Architekturobjekte
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: Eva Mittner
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Bad Schussenried, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Umbau
Fertigstellungstermin
06.2020
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Gebäudedaten
Tragwerkskonstruktion
Stahlbeton
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Wohnfläche
916 m²
Beschreibung
Objektbeschreibung
Von der Fabrikhalle zum Stadthaus
Verwandlungskunst durch Holzbauweise
Im oberschwäbischen Bad Schussenried entstand aus einer verfallenen Fabrikhalle ein attraktives Wohngebäude, dem man seinen Ursprung nun nicht mehr ansieht. Zwischen einer gewachsenen Wohnsiedlung und dem nahen Waldrand wurde neuer Wohnraum in gesunder Holzbauweise realisiert. Technisch und energetisch ist das Gebäude heute ein Vorzeigebeispiel für die Umwidmung von Bestandsbauten. Verantwortlich für die anspruchsvolle Verwandlung ist das Holzbau-Unternehmen Holzbau Walser – ebenfalls aus Bad Schussenried.
Die Fabrikhalle befand sich auf einem knapp 1.200 Quadratmeter großen Gelände in Bad Schussenried „Am Franzenhölzle“ – benannt nach dem direkt angrenzenden Waldstück. Die Lage zeichnet sich durch die Nähe zum Wald, zum Bahnhof und zur Innenstadt von Bad Schussenried aus.
Bei dem ehedem zweigeschossigen Gebäude handelte es sich um einen länger leerstehenden Industriebau aus dem Baujahr 1972. Entstanden ist nun ein attraktives dreigeschossiges Holzgebäude, das seine ursprüngliche Struktur aus Stahlbeton behalten hat. Das Bauwerk wartet nun mit 10 Wohnungen in der Größe von 64 Quadratmeter bis 125 Quadratmeter auf. Insgesamt sind 1.044 Quadratmeter Wohnnutzfläche neu geschaffen worden, wo man früher rund 700 Quadratmeter Industriefläche betrieb.
Von trist zu aussichtsreich: die Entkernung des Altbaus
Die für den Holzbau verantwortliche Firma Walser aus Bad Schussenried ist Mitglied in der seit mehr als 30 Jahren deutschlandweit aktiven ZimmerMeisterHaus®-Gruppe. Das Netzwerk von bundesweit knapp 100 Holzbau-Betrieben nutzt die ökologischen und ökonomischen Vorteile des Naturbaustoffs verstärkt im Mehrgeschosswohnbau. Ein Spezialgebiet der Experten ist zudem das energetische Modernisieren im Altbestand. Geplant wurde vom hauseigenen Architekten Jochen Frank, Master of Science (M.Sc.), der seit 2015 bei Walser Holzbau für die architektonische Planung anspruchsvoller Bauten zuständig ist.
Nachverdichtung in der Altstadt
Die Experten der ZimmerMeisterHaus-Manufaktur Walser haben viel Erfahrung in der Holzbauweise für Neubauten und zudem bei der Neustrukturierung und Umwidmung bestehender Bauten. Dennoch war die energetische Sanierung und Aufstockung der Fabrikhalle keine kleine Aufgabe. Die bestehende Halle mit einer Länge von 36 Metern und einer Breite von 11 Metern wurde schließlich binnen 8 Monaten umgebaut und vollständig fertiggestellt. Das aus dem Baujahr bestehende Tragwerk aus Betonfertigteilen erwies sich als tragfähig und konnte als Basisstruktur genutzt werden. Die Fassade aus Betonfertigteilen wurde demontiert und abgenommen.
Das Dach war entsprechend seiner damaligen Bauzeit mit Gipsdielen und Bitumen belegt – ohnehin ein Sanierungsfall. Nach Rücksprache mit dem Stadtbauamt Bad Schussenried entschlossen sich die Bauherren, eine weitere Etage in Form eines von den Giebelseiten zurückversetzten Staffelgeschosses mit großen Dachterrassen aufzusetzen.
Erweitert und ergänzt
Die bestehende Struktur des Gebäudes spiegelt sich jetzt auch in der neuen Fassadenrasterung wider, auch die Fensteröffnungen wurden vom Bestand übernommen. Lediglich bei den eingeplanten Terrassen und Balkonen mussten die Brüstungen abgebrochen werden, um bodentiefe Fenster zu ermöglichen. Alle Zugänge wurden nun für die Nordseite des Hauses geplant.
Neubau am Altbau
Zunächst entstanden in Brettsperrholzbauweise die Kellerersatzräume und zeitgleich die neu aufgemauerten Treppenhauswände. „Es war sehr gut möglich, das bestehende gemauerte Treppenhaus aus dem Bestand zu übernehmen. Wir haben es ebenfalls mit Mauerwerk ergänzt, um die Wohnungszugänge zu schaffen.“ berichtet Frank.
Parallel dazu fertigten die Experten der ZMH-Manufaktur Walser die großflächigen Holzbauelemente in der Zimmerei an. Diese vorproduzierten Holzelemente wurden aus einheimischer Fichte gebaut. Die wetterfeste Gebäudehülle für den gesamten Komplex konnte dann binnen vier Wochen auf der Baustelle montiert werden. Das bestehende Beton-Basisgerüst sorgt für hohe Stabilität und bildet die ideale Grundlage für alle hinzugebauten Bauelemente.
Den Innenbereich hat man so aufgebaut, dass die Innenwände die bestehende Betonkonstruktion zusätzlich aussteifen, um das zusätzliche Staffelgeschoss verwirklichen zu können. Die Wohnungstrennwände hat man alle als Holzständerwände vorproduziert, vor Ort eingebaut und mit der Betondecke verschraubt. In den Wohnungen wurde klassischer Trockenbau mit Metallständerwänden ausgeführt.
