführt. Der Sonnenschutz, als Fiberglasgewebe mit PVC ummantelt, integriert sich in diesem Zwischenraum als Gegenzuganlage. Die Montage in den Bogenfenstern erfolgt aus architektonischen Gesichtspunkten unten auf der Fensterbrüstung.
Die Oberlichter in der Halle sind als thermisch getrennte Aluminiumkonstruktion geplant. Ausgebildet mit einer 2-Scheiben-Wärmeschutzverglasung sind sie mit geringem Höhenversatz in die Dachflächen eingebaut. Die elektrische Bedienung erleichtert die Belüftung und die Funktion als Rauchzugsablage. Denkmalpflegerisch war es wichtig, die Oberlichtbänder unterhalb des durchlaufenden Firstes anzuordnen und die großzügige Dachfläche ohne Unterbrechung zu erhalten. Deshalb wurde über der Verglasung der Oberlichter eine horizontale Lamellenabdeckung eingebaut. Diese z-förmigen Lamellen, in der Farbigkeit der anderen historischen Dachelemente gehalten, kaschieren diese neuen Glasflächen im Dach. Gleichzeitig dienen sie als Sonnenschutz.
Die Stahltore aus der Nutzungszeit der US-Armee konnten bis auf ein Tor nicht erhalten werden. Neue thermisch getrennte Paneel-Elementkonstruktionen aus Stahl ersetzen diese.
Fassade: Die Außenwandflächen der ehemaligen Kasernengebäude bestehen im unteren Bereich aus bossenartigen Sandsteinblöcken. Hier wurden behutsam nachträglich aufgebrachte Beschichtungen entfernt und eine einheitliche ursprüngliche Materialsichtigkeit des Natursteinsockels wieder hergestellt. Darüber befand sich eine grob gekörnte Putzfassade, hellgetönt. Die ursprünglich vorhandene Materialsichtigkeit der Putzfassade konnte nicht wieder hergestellt werden. Auf Empfehlung des Restaurators und in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden wurde die 50er Jahrfassung rekonstruiert, die aus einem ocker-gelblichem Anstrich besteht. Der Außenputz besteht aus einem ca. 2 cm starkem Grundputz (Körnung 2 mm, Schwarzkalk) und einem Kalk-Zementputz als Oberputz (Körnung 2 mm, mit geringem Anteil Riesel 6 mm), waagerecht als Reibeputz gerieben.
Haustechnik: Es besteht ein neuer Fernwärme-Netzanschluss an die neue Heizungs- und Lüftungszentrale. Neue Lüftungsanlagen versorgen die Halle und das Nebengebäude. Die Heizleistung erfolgt über eine Fußbodenheizung in der Halle, in den Nebenräumen über Röhrenradiatoren und Radiavektoren.
Innenraum: Gestalterisch wird die Reiterhalle mit angrenzendem Richtstall so saniert, dass der ursprüngliche Hallencharakter wieder hergestellt wird. Nach Entfernen der Zwischendecke wird das historische Stahlfachwerk sichtbar. Alle weiteren Bauteile im Dach werden erhaltend repariert.
Die Halle wird sporttechnisch neu ausgestattet. Die Geräteräume stellen sich selbständig in die Halle ein. Das Farbkonzept lehnt sich an die historischen Materialien an.
Der Richtstall, vorgelagert vor der Reiterhalle, diente zum Vorbereiten der Pferde auf die Reitübungen in der Halle. Hier wurden sie angebunden, gesattelt und gezäumt. Aufwendig wurde die Heizzentrale aus der US-amerikanischen Nutzung entfernt und der ehemalige Richtstall als Raum wieder hergestellt.
Im ehemaligen Stallgebäude, heute Nebenräume der Halle, zeigen sich die Oberflächen in ihrem ursprünglichen Baumaterial. Die freigelegten und behutsam restaurierten Eisenhalter zum Anbinden der Pferde erinnern an die Stallfunktion.
Tragende Wände in den Flur- und Aufenthaltsbereichen sind in Ziegelmauerwerk freigelegt. Lebendige Baugeschichte: in unmittelbarer Nähe zur Altenburg befanden sich seit dem Mittelalter traditionell Ziegelwerke. Die Süddeutschen Ziegelwerke Stuttgart produzierten dort noch ihre Ziegel bis ins 19.Jahrhundert hinein.
Neue Räume wie der Umkleide- und Servicebereich in den ehemaligen Stallungen wurden als eigenständige Baukörper containerartig in die vorhandene Struktur eingebaut. Damit bleibt die historische Gebäudekontur komplett erhalten. Bauphysikalisch können die neuen Raumnutzungen thermisch von der Außenhülle abgekoppelt ausgeführt werden.
Die durch verschiedene Nachnutzungen verursachten Eingriffe in die historische Bausubstanz wurden nach Wiederherstellung der Materialsichtigkeit bewusst belassen und sind Zeugen der Vergangenheit.
Im Außenbereich wird durch die Aktivierung der brachliegenden Flächen eine neue Lebensqualität für das Quartier geschaffen. Der offene Kasernenhofcharakter bleibt erhalten, Spiel- und Sportflächen wechseln sich mit Rasenflächen ab und laden zum Spielen oder Verweilen ein. Der historische Kopfsteinbelag rund um die Turn- und Versammlungshalle wurde in die neue Freianlagengestaltung integriert. Eine subtile Annäherung an den neuen Raum entsteht. Fahnenmasten an der Fassade erinnern an die Kasernenzeit und setzen weithin sichtbar ein Signal für einen Neuanfang.
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Fernwärme
Sekundärenergie
Fernwärme
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