Architekturobjekt 7 von 13

Architekturobjekte


United World College

3903 Dilijan, Getapnya Street 7, Armenien

Mit freundlicher Unterstützung von ZinCo Dach-Systeme

Rund 7000 m² Gründachfläche sorgen dafür, dass sich die Gebäude in die Umgebung des Nationalparkwaldes einfügen. Ein Bauprojekt mit vielfacher internationaler Auszeichung. - United World College

© Danil Kolodin

2014 eröffnete das UWC mit 96 Studenten, die künftige permanente Schülerzahl liegt bei 650. Das College ergänzt die Bildungslandschaft in Armenien, die traditionell einen hohen Stellenwert hat. - United World College

© Danil Kolodin

Die geschwungene Dachform lässt die mehrstöckigen Gebäude elegant wirken. - United World College

© Danil Kolodin

Der ZinCo-Systemaufbau mit Floradrain® FD 40 sogt dafür, dass sich die Grassoden der „Armenische Wiese“ gut verwurzeln und weiterwachsen. - United World College

© Danil Kolodin

Die Aufteilung in mehrere kleine Dachflächen wirkt aufgelockert. Mit jährlich neuen Pflanzensammelaktionen soll der Artenreichtum gezielt erweitert werden. - United World College

© Danil Kolodin

In Profil ist die Dachneigung mit bis zu 10° sehr gut zu erkennen. - United World College

© Danil Kolodin

Die enorme Pflanzenvielfalt der 1 m breiten Streifen Grassoden am Dachrand wird sich mit der Zeit auch auf das Innere der Dachflächen ausbreiten. - United World College

© Danil Kolodin

Optisch sind die grünen Wände sehr präsent und gewinnen besonderen Stellenwert dadurch, dass Jugendliche vor Ort in die Kultivierung einbezogen wurden. - United World College

© Danil Kolodin

Mit freundlicher Unterstützung von ZinCo Dach-Systeme

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Getapnya Street 7, 3903 Dilijan, Armenien

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Neubau

Fertigstellungstermin

09.2014

Projektbeteiligte Firmen und Personen

Architektur: Landschaftsarchitekt

Architekturbüro Glaßer & Dagenbach

Breitenbachplatz 17

14195 Berlin

Deutschland

Tel. +49 30 61280411

info@glada-berlin.de

Beschreibung

Objektbeschreibung

Philantropisch – International – Integrativ – Nachhaltig – alles Beschreibungen, die auf das neue UWC United World College in der armenischen Stadt Dilijan zutreffen. Ein Baustein des Aspektes Nachhaltigkeit heißt Dachbegrünung. Rund 7.000 Quadratmeter Gründachfläche tragen dazu bei, dass sich die Gebäudekomplexe des UWC auf dem neu erschlossenen Areal in den umliegenden Nationalparkwald einfügen.
Ähnlich der angrenzenden Hügellandschaft sind die Dächer durchweg wellenförmig geschwungen. Der Systemaufbau sorgt für wildes Grün auf den bis zu 10° geneigten Dachflächen.
 
Unter dem Begriff „Philanthropie“ versteht man menschenfreundliches Denken und Verhalten. Das armenisch-russische Ehepaar Ruben Vardanyan und Veronika Zonabend hat mit ihrer Stiftung RVVZ für philanthropische Bildungsprojekte die finanzielle Grundlage gelegt. Aus dem ursprünglich als Summercamp für Jugendliche geplanten Projekt entstand in Dilijan das 14te United World College, das heute Studenten aus rund 50 Nationen besuchen. Kein College für Kinder vermögender Eltern, sondern offen für alle – unabhängig ihrer sozialen Herkunft. Alle United World Colleges weltweit eint das Streben nach internationalem Austausch, Frieden und Toleranz. Und jedes einzelne ist geprägt von seiner Geographie und der Kultur des Landes, in dem es sich befindet.
Die Republik Armenien ist ein Binnenstaat im Kaukasus und liegt zwischen Georgien, Aserbaidschan, dem Iran und der Türkei. Das sehr ausgeprägte Gebirgsland ist flächenmäßig mit 29.800 Quadratkilometer  etwa so groß wie das Bundesland Brandenburg. Dilijan liegt nördlich des Sewan Sees auf ca. 1100 Meter Meereshöhe in einem Bergtal innerhalb des Naturschutzgebietes Dilijan National Park. Der gesamte Betrachtungs- und Entwicklungsraum des Bauprojektes erstreckt sich auf ca. 80 Hektar und drei Teilbereiche: Phase 1 umfasste das Campusgelände mit Schul- und Verwaltungsgebäuden, Cafeteria, Schwimmbad, Sporthallen, Sport- und Tennisplatz sowie  Wohnanlagen. Phase 2 sieht ein Performing Art Center mit kleinem Opernhaus vor und Phase 3 einen großen Lehrgarten mit Obst- und Gemüseanbau. All dies entstand und entsteht unter der Planung des Londoner Architekturbüros Tim Flynn sowie des Landschaftsarchitekturbüros glaßer & dagenbach GbR aus Berlin, dessen umfangreiche Auslandserfahrung dem Projekt zu Gute kommt.
 
