Nominiert für die Shortlist der Jury 2024
wohnen im ehemaligen mannschaftsgebäude // infanterieschule wünsdorf
15806 Wünsdorf-Zossen, Bertha Von Suttner Str. 1
Diese Objektpräsentation wurde angelegt von: cubus plan gmbH
Basisdaten zum Objekt
Lage des Objektes
Bertha Von Suttner Str. 1, 15806 Wünsdorf-Zossen, Deutschland
Objektkategorie
Objektart
Art der Baumaßnahme
Umbau
Fertigstellungstermin
12.2023
Zeichnungen und Unterlagen
Projektbeteiligte Firmen und Personen
Verwendete Produkte
Gebäudedaten
Bauweise
Mauerwerksbau
Tragwerkskonstruktion
Ziegelmauerwerk
Anzahl der Vollgeschosse
3- bis 5-geschossig
Raummaße und Flächen
Bruttorauminhalt
26.796 m³
Bruttogrundfläche
6.101 m²
Nutzfläche
3.663 m²
Verkehrsfläche
1.327 m²
Wohnfläche
3.285 m²
Grundstücksgröße
15.700 m²
Lage und Umgebung
Beschreibung
Objektbeschreibung
Wünsdorf-Zossen ist geprägt von militärischer Geschichte. Ganze Landstriche sind durch die Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert charakterisiert. 1911 begann die Errichtung der einstigen Infanterieschule. Die Reichswehr war hier angesiedelt, später die Nationalsozialisten, danach die sowjetischen Truppen. Seit 1994 stand die ehemalige Infanterieschule leer.
Jahrelang hat das Grundstück der ehemaligen Infanterieschule Wünsdorf-Zossen im Dornröschenschlaf gelegen. Einzelne Gebäude sind stark verfallen und die Natur hat sich viele Bereiche des Geländes zurückerobert. Dank einer umfangreichen Umnutzungsplanung erfährt dieses außergewöhnliche Denkmalensemble eine Wiederbelebung als neues INFA Quartier. Das Wohnquartier wird ca. 225 Wohnungen und diverse Gebäude und Gebäudeflächen für gewerbliche Nutzungen mit kulturellem und sozialem Zweck umfassen. Kurze Wege und vielfältige Nutzungen sollen das Quartier prägen, so z.B. eine städtische Kita, ein Café und Werkstätten.
Im INFA Quartier steht der Erhalt der Geschichte neben der Förderung des Wandels und der Entwicklung einer gemeinschaftlich geprägten Identität. Die Belebung des einst verlassenen Gebietes schafft dringend benötigten Wohn- und Lebensraum in Mischnutzung, mitten im Grünen. Das erste Gebäude wurde Ende 2023 fertiggestellt, weitere folgen im Jahr 2024.
// mannschaftsgebäude wird wohngebäude
Ein besonderer Meilenstein ist geschafft: Das erste Wohngebäude (ehemaliges Mannschaftsgebäude I) ist denkmalgerecht umgebaut und saniert worden. Dieses Gebäude beeindruckt mit besonderen Gestaltungselementen wie Risaliten, Dreiecks- und Segmentbogengiebel oder Kreuzstockfenstern. Es ist eines von zwei ehemaligen Mannschaftsgebäuden, welche die höchsten Baukörper des Quartiers darstellen. Der viergeschossige, symmetrisch aufgebaute Putzbau mit Mansarddächern beherbergt seit 2024 die ersten Mieter:innen. 36 Wohneinheiten, verteilt auf 4 Geschossen sind entstanden.
In diesem neuen Wohngebäude gibt es sechs Zweizimmerwohnungen von 45–80 qm, 18 Dreizimmerwohnungen von 72-120 qm und 12 Vierzimmerwohnungen von 100–120 qm. Insgesamt 12 Wohnungen sind barrierefrei erschließbar, dafür wurde u.a. ein Fahrstuhl integriert.
Balkone, Dachterrassen und Zugänge zum Garten ermöglichen den Bewohner:innen einen direkten Bezug zum Außenraum und zusätzlichen Wohnkomfort. Die Wärmeversorgung im gesamten Gebäude wird regenativ über eine Hackschnitzelanlage gesichert, die im neuen Heizhaus auf dem Gelände steht.
// ein denkmal umplanen
Mit der Entscheidung, das Gebäude und das umgebende Ensemble zu erhalten und umzuplanen, wird das geschichtliche und kulturelle Erbe dieses Ortes gesichert. Auch die bestehende Infrastruktur – dazu gehören Gebäude, Alleen, Wege – wird denkmalgerecht saniert. Der Bestand wird wieder genutzt und reduziert den Ressourcenverbrauch und die Neuversiegelung von Flächen im Vergleich zu Neubauten erheblich.