Die Fassade erhielt einen Vollwärmeschutz. Das außenliegende Wärmedämmverbundsystem aus ökologischer Holzfaser ermöglicht die durchgehende Dämmung ohne Wärmebrücken und nimmt zugleich die Jalousien und Rollläden auf.
Dach komplett neu aufgebaut
Das Dach wurde als Holzbalkenlage wieder gänzlich neu aufgebaut. Bevor die produzierten Bauelemente überhaupt verarbeitet werden konnten, musste zunächst das bestehende Dach entfernt werden. Stück für Stück hat man zunächst die einzelnen Gipsdielen mit jeweils 5 Meter Länge herabgehoben und 10 Meter lange Stahlbetonbinder im Anschluss entfernt.
Durch den zusätzlichen 120 Quadratmeter großen Anbau an der östlichen Grundstücksgrenze wurden die großzügigen Kellerersatzräume und ein Technikraum geschaffen.
Das Gebäude wurde ganz bewusst in klaren Strukturen gestaltet. Die Wohnungen sind unter Maximierung der Wohnflächen, durch verschiedene Wohnungsgrößen mit gut nutzbaren Grundrissen und großem Balkon an jeder Wohnung gestaltet.
Elemente vorproduziert und vormontiert
In diesem Fall hat man geringe Aufbauzeiten am Gebäude nur deshalb erreicht, weil der Hauptteil der anspruchsvollen Zusammenbauten bereits in der Produktionshalle geschehen war. Dies benötigte eine präzise Planung, exakte Vorproduktion und schließlich eine geraume Anzahl bestens ausgebildeter Holzfachexperten, die ein Stockwerk präzise, qualitätsbewusst, schnell und sicher aufbauen können. Bei diesem Bauvorhaben hat man längere Produktionszeiten in der Halle bewusst geplant, um die Bauzeiten vor Ort auf ein Minimum zu begrenzen.
Energetisch präzise durchdacht
Das Energiekonzept entspricht dem energieeffizienten KfW55-Haus. „Wir konnten das Gelände und schließlich das Gebäude so aufwerten, dass es mit geringem Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung auskommt.“ berichtet Zimmermeister und Firmenchef Rainer Walser. Das gelingt im Wesentlichen durch eine Holzpellets-Zentralheizung, die man im Kellerersatzanbau errichtet hat. Die Warmwasserverteilung erfolgt durch ein Zirkulationssystem. Die Verteilung der Wärme im Haus erfolgt über die Flächen der Fußbodenheizung. Der nahezu klimaneutrale Werkstoff Holz sorgt von sich aus bereits für gute Umweltwerte und gewährleistet nachhaltige, kostenfreundliche und langlebige mehrgeschossige Gebäude.
Durch die vorherige Fabriknutzung war zudem eine groß dimensionierte elektrische Anschlussleistung bereits vorhanden, dadurch konnten alle Stellplätze unkompliziert mit Anschlüssen für E-Autos realisiert werden.
Beschreibung der Besonderheiten
Ergänzt hat man das System durch eine komfortable wohnungszentrale Lüftungsanlage mit energieeinsparender Wärmerückgewinnung im Erdgeschoss und im Obergeschoss. Beim neu hinzugesetzten Dachgeschoss arbeitet man mit Einzellüftern und ebenfalls Wärmerückgewinnung.
Die zentrale, mechanische Lüftungsanlage stellt rund um die Uhr den bauphysikalisch benötigten Luftwechsel sicher. Durch die effiziente Wärmerückgewinnung sparen die heutigen Eigentümer Energiekosten.
„Die Kombination dieser Maßnahmen bietet das beste Kosten‐Nutzen‐Verhältnis bei einer Bestandsumwidmung dieser Art.“ so Rainer Walser.
Wohnflächen:
Penthouse 2 x 125 m²
EG/OG 2 x 91 m², 2 x 79 m², 2 x 64 m², 2 x 99 m²
U-Werte:
Außenwand Holzständer mit Holzfaserdämmung (Aufstockung und EG/OG Holzwände): 0,15 W/m²K
Außenwand Massiv 0,143 W/m²K
U-Wert Dach mit Wärmedämmung: 0,159 W/m²K
U-Wert Flachdach: 0,124 W/m²K
U-Wert Boden: 0,187 W/m²K
Lüftung:
EG/OG: Wohnungszentrale Lüftungsanlage mit Kreuzgegenstromwärmetauscher und Bypass
DG: Einzel-Pendellüfter mit Wärmerückgewinnung über Keramikwärmespeicher
Heizungs- und Kühlsystem:
Holzpelletheizung für Heizung und Warmwasser, Verteilung mittels Fußbodenheizung, Zirkulationsleitung für Warmwasserhygiene
Daten gemäß Energieausweis:
Kennwerte: Beheizte Fläche: 845 m², Heizwärmebedarf (berechnet nach EnEV): 26 kWh/m²a, Endenergiebedarf 50,9 kWh/m²a, Primärenergiebedarf 20,7 kWh/m²a
Fenster:
Kunststofffenster, 3fach-Wärmeschutzverglasung mit Argonfüllung, Ug = 0,50 W/m²K, g-Wert = 53 %t
Energetische Kennwerte
Energiestandard
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Holz
Energetische Kennwerte
Primärenergiebedarf ("Gesamtenergieeffizienz")
20,70 kWh/(m²a)
Heizenergieverbrauchswert
26,00 kWh/(m²a)
Objektdetails
Gebäudespezifische Merkmale
Anzahl Wohneinheiten
10
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