Wunsch nach Integration
Das Miteinander von Nationen, Kulturen und Religionen leben die Jugendlichen der UWC – den passende Raum dafür schufen die Architekten mit der Absicht, die Baumassen so stark wie möglich in die vorhandene Umgebung zu integrieren. Der frühere Obstgarten im fruchtbaren Tal sollte so schnell wie möglich wieder entstehen. Daher war ein Teil der Aufgabe, die Dächer und Fassaden der Gebäude mit einem möglichst hohen Anteil lokaler Ressourcen zu begrünen und einen großen zusammenhängenden Obsthain auf dem Campusgelände zu realisieren. Sämtliche Wege wurden mit Natursteinplatten gebaut (lokal vorhandenem Tuffstein und Basaltlava). Allerdings konnten nur wenige Pflanzenarten aus heimischer Flora selbst gezogen werden – mangels Zeit und mangels gärtnerischer Fachkräfte. Lokale Rasensaatgutgewinnung und Rollrasenherstellung sind unbekannt, dafür ließen sich aber lokale Grassoden aus Weideregionen am Sevan See gewinnen, indem Rasensodenstreifen von Hand mit der Schaufel abgeschält wurden. Dank tiefer Durchwurzelung wachsen die offenen Wiesenflächen wieder zu. Diese „Armenische Wiese“ wurde auf nahzu 2 Hektar und zu Teilen auch auf den Dachflächen verwendet. Sie soll auswachsen und selten nur gemäht werden, um ihren Artenreichtum zu erhalten und zu vergrößern.
 
 
„Armenische Wiese“ auf dem Dach
Sichere Basis für die naturnahe Dachbepflanzung ist der ZinCo-Systemaufbau mit Floradrain® FD 40. Die Ausführung der Dachbegrünung oblag dem armenischen Dachspezialisten geesa LCC aus der Hauptstadt Yerevan – erfahrener Kooperationspartner des Dachbegrünungsherstellers ZinCo. Etwa vier Monate dauerten die Arbeiten auf den unterschiedlichen, teils geschwungenen Betondachflächen. Auf der Grundlage einer wurzelfesten bituminösen Dachabdichtung startete der Begrünungsaufbau jeweils mit der Schutz- und Speichermatte. Die darauf folgenden 40 Millimeter hohen Drän- und Wasserspeicherelemente schnell vollflächig aufgebracht werden, indem die etwa 1 Meter mal 2 Meter großen Platten auf Stoß verlegt und mit Verbindungsklammern fixiert wurden. Floradrain® verfügt über Wasserspeichermulden, Öffnungen zur Belüftung und Diffusion sowie über ein unterseitiges, durchgehendes Kanalsystem. Oberhalb der Dränschicht folgte dann ein Filtervlies sowie 15 bis 20 Zentimeter Substrat, passend zur gewünschte Bepfanzung mit der „Armenischen Wiese“. Für das Dachsubstrat wurde örtlicher Mutterboden mit Zeolith und Lava gemischt. Armenien ist als Land vulkanischen Ursprungs sehr reich an Lava und Bims. Beides sind mineralische Kompontenten, die sich genauso als Dachsubstrat eignen wie Zeolith, welches aus einer großen Lagerstätte in nur 80 Kilometer Entfernung bezogen werden konnte. Aufgebracht per Kran und Schütte wurde das Substrat gleichmäßig verteilt und die Bepflanzung konnte starten. Dazu wurden die lokal gewonnenen Rasensodenstreifen in einer Breite von etwa 1 Meter an den Dachrändern entlang verlegt. In den inneren Bereichen wächst Saatgut, das aus örtlichen Heuschobern von Kleinbauern ausgefegt und gesammelt wurde. Die Arten der Rasensodenstreifen sollen sich mit der Zeit in den Saatbereich aussäen.
 