Die Herausforderung der Umplanung von einem Mannschaftsgebäude zu einem Wohngebäude bestand darin, möglichst viel Wohnfläche entstehen zu lassen und dabei verschieden große Wohnungen und unterschiedliche Wohnungstypen für diverse Lebenskonzepte anzubieten. Gleichzeitig sollte das Denkmal behutsam behandelt und möglichst wenig vom Bestand abgebrochen werden.
// behutsamer umgang mit dem denkmal
Für den behutsamen Erhalt des Denkmals gibt es zahlreiche Beispiele: Die historischen Farbtöne der Wände, Türen und Treppen wurden gemäß einem restauratorischen Gutachten im Außen und Innen des Gebäudes wieder eingesetzt. Die ursprüngliche Struktur und Farbe des Außenputzes wurde mittels einer speziellen Technik im Putzbewurf denkmalgerecht mit einer 1,5 cm Körnung und geringem Zementanteil wieder hergestellt. Die Wiederherstellung der Ornamente und Profilierungen wurden mittels sorgfältiger Schablonen gesichert.
In den Wohnungen wurde Holzparkett verlegt und in den Fluren wurden bauzeitliche Bodenfliesen erhalten. Der Terrazzoboden des Treppenhauses wurde aufgearbeitet oder wo nötig erneuert und um Stufenprofile ergänzt. Die bauzeitlichen Fenster wurden nach historischem Vorbild neu angefertigt oder wo möglich erhalten und aufgearbeitet.
Im Mansardgeschoss wurde mit Innen- und Außendämmung gearbeitet, um die Dachkubatur möglichst wenig zu verändern. Das Dach ist durch naturrote Biberschwanzziegel gedeckt. An der Rückfassade, der Ostseite des Gebäudes, wurden Balkone vorgehängt, u.a. damit ein möglichst geringer Eingriff in die Fassadenansicht erfolgt.
Beschreibung der Besonderheiten
Durch die Umplanung sind 36 Wohneinheiten auf vier Geschossen mit neun unterschiedlichen Wohntypen und -größen entstanden. Jedes Geschoss bietet verschiedene Wohnungstypen inklusive drei barrierefreier Wohnungen, die über einen Fahrstuhl zugänglich sind. Im gesamten Gebäude sind neun unterschiedliche Wohnungstypen entstanden. Die meisten Wohnungen haben über Balkone, Dachterassen, Loggien oder eigene Terassen direkten Zugang zum Außenraum. So wurden z.B. filigrane Balkone ausschließlich an der Rückfassade vorgehängt, womit ein möglichst geringer Eingriff in die Hauptansicht erfolgt.
Es ist außerdem gelungen, die Wohnungen funktional zu planen: Jede Wohnung besitzt einen Eingangsbereich in angemessener Größe, von dem aus der weitere Wohnbereich gegliedert ist. Die Wohn- und Aufenthaltsbereiche sind von Osten und Westen hell belichtet und belüftet. Die einst langen und breiten Flure mit ihren historischen Bögen wurden in die Wohnungen integriert.
Auch in den neuen Hausfluren sind denkmalwertvolle Elemente wie Bögen sichtbar gelassen und betont. Die diversen Flure sind großzügig und als dezentrale Einheiten gegliedert. Insgesamt gibt es zwei Haupttreppenhäuser, einen zentral gelegenen Fahrstuhl und zwei Nebentreppenhäuser sowie vier Zugänge zum Gebäude, das im Übrigen komplett unterkellert ist. Im Kellergeschoss haben alle Mieter:innen einen eigenen Keller sowie Abstellräume für Fahrräder und Kinderwagen.
Im Außenbereich gibt es diverse Fahrradabstellmöglichkeiten, auch der Pkw-Parkplatz ist in unmittelbarer Nähe. In Abstimmung mit der Umweltbehörde wurden als Ausgleichsmaßnahme 22 Bäume auf dem Gelände gepflanzt. Somit wurden auch die historischen Alleen lückenlos wiederhergestellt. Für den Artenschutz sind 22 Nistkästen für Vögel und Fledermäuse an der Fassade des Wohngebäudes integriert. Ökologische Schutzmaßnahmen wurden von einem externen Unternehmen begleitet und wirkungsvoll umgesetzt.
