Architekturobjekt 96 von 167
Nominiert für die Shortlist der Jury 2019 - Nachwuchsarbeiten

Architekturobjekte

Nominiert für die Shortlist der Jury 2019 - Nachwuchsarbeiten


Venedig – ante mortem

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Braunschweig, Institut für Entwerfen und Gebäudelehre, Daniel Leseberg

Prolog – der Sockel - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

erster Akt – der Müllbunker - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

zweiter Akt – die Maschinerie - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

dritter Akt – die Mensch-Maschine - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

vierter Akt – die Forscher - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

fünfter Akt – der Garten - Venedig – ante mortem

© Daniel Leseberg

Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Technische Universität Braunschweig, Institut für Entwerfen und Gebäudelehre, Daniel Leseberg

Basisdaten zum Objekt

Lage des Objektes

Deutschland

Objektkategorie

Objektart

Art der Baumaßnahme

Entwurfskonzept

Verwendete Produkte

k.A.

k.A.

Beschreibung

Objektbeschreibung

Die Gefühle, die am meisten schmerzen, die Emotionen, die am meisten quälen, sind diejenigen, die ganz absurd sind - Verlangen nach unmöglichen Dingen, eben weil sie unmöglich sind, Sehnsucht nach dem, was nie gewesen ist, Wunsch nach dem, was gewesen sein könnte, Kummer darüber, nicht ein anderer zu sein, Unzufriedenheit mit der Existenz der Welt.
Fernando Pessoa. Das Buch der Unruhe. 

Ort und Thema
Im allgemeinen Bewusstsein ist der Untergang Venedigs schon lange fest verankert. Doch in der Tat entbehren aktuelle Zahlen keinerlei Brisanz. Jährlich verlassen circa 1.000 Venezianer ihre Stadt. So sank die Einwohnerzahl in den letzten Jahren auf unter 55.000. Dafür steigt die Zahl der Touristen ständig an. Bis zu 30 Millionen Besucher verstopfen die schmalen Gassen, produzieren Müll und geben kaum Geld aus. Neben den Menschenmengen sind die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die im Hafen in Sichtweite des Grundstücks festmachen, ein augenscheinliches Zeichen des schleichenden Untergangs. Wirkt die Umgebung dort zunächst wie ein Un-Ort und eine klare Rückseite, macht diese Tatsache klar, dass der Ort für tausende Touristen eine Vorderseite und ein gerahmtes Bild Venedigs zeigt. So bietet die Ambivalenz des Ortes eine einmalige Chance einer städtischen Subversion. Der perfekte Ort um im Sichtschatten der historischen Stadt einen Umsturz der Verhältnisse in Gang zu setzten.

Das Projekt argumentiert daher, die Müllproblematik als Filter zwischen die anlandenden Touristen und ihren erhabenen Blick auf die Stadt zu legen. Anstatt den Müll außerhalb zu entsorgen, stapelt er sich nun im Herzen der Stadt. Die Müllverbrennung wird eine polemische Antwort auf den Ort und aktuellen Zustand Venedigs. Eine megalomane Fantasie, die befreiend wirkt gegen die bisher gescheiterten harmlosen Interventionen.

Ist die Verbrennung eine fortschrittliche, städtische und unbedenkliche Technologie? Ein Monument der sauberen Energiegewinnung und Mahnmal gegen den enthemmten Konsum? Ein Triumpf menschlicher Ingenieurskunst und Fortschrittsfähigkeit? Eine Symbiose von Ökologie und Technik, gefeiert als technologische Kathedrale? Schwelgen wir in der abstrakten Freude der Zerstörungslust und des Verfalls oder stellen wir uns der unerträglichen Banalität und dem Ekel?
 

Beschreibung der Besonderheiten

Prolog – Der Sockel
Ein massiver Sockel stellt eine große Geste her. Die Müllverbrennungsanlage erhebt sich wie ein Tempel auf einem Unterbau und setzt sich deutlich von der Umgebung ab. Die Sockelzone umschließt die parkenden Autos wie ein Sarkophag und negiert damit das Erdgeschoss und die Umgebung. Von Norden aus, wird der Müll über ein Förderband bis in den Müllbunker transportiert. Aus südlicher Richtung erreichen die Forscherinnen und Forscher die Anlage. Begleitet werden sie durch theatralisch, im Winde wehende Vorhänge die eine gewisse Distanz zwischen den Akteuren und dem Publikum schaffen.

Erster Akt – Der Müllbunker
Der Raum dient zur Zwischenlagerung von Abfällen. Seine Aufgabe ist das Puffern und die gleichmäßige Durchmischung des angelieferten Mülls. Über einen Greifkran gelangt der Müll in den Aufgabeschacht der Feuerung. Gekennzeichnet wird der Übergabemoment vom Diesseits ins Jenseits durch eine kreisrunde Öffnung in der Fassade. Ein großes Bullauge, dass den vielen kleinen der Kreuzfahrtschiffe gegenübergestellt wird.

Zweiter Akt – Die Maschinerie
Das Rauchgas, das bei der Verbrennung von Restmüll entsteht, ist mit unterschiedlichsten partikel- und gasförmigen Schadstoffen angereichert. Um diese Stoffe weitestgehend zu entfernen, durchläuft das Rauchgas verschiedene Reinigungsstufen. Nun wird das Ungetüm der Müllverbrennung durch das Abwerfen seiner Fassadenhülle zum kraftstrotzenden Biest. Das Innenleben stülpt sich nach außen. Die Architektur wird zur Maschine - die Maschine wird zur Architektur. 

Dritter Akt – Die Mensch-Maschine
Der Höhepunkt der Anlage ist der Moment in dem die Maschine und die Forscher aufeinandertreffen. Ist die Maschine vielleicht ein Triumpf menschlicher Ingenierskunst und Fortschrittsfähigkeit? Kann die Maschine in ihrer Symbiose von Ökologie und Technik Venedig retten und wird als technologische Kathedrale gefeiert? Oder schwelgen die Venezianer einfach in der abstrakten Freude der Zerstörungslust und des Verfalls ihrer Stadt? Gleichwohl ragt der Schornstein am Ende des Verbrennungsprozesses wie ein Kirchturm über die Silhouette der Stadt und markiert den Ort der Subversion. 

Vierter Akt – Die Forscher
Forscher können sich auf der Ebene des „Denkens“ in ihre Elfenbeinturm ähnlichen Kapseln zurückziehen und sich in der Abgeschiedenheit und Abgegrenztheit ihrer Arbeit widmen. Ab und an werfen sie amüsiert einen Blick hinunter auf die Ebene des „Machens“, auf der sich einige Kuriositäten beobachten lassen. Hier befindet sich der Ausstellungs-/Laborraum – ein großer Produktionsbereich in dem Teile gefertigt und gefügt werden können. 

Fünfter Akt - Der Garten
Am Ende des Prozesses stellt das Gebäude einen Garten zur Verfügung der von exotischen Tieren und Pflanzenarten bevölkert wird. Ein Paradiesgarten um sich zu verlieren. Als Pendant zum Müllbunker steht dieser auch im starken Kontrast zu der industrialisierten Umgebung. Das Tempo des Gartens kann dem Tempo der Stadt entgegenwirken und einen Ort hervorbringen, der mit der Geschwindigkeit der Natur wächst und sich dem frenetischen Rhythmus der kapitalistischen Gesellschaft entgegenstellt.
 

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