Naturnahe Weiterentwicklung
Erstrebenswert ist für das UWC nicht, ganzjährig grüne Dachflächen zu haben. Grundsätzliches Ziel ist die natürliche Pflanzenentwicklung im klimatischen Verlauf, welcher übrigens mit dem im Alpenvorland vergleichbar ist. Daher werden die Dachflächen auch nur im trockenen August etwas bewässert, ansonsten reichen die örtlichen Niederschläge fürs Überleben der Pflanzen aus. Die Pflanzen verfärben sich auch einige Monate gelb, fallen also trocken.
Außerdem sollen die Studenten jedes Jahrgangs immer neue Pflanzen bei Exkursionen sammeln und ausbringen, um die Artenvielfalt zu steigern.
Insbesondere lokale Sedumarten und Saxifragen fehlen noch im Artenspektrum. Auf diese Weise bleibt der bewusste Umgang mit der Natur kein abstrakter Begriff am UWC, sondern wird im täglichen Leben erfahrbar. So konnten schon bei vielfältigen Begrünungsmaßnahmen ansässige Jugendliche und Kinder sowie Studenten eingebunden werden, zum Beispiel auch für die Grünen Wände, welche bis zu ihrer Anbringung an den Hauswänden vor Ort kultiviert wurden.
 
„Jeder bringt das ein, was er weiß und kann“ so der Landschaftsarchitekt Udo Dagenbach, der sich mit Herzblut auch in den Workshops der Summercamps und bei der Vermarktung zukünftiger Baumschulprodukte ehrenamtlich engagiert.
 
Preisgekrönt
Inzwischen gewann das mustergültige Bauprojekt gleich mehrere internationale Preise. Im Jahr 2015 den International Green Roof Leadership Award in Istanbul (Kategorie Trendsetting Architecture) sowie den International Property Award (Kategorie Public Services, Bereich UK und FIABCI prix d’excellence für den Länderbereich Rußland, Kategorie Öffentliche Gebäude). Auch 2016 wurde der International Property Award gewonnen (Kategorie social buildings) und das Projekt auf der Architecture Biennale in Moskau präsentiert.
 
Kostbare Ressource Wasser
Bereits geplant ist auch das Performing Arts Center mit Gründächern, welche dort mit Solaranlagen kombiniert werden. Eine sinnvolle Verbindung mit zahlreichen Synergieeffekten, die sich mit dem ZinCo-Systemaufbau „SolarVert“ ausführen lässt.
Zusätzlich will man bei diesem Gebäude erreichen, dass alles Oberflächen- , Dach- und Gießwasser wiederverwendet wird. Um dies auch sichtbar und nachvollziehbar zu gestalten, soll ein „Aquaponisches System“ entstehen: in einer Art Kaskade durchfließt das Wasser Pflanzzonen zur biologischen Reinigung, mineralische Zonen und ein Fischbecken zur Anreicherung und sammelt sich dann in einem unterirdischen Becken zur Wiederverwendung als Gießwasser für Dach und Wände.
 
Brücke in die Zukunft
Auch die Planungen für den Lehrgarten mit Obst- und Gemüseanbau laufen auf Hochtouren. Dieser wird über eine Brücke erreichbar auf der anderen Seite des kleinen Flusses liegen – mit Gewächshaus, Erdmischplatz und Erdbunker für die energetisch sinnvolle Lagerung von Obst und Gemüse. Auch hier sollen Anwohner und insbesondere Kinder und Jugendliche beteiligt werden. „Viele intelligente Köpfe geben ständig neue Anregungen“, lobt Udo Dagenbach und hofft, niemals fertig zu sein.
 
Das College nimmt als Leuchtturmprojekt eine prägende Rolle bei der Entwicklung und dem Aufschwung der ganzen Region ein. Und es trägt mit Sicherheit dazu bei, Brücken zu schlagen und Bande zu knüpfen zwischen Armenien und der ganzen Welt.

Karl-Heinz Braun


 

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