Nachhaltigkeit
Richtungsweisend für die Planung und Ausführung war es, den Bestand und die Bauteile bestmöglich zu erhalten (Umbau statt Neubau). Beispiele:
- Erhalt der tragenden Bauteile im Bestand,
- Erhalt und in geringem Umfang Ertüchtigung des Dachstuhls,
- Erhalt und Aufarbeitung der Bodenbeläge in den öffentlich zugänglichen Räumen,
- Erhalt und Ergänzung der Klinker und Klinkersockel,
- Erhalt und Aufarbeitung der Fensterbankelemente aus Keramik,
- Sanierung der Bestandsfenster in unbeheizten Treppenhäusern,
- Alte Holzdielen wurden verschenkt und in den Materialkreislauf zurückgegeben.
- Mauerwerksteine aus Abbruch der inneren Wände wurden gesäubert und an anderer Stelle wieder eingemauert.
Die Materialauswahl war aufgrund des Denkmalschutzes und der einst verwendeten Materialien begrenzt. Wo es möglich war, wurden Energie und Ressourcen geschont. Beispiele:
- Vorgehängte Balkone anstelle von gestützten Balkonen, im Sinne des sensiblen Eingriffs und zur Ressourceneinsparung,
- Verwendung eines historischen Fassaden-Oberputzes mit geringem Zementanteil,
- Verwendung hochwertiger Produkte für Langlebigkeit, wie Biberschwanzziegel,
- Verwendung von Holzparkett aus rustikalem Eichenholz und mit einer hohen Strapazierfähigkeit. Die dünne Nutzschicht von 2,7 mm schont Ressourcen und sorgt für eine effiziente Erwärmung der Räumlichkeiten,
- Verwendung eines Trockenestrichsystems, das zementarm und materialsparend ist.
- Bauleistungen wurden möglichst an lokale Firmen vergeben. Das Dach zum Beispiel wurde von einem Dachdecker aus der Region eingedeckt, welcher der Enkelsohn des einstigen Dachdeckers aus dem Jahr 1910 ist.
Energie
- Erneuerung der Fenster in den Wohnbereichen (Holz-Isolier-Fenster nach Denkmalschutzvorgaben - 2-fach Isolierverglasung 4/16/4 LE (Ug=1,1))
- Dämmung der Gebäudehülle in Form einer Innen- und Außendämmung der Mansarde,
- Dämmung der obersten und untersten Geschossdecke,
- Die unterste Geschossdecke (Kellerdeckendämmung) wurde mit einem speziellen 8cm dicken Dämmputz versehen, der zugleich als Brandschutz, Wärmedämmung und Schallschutz fungiert. Die Verwendung dieses zementarmen Materials ermöglichte eine deutliche Einsparung von Baumaterial und Arbeitsaufwand. Kältebrücken sind ausgeschlossen.
- Auf die Dämmung weiterer Teile des Gebäudes mit mehr als 50 cm Wanddicke wurde nach sorgfältiger Abwägung unterschiedlicher Aspekte verzichtet.
- Als weitere Maßnahme wurde die Wärmeversorgung des Gebäudes mit erneuerbarer Energie in den Fokus genommen.
Errichtung eines eigenen Gebäudenetzes (Nahwärmenetz) zur Wärmeverteilung auf Basis von Holzhackschnitzel (erneuerbare Energie):
- Das Gebäudenetz ist ausgelegt, um 19 Gebäude des Quartiers mit Nahwärme und Warmwasser zu versorgen,
- Die Erzeugung von Wärme erfolgt im sanierten Heizhaus (ehemal. Reithalle). Die Wärme wird in 4 x 15000 L Pufferspeichern gespeichert und über ein verzweigtes Rohrleitungssystem - das Nahwärmenetz - unterirdisch transportiert,
- Jedes Gebäude erhält eine Übergabestation sowie Wärmetauscher. Über Steigestränge erfolgt die Wärmeverteilung zu den einzelnen Wohnungen, in denen sich jeweils eine Wohnungsstation befindet. Von dieser aus erfolgt die Wärmeversorgung über eine effiziente Fußbodenheizung,
- Das abgekühlte Wasser fließt über den Rücklauf zurück zur Heizzentrale,
- Durch die neu geschaffene Wärmenetzinfrastruktur entfallen kleinteilige Einzellösungen bei den jeweiligen Gebäuden.
Schlagworte
Energetische Kennwerte
Energetische Kennwerte
Primärenergie
Holz
Objektdetails
Gebäudespezifische Merkmale
Anzahl Wohneinheiten
36
Anzahl Stellplätze
46
Das Objekt im Internet
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